der Voraussetzung daß die Schwangerschaft bereits sehr weit vorgerückt sey, da natürlich im dritten oder vierten Monat noch gar kein Kindeskopf, und am wenigsten ein so großer, zu fühlen ist. Zu der Annahme einer weiter vorgerückten Schwangerschaft veranlaßt aber zuweilen die beträchtliche Aus- dehnung des Leibes, welche hierbei häufig durch Ausdehnung der Harnblase und langwierige Obstruktionen begründet wird, jedoch wird man sich durch sorgfältige äußere Untersuchung bald davon überzeugen können, daß diese Ausdehnung des Leibes nicht vom schwangern Uterus abhängig sey, so wie eine solche Annahme auch durch eine genaue Berücksichtigung der Schwangerschaftsrechnung und der übrigen Schwangerschafts- zeichen, am meisten aber durch Beachtung des in der regel- mäßigen Schwangerschaft gar nicht vorkommenden Standes der Vaginalportion nach, oder sogar über dem Schambogen, widerlegt werden wird. -- Zweitens rücksichtlich der Verwech- selung der Zurückbeugung des schwangern Uterns mit einer Ausartung der Gebärmuttersubstanz (Steatom) so wird diese widerlegt: 1) durch den Gang der Krankheit, da ein Steatom immer nur in Jahren zu einem beträchtlichen Umfange ge- langt; 2) durch die Zeichen der Schwangerschaft, da bei sol- chen Ausartungen selten Schwangerschaft möglich ist; 3) durch den Stand des Muttermundes welcher hier aufwärts und vorwärts gerichtet ist, beim Steatom höchstens gegen den Schambogen gedrängt seyn kann; 4) durch die Unmöglichkeit die Reposition zu machen.
§. 1085.
Die Prognose betreffend, so ist diese, da die Krankheit gewöhnlich, wenn sie sich selbst überlaßen bliebe, den Tod der Frucht und der Mutter zur Folge haben würde, allerdings ungünstig zu nennen, jedoch wird dieses modificirt durch die Möglichkeit einer gründlichen und baldigen Heilung wenn die Hülfe zur rechten Zeit gesucht wird. -- Es kömmt daher in einem gegebenen Falle hauptsächlich darauf an, ob das Uebel bereits lange gedauert, und der Uterus bereits den Entzün- dungszustand erreicht habe. Im letztern Falle ist immer,
der Vorausſetzung daß die Schwangerſchaft bereits ſehr weit vorgeruͤckt ſey, da natuͤrlich im dritten oder vierten Monat noch gar kein Kindeskopf, und am wenigſten ein ſo großer, zu fuͤhlen iſt. Zu der Annahme einer weiter vorgeruͤckten Schwangerſchaft veranlaßt aber zuweilen die betraͤchtliche Aus- dehnung des Leibes, welche hierbei haͤufig durch Ausdehnung der Harnblaſe und langwierige Obſtruktionen begruͤndet wird, jedoch wird man ſich durch ſorgfaͤltige aͤußere Unterſuchung bald davon uͤberzeugen koͤnnen, daß dieſe Ausdehnung des Leibes nicht vom ſchwangern Uterus abhaͤngig ſey, ſo wie eine ſolche Annahme auch durch eine genaue Beruͤckſichtigung der Schwangerſchaftsrechnung und der uͤbrigen Schwangerſchafts- zeichen, am meiſten aber durch Beachtung des in der regel- maͤßigen Schwangerſchaft gar nicht vorkommenden Standes der Vaginalportion nach, oder ſogar uͤber dem Schambogen, widerlegt werden wird. — Zweitens ruͤckſichtlich der Verwech- ſelung der Zuruͤckbeugung des ſchwangern Uterns mit einer Ausartung der Gebaͤrmutterſubſtanz (Steatom) ſo wird dieſe widerlegt: 1) durch den Gang der Krankheit, da ein Steatom immer nur in Jahren zu einem betraͤchtlichen Umfange ge- langt; 2) durch die Zeichen der Schwangerſchaft, da bei ſol- chen Ausartungen ſelten Schwangerſchaft moͤglich iſt; 3) durch den Stand des Muttermundes welcher hier aufwaͤrts und vorwaͤrts gerichtet iſt, beim Steatom hoͤchſtens gegen den Schambogen gedraͤngt ſeyn kann; 4) durch die Unmoͤglichkeit die Repoſition zu machen.
§. 1085.
Die Prognoſe betreffend, ſo iſt dieſe, da die Krankheit gewoͤhnlich, wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaßen bliebe, den Tod der Frucht und der Mutter zur Folge haben wuͤrde, allerdings unguͤnſtig zu nennen, jedoch wird dieſes modificirt durch die Moͤglichkeit einer gruͤndlichen und baldigen Heilung wenn die Huͤlfe zur rechten Zeit geſucht wird. — Es koͤmmt daher in einem gegebenen Falle hauptſaͤchlich darauf an, ob das Uebel bereits lange gedauert, und der Uterus bereits den Entzuͤn- dungszuſtand erreicht habe. Im letztern Falle iſt immer,
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der Vorausſetzung daß die Schwangerſchaft bereits ſehr weit
vorgeruͤckt ſey, da natuͤrlich im dritten oder vierten Monat
noch gar kein Kindeskopf, und am wenigſten ein ſo großer,
zu fuͤhlen iſt. Zu der Annahme einer weiter vorgeruͤckten
Schwangerſchaft veranlaßt aber zuweilen die betraͤchtliche Aus-
dehnung des Leibes, welche hierbei haͤufig durch Ausdehnung
der Harnblaſe und langwierige Obſtruktionen begruͤndet wird,
jedoch wird man ſich durch ſorgfaͤltige aͤußere Unterſuchung
bald davon uͤberzeugen koͤnnen, daß dieſe Ausdehnung des
Leibes nicht vom ſchwangern Uterus abhaͤngig ſey, ſo wie eine
ſolche Annahme auch durch eine genaue Beruͤckſichtigung der
Schwangerſchaftsrechnung und der uͤbrigen Schwangerſchafts-
zeichen, am meiſten aber durch Beachtung des in der regel-
maͤßigen Schwangerſchaft gar nicht vorkommenden Standes
der Vaginalportion nach, oder ſogar uͤber dem Schambogen,
widerlegt werden wird. — Zweitens ruͤckſichtlich der Verwech-
ſelung der Zuruͤckbeugung des ſchwangern Uterns mit einer
Ausartung der Gebaͤrmutterſubſtanz (Steatom) ſo wird dieſe
widerlegt: 1) durch den Gang der Krankheit, da ein Steatom
immer nur in Jahren zu einem betraͤchtlichen Umfange ge-
langt; 2) durch die Zeichen der Schwangerſchaft, da bei ſol-
chen Ausartungen ſelten Schwangerſchaft moͤglich iſt; 3) durch
den Stand des Muttermundes welcher hier aufwaͤrts und
vorwaͤrts gerichtet iſt, beim Steatom hoͤchſtens gegen den
Schambogen gedraͤngt ſeyn kann; 4) durch die Unmoͤglichkeit
die Repoſition zu machen.
§. 1085.
Die Prognoſe betreffend, ſo iſt dieſe, da die Krankheit
gewoͤhnlich, wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaßen bliebe, den Tod der
Frucht und der Mutter zur Folge haben wuͤrde, allerdings
unguͤnſtig zu nennen, jedoch wird dieſes modificirt durch die
Moͤglichkeit einer gruͤndlichen und baldigen Heilung wenn die
Huͤlfe zur rechten Zeit geſucht wird. — Es koͤmmt daher in
einem gegebenen Falle hauptſaͤchlich darauf an, ob das Uebel
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dungszuſtand erreicht habe. Im letztern Falle iſt immer,
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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