denjenigen Vorgang, wo unter Zusammenwir- kung eines weiblichen und männlichen Organis- mus der Grund zu einer nachfolgenden Schwan- gerschaft gelegt wird; dahingegen unter Schwanger- schaft (Graviditas) derjenige Zustand des menschli- chen und zwar hauptsächlich des weiblichen Kör- pers verstanden wird, wo eine durch Empfängniß erzeugte und im Innern des Organismus durch Wechselwirkung fortgebildete Frucht in diesem Innern verweilt. -- Regelmäßig ist die Em- pfängniß wenn sie durch eine vollkommene Be- gattung vermittelt, und der Grund zu einer regelmäßigen Schwangerschaft dadurch gelegt wird. Regelmäßig ist die Schwangerschaft, wenn die erzeugte Frucht in der Höhle des Uterus sich befindet, selbst in aller Hinsicht normal gebil- det ist, und in der gesetzmäßigen Zeit ihre voll- kommene Entwickelung erreicht.
Anmerkung. Die Wahl des Ausdrucks für eine vollkommne Begriffsbestimmung des Zustandes der Schwan- gerschaft überhaupt, ist mit nicht geringer Schwierigkeit ver- bunden, und zwar wegen der äußerst mannigfaltigen Abnor- mitäten, welche in diesem Zustande vorkommen, und welche demungeachtet in dieser Definition mit einbegriffen werden müssen. So können wir z. B. den Zustand der Schwan- gerschaft nicht füglich auf den weiblichen Körper allein be- schränken, sobald sich (wie dieß nun bereits einigemal beob- achtet worden) Fälle vorfinden, wo ein männlicher Fötus oder ein Knabe, einen andern Fötus in sich trug *), von welchem letztern angenommen werden mußte, daß er in und durch jenen erstern Körper noch einige Zeit fortgebildet wor- den sey, und so zu diesem ungefähr in demselben Verhält-
*) S. ein Beyspiel dieser Art in der Salzb. med. chir. Zeitung 1804 Nr. 94. -- Das Weitere davon s. unten in der Pathologie des Fötus.
denjenigen Vorgang, wo unter Zuſammenwir- kung eines weiblichen und maͤnnlichen Organis- mus der Grund zu einer nachfolgenden Schwan- gerſchaft gelegt wird; dahingegen unter Schwanger- ſchaft (Graviditas) derjenige Zuſtand des menſchli- chen und zwar hauptſaͤchlich des weiblichen Koͤr- pers verſtanden wird, wo eine durch Empfaͤngniß erzeugte und im Innern des Organismus durch Wechſelwirkung fortgebildete Frucht in dieſem Innern verweilt. — Regelmaͤßig iſt die Em- pfaͤngniß wenn ſie durch eine vollkommene Be- gattung vermittelt, und der Grund zu einer regelmaͤßigen Schwangerſchaft dadurch gelegt wird. Regelmaͤßig iſt die Schwangerſchaft, wenn die erzeugte Frucht in der Hoͤhle des Uterus ſich befindet, ſelbſt in aller Hinſicht normal gebil- det iſt, und in der geſetzmaͤßigen Zeit ihre voll- kommene Entwickelung erreicht.
Anmerkung. Die Wahl des Ausdrucks fuͤr eine vollkommne Begriffsbeſtimmung des Zuſtandes der Schwan- gerſchaft uͤberhaupt, iſt mit nicht geringer Schwierigkeit ver- bunden, und zwar wegen der aͤußerſt mannigfaltigen Abnor- mitaͤten, welche in dieſem Zuſtande vorkommen, und welche demungeachtet in dieſer Definition mit einbegriffen werden muͤſſen. So koͤnnen wir z. B. den Zuſtand der Schwan- gerſchaft nicht fuͤglich auf den weiblichen Koͤrper allein be- ſchraͤnken, ſobald ſich (wie dieß nun bereits einigemal beob- achtet worden) Faͤlle vorfinden, wo ein maͤnnlicher Foͤtus oder ein Knabe, einen andern Foͤtus in ſich trug *), von welchem letztern angenommen werden mußte, daß er in und durch jenen erſtern Koͤrper noch einige Zeit fortgebildet wor- den ſey, und ſo zu dieſem ungefaͤhr in demſelben Verhaͤlt-
*) S. ein Beyſpiel dieſer Art in der Salzb. med. chir. Zeitung 1804 Nr. 94. — Das Weitere davon ſ. unten in der Pathologie des Foͤtus.
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denjenigen Vorgang, wo unter Zuſammenwir-
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erzeugte und im Innern des Organismus durch
Wechſelwirkung fortgebildete Frucht in dieſem
Innern verweilt. — Regelmaͤßig iſt die Em-
pfaͤngniß wenn ſie durch eine vollkommene Be-
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regelmaͤßigen Schwangerſchaft dadurch gelegt
wird. Regelmaͤßig iſt die Schwangerſchaft, wenn
die erzeugte Frucht in der Hoͤhle des Uterus ſich
befindet, ſelbſt in aller Hinſicht normal gebil-
det iſt, und in der geſetzmaͤßigen Zeit ihre voll-
kommene Entwickelung erreicht.
Anmerkung. Die Wahl des Ausdrucks fuͤr eine
vollkommne Begriffsbeſtimmung des Zuſtandes der Schwan-
gerſchaft uͤberhaupt, iſt mit nicht geringer Schwierigkeit ver-
bunden, und zwar wegen der aͤußerſt mannigfaltigen Abnor-
mitaͤten, welche in dieſem Zuſtande vorkommen, und welche
demungeachtet in dieſer Definition mit einbegriffen werden
muͤſſen. So koͤnnen wir z. B. den Zuſtand der Schwan-
gerſchaft nicht fuͤglich auf den weiblichen Koͤrper allein be-
ſchraͤnken, ſobald ſich (wie dieß nun bereits einigemal beob-
achtet worden) Faͤlle vorfinden, wo ein maͤnnlicher Foͤtus
oder ein Knabe, einen andern Foͤtus in ſich trug *), von
welchem letztern angenommen werden mußte, daß er in und
durch jenen erſtern Koͤrper noch einige Zeit fortgebildet wor-
den ſey, und ſo zu dieſem ungefaͤhr in demſelben Verhaͤlt-
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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