Sitzt hingegen der Mutterkuchen auf dem Muttermunde auf, und wird folglich die Lösung desselben vor der Geburt des Kindes nöthig, so darf derselbe nur so weit getrennt wer- den, als erfordert wird um der Hand den Weg zum Kinde zu bahnen. Nachdem daher alles nicht nur zur Lösung der Placenta, sondern auch zur Wendung und Extraktion des Kin- des vorgerichtet ist, bringt man die Hand welche nach der Kindeslage die schicklichste zur Wendung ist, zugespitzt in die Geburtstheile ein, sucht dann die Gegend auf, wo die Pla- centa am wenigsten adhärirt (bei völlig centralem Aufsitzen ist dieses allerdings zu bestimmen oft unmöglich, und muß dann blos in der Richtung wo man am besten zu den Füßen ge- langt geschehen) und trennt von hieraus, auf die §. 1308 gelehrte Weise so viel von der Placenta los, bis man für das Eindringen der Hand Raum genug gewonnen hat; wor- auf denn das Sprengen der Blase, die Wendung und Extrak- tion des Kindes folgen müssen wird, und die Entwickelung der Placenta folglich bis nach der Geburt des Kindes verspart bleibt.
2. Von der Hinwegnahme der Nachgeburt aus der Höhle der Gebärmutter.
§. 1311.
Diese Operation, welche in den meisten Fällen auf die Lösung des Mutterkuchens folgen muß, wird indeß zuweilen auch bei bereits eingetretener Trennung der Placenta nothwen- dig, sobald diese noch zu hoch über dem Muttermunde liegt, um auf die gewöhnliche Weise entfernt werden zu können. Anzeigen hierzu werden gegeben 1) bei Zwillingsgeburten, wenn nach der Geburt des ersten Kindes sich dessen Placenta lößt, auf den Muttermund legt, und die Geburt des zweiten
§. 1310.
Sitzt hingegen der Mutterkuchen auf dem Muttermunde auf, und wird folglich die Loͤſung deſſelben vor der Geburt des Kindes noͤthig, ſo darf derſelbe nur ſo weit getrennt wer- den, als erfordert wird um der Hand den Weg zum Kinde zu bahnen. Nachdem daher alles nicht nur zur Loͤſung der Placenta, ſondern auch zur Wendung und Extraktion des Kin- des vorgerichtet iſt, bringt man die Hand welche nach der Kindeslage die ſchicklichſte zur Wendung iſt, zugeſpitzt in die Geburtstheile ein, ſucht dann die Gegend auf, wo die Pla- centa am wenigſten adhaͤrirt (bei voͤllig centralem Aufſitzen iſt dieſes allerdings zu beſtimmen oft unmoͤglich, und muß dann blos in der Richtung wo man am beſten zu den Fuͤßen ge- langt geſchehen) und trennt von hieraus, auf die §. 1308 gelehrte Weiſe ſo viel von der Placenta los, bis man fuͤr das Eindringen der Hand Raum genug gewonnen hat; wor- auf denn das Sprengen der Blaſe, die Wendung und Extrak- tion des Kindes folgen muͤſſen wird, und die Entwickelung der Placenta folglich bis nach der Geburt des Kindes verſpart bleibt.
2. Von der Hinwegnahme der Nachgeburt aus der Hoͤhle der Gebaͤrmutter.
§. 1311.
Dieſe Operation, welche in den meiſten Faͤllen auf die Loͤſung des Mutterkuchens folgen muß, wird indeß zuweilen auch bei bereits eingetretener Trennung der Placenta nothwen- dig, ſobald dieſe noch zu hoch uͤber dem Muttermunde liegt, um auf die gewoͤhnliche Weiſe entfernt werden zu koͤnnen. Anzeigen hierzu werden gegeben 1) bei Zwillingsgeburten, wenn nach der Geburt des erſten Kindes ſich deſſen Placenta loͤßt, auf den Muttermund legt, und die Geburt des zweiten
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§. 1310.
Sitzt hingegen der Mutterkuchen auf dem Muttermunde
auf, und wird folglich die Loͤſung deſſelben vor der Geburt
des Kindes noͤthig, ſo darf derſelbe nur ſo weit getrennt wer-
den, als erfordert wird um der Hand den Weg zum Kinde
zu bahnen. Nachdem daher alles nicht nur zur Loͤſung der
Placenta, ſondern auch zur Wendung und Extraktion des Kin-
des vorgerichtet iſt, bringt man die Hand welche nach der
Kindeslage die ſchicklichſte zur Wendung iſt, zugeſpitzt in die
Geburtstheile ein, ſucht dann die Gegend auf, wo die Pla-
centa am wenigſten adhaͤrirt (bei voͤllig centralem Aufſitzen iſt
dieſes allerdings zu beſtimmen oft unmoͤglich, und muß dann
blos in der Richtung wo man am beſten zu den Fuͤßen ge-
langt geſchehen) und trennt von hieraus, auf die §. 1308
gelehrte Weiſe ſo viel von der Placenta los, bis man fuͤr
das Eindringen der Hand Raum genug gewonnen hat; wor-
auf denn das Sprengen der Blaſe, die Wendung und Extrak-
tion des Kindes folgen muͤſſen wird, und die Entwickelung
der Placenta folglich bis nach der Geburt des Kindes verſpart
bleibt.
2.
Von der Hinwegnahme der Nachgeburt aus
der Hoͤhle der Gebaͤrmutter.
§. 1311.
Dieſe Operation, welche in den meiſten Faͤllen auf die
Loͤſung des Mutterkuchens folgen muß, wird indeß zuweilen
auch bei bereits eingetretener Trennung der Placenta nothwen-
dig, ſobald dieſe noch zu hoch uͤber dem Muttermunde liegt,
um auf die gewoͤhnliche Weiſe entfernt werden zu koͤnnen.
Anzeigen hierzu werden gegeben 1) bei Zwillingsgeburten,
wenn nach der Geburt des erſten Kindes ſich deſſen Placenta
loͤßt, auf den Muttermund legt, und die Geburt des zweiten
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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