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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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§. 821.

Vierte Regel: Derselbe Kindestheil, welcher in der
Beckenhöhle die Richtung des geraden Durchmessers ange-
nommen hat, wird im Beckenausgange und während des
Durchschneidens in derselben Richtung verbleiben; indem die
Verhältnisse der untern Beckenöffnung bei zurück gebogenem
Steisknochen den Verhältnissen der Beckenhöhle gleichen, und
die Längenspalte der rima genitalium diese Richtung fordert.

Fünfte Regel: Jeder vorausgehende Kindestheil, und
die Längenachse des Kindes überhaupt, muß, außer der er-
wähnten seitlichen Drehung, der Führungslinie des Beckens
folgen, und sonach den Abschnitt eines perpendikulär gestellten
Kreises beschreiben.

Sechste Regel: Je mehr der Kopf mit dem Kinn
auf die Brust gedrückt ist, je mehr die Schenkel an den
Leib herauf, und die Arme gegen die Brust gelegt sind, je-
mehr endlich der Rücken des Kindes gegen den Schambogen
gekehrt ist (wovon nur die Gesichtsgeburten, bei welchen es
besser ist, wenn der Rücken des Kindes nach hinten liegt, eine
Ausnahme machen), und der Nabelstrang folglich nach hinten,
ohne umschlungen zu seyn, liegt, um so glücklicher wird der Ge-
burtsverlauf von Statten gehen.



I. Klasse: Kopfgeburten.
1. Ordnung: Hinterhauptsgeburt (Partus
occipite praevio.
)
§. 822.

Die Geburten in dieser Lage sind bei weitem die häu-
figsten (unter 100 Fällen finden sich stets gegen 96 bis
98 in dieser Lage verlaufend), sie sind aber auch zugleich die
günstigsten, da hierbei, der sechsten Regel gemäß, das Kinn
mehr auf die Brust gedrückt sind, und die kleinsten Durchmesser
des Kindeskopfs, nämlich Quer- und senkrechter Durchmesser in
die Räume des kleinen Beckens fallen. Da nun aber diese

§. 821.

Vierte Regel: Derſelbe Kindestheil, welcher in der
Beckenhoͤhle die Richtung des geraden Durchmeſſers ange-
nommen hat, wird im Beckenausgange und waͤhrend des
Durchſchneidens in derſelben Richtung verbleiben; indem die
Verhaͤltniſſe der untern Beckenoͤffnung bei zuruͤck gebogenem
Steisknochen den Verhaͤltniſſen der Beckenhoͤhle gleichen, und
die Laͤngenſpalte der rima genitalium dieſe Richtung fordert.

Fuͤnfte Regel: Jeder vorausgehende Kindestheil, und
die Laͤngenachſe des Kindes uͤberhaupt, muß, außer der er-
waͤhnten ſeitlichen Drehung, der Fuͤhrungslinie des Beckens
folgen, und ſonach den Abſchnitt eines perpendikulaͤr geſtellten
Kreiſes beſchreiben.

Sechste Regel: Je mehr der Kopf mit dem Kinn
auf die Bruſt gedruͤckt iſt, je mehr die Schenkel an den
Leib herauf, und die Arme gegen die Bruſt gelegt ſind, je-
mehr endlich der Ruͤcken des Kindes gegen den Schambogen
gekehrt iſt (wovon nur die Geſichtsgeburten, bei welchen es
beſſer iſt, wenn der Ruͤcken des Kindes nach hinten liegt, eine
Ausnahme machen), und der Nabelſtrang folglich nach hinten,
ohne umſchlungen zu ſeyn, liegt, um ſo gluͤcklicher wird der Ge-
burtsverlauf von Statten gehen.



I. Klaſſe: Kopfgeburten.
1. Ordnung: Hinterhauptsgeburt (Partus
occipite praevio.
)
§. 822.

Die Geburten in dieſer Lage ſind bei weitem die haͤu-
figſten (unter 100 Faͤllen finden ſich ſtets gegen 96 bis
98 in dieſer Lage verlaufend), ſie ſind aber auch zugleich die
guͤnſtigſten, da hierbei, der ſechsten Regel gemaͤß, das Kinn
mehr auf die Bruſt gedruͤckt ſind, und die kleinſten Durchmeſſer
des Kindeskopfs, naͤmlich Quer- und ſenkrechter Durchmeſſer in
die Raͤume des kleinen Beckens fallen. Da nun aber dieſe

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[108/0132] §. 821. Vierte Regel: Derſelbe Kindestheil, welcher in der Beckenhoͤhle die Richtung des geraden Durchmeſſers ange- nommen hat, wird im Beckenausgange und waͤhrend des Durchſchneidens in derſelben Richtung verbleiben; indem die Verhaͤltniſſe der untern Beckenoͤffnung bei zuruͤck gebogenem Steisknochen den Verhaͤltniſſen der Beckenhoͤhle gleichen, und die Laͤngenſpalte der rima genitalium dieſe Richtung fordert. Fuͤnfte Regel: Jeder vorausgehende Kindestheil, und die Laͤngenachſe des Kindes uͤberhaupt, muß, außer der er- waͤhnten ſeitlichen Drehung, der Fuͤhrungslinie des Beckens folgen, und ſonach den Abſchnitt eines perpendikulaͤr geſtellten Kreiſes beſchreiben. Sechste Regel: Je mehr der Kopf mit dem Kinn auf die Bruſt gedruͤckt iſt, je mehr die Schenkel an den Leib herauf, und die Arme gegen die Bruſt gelegt ſind, je- mehr endlich der Ruͤcken des Kindes gegen den Schambogen gekehrt iſt (wovon nur die Geſichtsgeburten, bei welchen es beſſer iſt, wenn der Ruͤcken des Kindes nach hinten liegt, eine Ausnahme machen), und der Nabelſtrang folglich nach hinten, ohne umſchlungen zu ſeyn, liegt, um ſo gluͤcklicher wird der Ge- burtsverlauf von Statten gehen. I. Klaſſe: Kopfgeburten. 1. Ordnung: Hinterhauptsgeburt (Partus occipite praevio.) §. 822. Die Geburten in dieſer Lage ſind bei weitem die haͤu- figſten (unter 100 Faͤllen finden ſich ſtets gegen 96 bis 98 in dieſer Lage verlaufend), ſie ſind aber auch zugleich die guͤnſtigſten, da hierbei, der ſechsten Regel gemaͤß, das Kinn mehr auf die Bruſt gedruͤckt ſind, und die kleinſten Durchmeſſer des Kindeskopfs, naͤmlich Quer- und ſenkrechter Durchmeſſer in die Raͤume des kleinen Beckens fallen. Da nun aber dieſe

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/132>, abgerufen am 24.11.2024.