Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Zuthun der Kunst vollendet werden könnte) nicht möglich seyn
würde. Man findet deshalb, daß die Natur andere Hülfs-
mittel ergreift, um in Fällen ganz regelmäßigen Beckenbaues
und kräftiger Wehen (ohne welches doch diese Geburten
fast immer zur Beendigung der Kunst anheim fallen) die
Entbindung selbst zu Ende zu führen.

§. 833.

Diese Hülfsmittel sind doppelt: erstens nämlich, es wan-
delt sich eine solche Lage auf dieselbe Weise, wie wir bei
dritter und vierter Hinterhauptslage beschrieben haben, in die
erste und zweite um, indem bei der dritten Lage das Kinn
von links und hinten sich gegen die linke Scham- und
Darmbeinverbindung nach vorn dreht, oder bei vierter Lage
das Kinn von rechts und hinten sich gegen die rechte Darm-
und Schambeinverbindung bewegt, in beiden Fällen also die
Geburt mit Entwicklung des Kinnes unter dem Schambogen
sich endigt (welche Lagenänderung ich in einigen Fällen sehr
vollkommen von Statten gehen sah). Zweitens aber bemerkt
man auch, daß diese Gesichtslagen dadurch umgeändert wer-
den, daß das Kinn in der Aushöhlung des Kreuzbeins sich
mehr gegen den Vorberg heraufzieht. sich folglich mehr der
Brust nähert, und dadurch bewirkt, daß zunächst mehr die
Scheitelfläche herab sinkt, so also nach und nach dritte Ge-
sichtslage in zweite Scheitellage, oder vierte Gesichtslage
in erste Scheitellage übergeht, welche Scheitellagen dann,
wie oben beschrieben worden, verlaufen, und beim Eintritt
in die untere Beckenöffnung gewöhnlich die Hinterhauptslage
annehmen. -- Diese Umänderungen sind indeß immer mit
einigen Schwierigkeiten verbunden, und nur gar zu leicht
bleibt die Stirn am Schambogen fest stehen, bewirkt eine
Schiefstellung des ganzen Kopfs, und hindert das Geburts-
geschäft in hohem Grade. Ueberhaupt kommen diese beiden
letzterwähnten Gesichtslagen äußerst selten vor.


Zuthun der Kunſt vollendet werden koͤnnte) nicht moͤglich ſeyn
wuͤrde. Man findet deshalb, daß die Natur andere Huͤlfs-
mittel ergreift, um in Faͤllen ganz regelmaͤßigen Beckenbaues
und kraͤftiger Wehen (ohne welches doch dieſe Geburten
faſt immer zur Beendigung der Kunſt anheim fallen) die
Entbindung ſelbſt zu Ende zu fuͤhren.

§. 833.

Dieſe Huͤlfsmittel ſind doppelt: erſtens naͤmlich, es wan-
delt ſich eine ſolche Lage auf dieſelbe Weiſe, wie wir bei
dritter und vierter Hinterhauptslage beſchrieben haben, in die
erſte und zweite um, indem bei der dritten Lage das Kinn
von links und hinten ſich gegen die linke Scham- und
Darmbeinverbindung nach vorn dreht, oder bei vierter Lage
das Kinn von rechts und hinten ſich gegen die rechte Darm-
und Schambeinverbindung bewegt, in beiden Faͤllen alſo die
Geburt mit Entwicklung des Kinnes unter dem Schambogen
ſich endigt (welche Lagenaͤnderung ich in einigen Faͤllen ſehr
vollkommen von Statten gehen ſah). Zweitens aber bemerkt
man auch, daß dieſe Geſichtslagen dadurch umgeaͤndert wer-
den, daß das Kinn in der Aushoͤhlung des Kreuzbeins ſich
mehr gegen den Vorberg heraufzieht. ſich folglich mehr der
Bruſt naͤhert, und dadurch bewirkt, daß zunaͤchſt mehr die
Scheitelflaͤche herab ſinkt, ſo alſo nach und nach dritte Ge-
ſichtslage in zweite Scheitellage, oder vierte Geſichtslage
in erſte Scheitellage uͤbergeht, welche Scheitellagen dann,
wie oben beſchrieben worden, verlaufen, und beim Eintritt
in die untere Beckenoͤffnung gewoͤhnlich die Hinterhauptslage
annehmen. — Dieſe Umaͤnderungen ſind indeß immer mit
einigen Schwierigkeiten verbunden, und nur gar zu leicht
bleibt die Stirn am Schambogen feſt ſtehen, bewirkt eine
Schiefſtellung des ganzen Kopfs, und hindert das Geburts-
geſchaͤft in hohem Grade. Ueberhaupt kommen dieſe beiden
letzterwaͤhnten Geſichtslagen aͤußerſt ſelten vor.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0141" n="117"/>
Zuthun der Kun&#x017F;t vollendet werden ko&#x0364;nnte) nicht mo&#x0364;glich &#x017F;eyn<lb/>
wu&#x0364;rde. Man findet deshalb, daß die Natur andere Hu&#x0364;lfs-<lb/>
mittel ergreift, um in Fa&#x0364;llen ganz regelma&#x0364;ßigen Beckenbaues<lb/>
und kra&#x0364;ftiger Wehen (ohne welches doch die&#x017F;e Geburten<lb/>
fa&#x017F;t immer zur Beendigung der Kun&#x017F;t anheim fallen) die<lb/>
Entbindung &#x017F;elb&#x017F;t zu Ende zu fu&#x0364;hren.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 833.</head><lb/>
                      <p>Die&#x017F;e Hu&#x0364;lfsmittel &#x017F;ind doppelt: er&#x017F;tens na&#x0364;mlich, es wan-<lb/>
delt &#x017F;ich eine &#x017F;olche Lage auf die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e, wie wir bei<lb/>
dritter und vierter Hinterhauptslage be&#x017F;chrieben haben, in die<lb/>
er&#x017F;te und zweite um, indem bei der dritten Lage das Kinn<lb/>
von links und hinten &#x017F;ich gegen die linke Scham- und<lb/>
Darmbeinverbindung nach vorn dreht, oder bei vierter Lage<lb/>
das Kinn von rechts und hinten &#x017F;ich gegen die rechte Darm-<lb/>
und Schambeinverbindung bewegt, in beiden Fa&#x0364;llen al&#x017F;o die<lb/>
Geburt mit Entwicklung des Kinnes unter dem Schambogen<lb/>
&#x017F;ich endigt (welche Lagena&#x0364;nderung ich in einigen Fa&#x0364;llen &#x017F;ehr<lb/>
vollkommen von Statten gehen &#x017F;ah). Zweitens aber bemerkt<lb/>
man auch, daß die&#x017F;e Ge&#x017F;ichtslagen dadurch umgea&#x0364;ndert wer-<lb/>
den, daß das Kinn in der Ausho&#x0364;hlung des Kreuzbeins &#x017F;ich<lb/>
mehr gegen den Vorberg heraufzieht. &#x017F;ich folglich mehr der<lb/>
Bru&#x017F;t na&#x0364;hert, und dadurch bewirkt, daß zuna&#x0364;ch&#x017F;t mehr die<lb/>
Scheitelfla&#x0364;che herab &#x017F;inkt, &#x017F;o al&#x017F;o nach und nach dritte Ge-<lb/>
&#x017F;ichtslage in zweite Scheitellage, oder vierte Ge&#x017F;ichtslage<lb/>
in er&#x017F;te Scheitellage u&#x0364;bergeht, welche Scheitellagen dann,<lb/>
wie oben be&#x017F;chrieben worden, verlaufen, und beim Eintritt<lb/>
in die untere Beckeno&#x0364;ffnung gewo&#x0364;hnlich die Hinterhauptslage<lb/>
annehmen. &#x2014; Die&#x017F;e Uma&#x0364;nderungen &#x017F;ind indeß immer mit<lb/>
einigen Schwierigkeiten verbunden, und nur gar zu leicht<lb/>
bleibt die Stirn am Schambogen fe&#x017F;t &#x017F;tehen, bewirkt eine<lb/>
Schief&#x017F;tellung des ganzen Kopfs, und hindert das Geburts-<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;ft in hohem Grade. Ueberhaupt kommen die&#x017F;e beiden<lb/>
letzterwa&#x0364;hnten Ge&#x017F;ichtslagen a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;elten vor.</p>
                    </div>
                  </div><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0141] Zuthun der Kunſt vollendet werden koͤnnte) nicht moͤglich ſeyn wuͤrde. Man findet deshalb, daß die Natur andere Huͤlfs- mittel ergreift, um in Faͤllen ganz regelmaͤßigen Beckenbaues und kraͤftiger Wehen (ohne welches doch dieſe Geburten faſt immer zur Beendigung der Kunſt anheim fallen) die Entbindung ſelbſt zu Ende zu fuͤhren. §. 833. Dieſe Huͤlfsmittel ſind doppelt: erſtens naͤmlich, es wan- delt ſich eine ſolche Lage auf dieſelbe Weiſe, wie wir bei dritter und vierter Hinterhauptslage beſchrieben haben, in die erſte und zweite um, indem bei der dritten Lage das Kinn von links und hinten ſich gegen die linke Scham- und Darmbeinverbindung nach vorn dreht, oder bei vierter Lage das Kinn von rechts und hinten ſich gegen die rechte Darm- und Schambeinverbindung bewegt, in beiden Faͤllen alſo die Geburt mit Entwicklung des Kinnes unter dem Schambogen ſich endigt (welche Lagenaͤnderung ich in einigen Faͤllen ſehr vollkommen von Statten gehen ſah). Zweitens aber bemerkt man auch, daß dieſe Geſichtslagen dadurch umgeaͤndert wer- den, daß das Kinn in der Aushoͤhlung des Kreuzbeins ſich mehr gegen den Vorberg heraufzieht. ſich folglich mehr der Bruſt naͤhert, und dadurch bewirkt, daß zunaͤchſt mehr die Scheitelflaͤche herab ſinkt, ſo alſo nach und nach dritte Ge- ſichtslage in zweite Scheitellage, oder vierte Geſichtslage in erſte Scheitellage uͤbergeht, welche Scheitellagen dann, wie oben beſchrieben worden, verlaufen, und beim Eintritt in die untere Beckenoͤffnung gewoͤhnlich die Hinterhauptslage annehmen. — Dieſe Umaͤnderungen ſind indeß immer mit einigen Schwierigkeiten verbunden, und nur gar zu leicht bleibt die Stirn am Schambogen feſt ſtehen, bewirkt eine Schiefſtellung des ganzen Kopfs, und hindert das Geburts- geſchaͤft in hohem Grade. Ueberhaupt kommen dieſe beiden letzterwaͤhnten Geſichtslagen aͤußerſt ſelten vor.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/141
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/141>, abgerufen am 23.11.2024.