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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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§. 869.

Endlich verschwinden aber auch während des Wochenbet-
tes die besondern Umstimmungen einzelner Organe, welche
während der Schwangerschaft sich gebildet hatten. Die An-
schwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. s. w., die
Veränderungen der Hautfarbe, die Verstimmungen des Darm-
kanals, die ungewöhnlichen Erscheinungen bei der Ausleerung
des Urins u. s. w. verlieren sich, und auch in dieser Hin-
sicht kehrt der Körper zu seinen frühern Verhältnissen zurück.
Besondere Bemerkung verdient indeß noch der Zustand der
Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge-
ringern Grad ihrer Thätigkeit den übrigen allgemeinen wich-
tigen Verän erungen vollkommen entsprechen. Erstens die
Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, so fühlt der Kör-
per in dieser Hinsicht in den ersten Tagen des Wochenbettes
weit weniger Bedürfniß, wovon die innern bedentenden Ver-
änderungen ohne Zweifel die Ursache sind, indem bei jeder
beträchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (s.
I. Thl. §. 255.) der Körper weniger äußere Stoffe auf-
nimmt.

§. 870.

Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, so pfle-
gen auch diese, nachdem sie noch kurz vor der Entbindung
erfolgt seyn müssen, nach der Entbindung gewöhnlich bis zum
dritten oder vierten Tage auszusetzen, wovon die Ursache ge-
geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme,
theils und vorzüglich aber durch die größere Ausdehnung,
welche in den vorher beträchtlich von der schwangern Ge-
bärmutter zusammengedrückten Windungen des Darmkanals
Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm-
kanals an dem Zustande von Ruhe, welcher in der ihm phy-
siologisch und anatomisch so nahe liegenden Gebärmutter ein-
getreten ist. -- Wie vortheilhaft übrigens es für den Uterns
selbst seyn müsse, daß in den zwei bis drei ersten Tagen des
Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu sei-
ner Zusammenziehung, und Abstoßung der hinfälligen Haut,
der Ruhe vorzüglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-

§. 869.

Endlich verſchwinden aber auch waͤhrend des Wochenbet-
tes die beſondern Umſtimmungen einzelner Organe, welche
waͤhrend der Schwangerſchaft ſich gebildet hatten. Die An-
ſchwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. ſ. w., die
Veraͤnderungen der Hautfarbe, die Verſtimmungen des Darm-
kanals, die ungewoͤhnlichen Erſcheinungen bei der Ausleerung
des Urins u. ſ. w. verlieren ſich, und auch in dieſer Hin-
ſicht kehrt der Koͤrper zu ſeinen fruͤhern Verhaͤltniſſen zuruͤck.
Beſondere Bemerkung verdient indeß noch der Zuſtand der
Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge-
ringern Grad ihrer Thaͤtigkeit den uͤbrigen allgemeinen wich-
tigen Veraͤn erungen vollkommen entſprechen. Erſtens die
Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, ſo fuͤhlt der Koͤr-
per in dieſer Hinſicht in den erſten Tagen des Wochenbettes
weit weniger Beduͤrfniß, wovon die innern bedentenden Ver-
aͤnderungen ohne Zweifel die Urſache ſind, indem bei jeder
betraͤchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (ſ.
I. Thl. §. 255.) der Koͤrper weniger aͤußere Stoffe auf-
nimmt.

§. 870.

Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, ſo pfle-
gen auch dieſe, nachdem ſie noch kurz vor der Entbindung
erfolgt ſeyn muͤſſen, nach der Entbindung gewoͤhnlich bis zum
dritten oder vierten Tage auszuſetzen, wovon die Urſache ge-
geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme,
theils und vorzuͤglich aber durch die groͤßere Ausdehnung,
welche in den vorher betraͤchtlich von der ſchwangern Ge-
baͤrmutter zuſammengedruͤckten Windungen des Darmkanals
Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm-
kanals an dem Zuſtande von Ruhe, welcher in der ihm phy-
ſiologiſch und anatomiſch ſo nahe liegenden Gebaͤrmutter ein-
getreten iſt. — Wie vortheilhaft uͤbrigens es fuͤr den Uterns
ſelbſt ſeyn muͤſſe, daß in den zwei bis drei erſten Tagen des
Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu ſei-
ner Zuſammenziehung, und Abſtoßung der hinfaͤlligen Haut,
der Ruhe vorzuͤglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-

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[140/0164] §. 869. Endlich verſchwinden aber auch waͤhrend des Wochenbet- tes die beſondern Umſtimmungen einzelner Organe, welche waͤhrend der Schwangerſchaft ſich gebildet hatten. Die An- ſchwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. ſ. w., die Veraͤnderungen der Hautfarbe, die Verſtimmungen des Darm- kanals, die ungewoͤhnlichen Erſcheinungen bei der Ausleerung des Urins u. ſ. w. verlieren ſich, und auch in dieſer Hin- ſicht kehrt der Koͤrper zu ſeinen fruͤhern Verhaͤltniſſen zuruͤck. Beſondere Bemerkung verdient indeß noch der Zuſtand der Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge- ringern Grad ihrer Thaͤtigkeit den uͤbrigen allgemeinen wich- tigen Veraͤn erungen vollkommen entſprechen. Erſtens die Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, ſo fuͤhlt der Koͤr- per in dieſer Hinſicht in den erſten Tagen des Wochenbettes weit weniger Beduͤrfniß, wovon die innern bedentenden Ver- aͤnderungen ohne Zweifel die Urſache ſind, indem bei jeder betraͤchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (ſ. I. Thl. §. 255.) der Koͤrper weniger aͤußere Stoffe auf- nimmt. §. 870. Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, ſo pfle- gen auch dieſe, nachdem ſie noch kurz vor der Entbindung erfolgt ſeyn muͤſſen, nach der Entbindung gewoͤhnlich bis zum dritten oder vierten Tage auszuſetzen, wovon die Urſache ge- geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme, theils und vorzuͤglich aber durch die groͤßere Ausdehnung, welche in den vorher betraͤchtlich von der ſchwangern Ge- baͤrmutter zuſammengedruͤckten Windungen des Darmkanals Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm- kanals an dem Zuſtande von Ruhe, welcher in der ihm phy- ſiologiſch und anatomiſch ſo nahe liegenden Gebaͤrmutter ein- getreten iſt. — Wie vortheilhaft uͤbrigens es fuͤr den Uterns ſelbſt ſeyn muͤſſe, daß in den zwei bis drei erſten Tagen des Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu ſei- ner Zuſammenziehung, und Abſtoßung der hinfaͤlligen Haut, der Ruhe vorzuͤglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/164>, abgerufen am 21.11.2024.