Was die Organe der Bewegung betrifft, so zeigen sich dieselben bei der Geburt theils im Zustande großer Erschöpfung, oder überreitzter Thätigkeit. Wahrer Mangel an Kräf- ten ist die Folge vorausgegangener Krankheiten, deprimirender Affekte, ungünstiger Lebensverhältnisse, schlechter Constitution, erlittener Blutungen u. s. w., und giebt sich durch Berücksich- tigung der ursachlichen Momente des allgemeinen Habitus und vornehmlich des Pulses zu erkennen. Es muß auch hier die schonende Behandlung welche oben (§. 1321.) gelehrt wurde, eintreten, es muß das, was zur Aufrichtung der Kräfte wäh- rend eines langsamern Geburtsverlaufs geschehen kann, nicht versäumt werden (§. 1323.), ja es kann auch hier, nament- lich wenn örtliche Unthätigkeit im Uterus, oder andere Hin- dernisse der Geburt sich vorfinden, zuweilen die operative Kunst- hülfe nothwendig werden. --
Anmerkung. Von dieser wahren Schwäche muß übri- gens sorgfältig die nur scheinbare unterschieden wer- den. Oefters nämlich klagen sehr empfindliche oder auch etwas phlegmatische Personen schon über die größte Er- schöpfung, obwohl nur Mangel einiger Standhaftigkeit, oder Trägheit die Quelle der Klagen sind; der Puls zeigt sich dabei natürlich, und einige Ermahnungen und Anregungen sind dann allein am Platze. Eben so füh- len sich Personen welche an Congestionen leiden, oft auffallend matt, allein hier ist es bloße Unterdrückung der Kräfte, und Antiphlogistica allein dienen dann zur Belebung der Thätigkeit, wenn dagegen erregende Mit- tel den krankhaften Zustand verstärken müßten.
§. 1335.
Es ist ferner von einem der fürchterlichsten Zufälle, wel- che Gebärende betreffen können, zu sprechen, nämlich von den Krämpfen oder Zuckungen(Convulsiones, Eclampsia par- turientium). Es erscheinen dieselben bei Gebärenden eben so
§. 1334.
Was die Organe der Bewegung betrifft, ſo zeigen ſich dieſelben bei der Geburt theils im Zuſtande großer Erſchoͤpfung, oder uͤberreitzter Thaͤtigkeit. Wahrer Mangel an Kraͤf- ten iſt die Folge vorausgegangener Krankheiten, deprimirender Affekte, unguͤnſtiger Lebensverhaͤltniſſe, ſchlechter Conſtitution, erlittener Blutungen u. ſ. w., und giebt ſich durch Beruͤckſich- tigung der urſachlichen Momente des allgemeinen Habitus und vornehmlich des Pulſes zu erkennen. Es muß auch hier die ſchonende Behandlung welche oben (§. 1321.) gelehrt wurde, eintreten, es muß das, was zur Aufrichtung der Kraͤfte waͤh- rend eines langſamern Geburtsverlaufs geſchehen kann, nicht verſaͤumt werden (§. 1323.), ja es kann auch hier, nament- lich wenn oͤrtliche Unthaͤtigkeit im Uterus, oder andere Hin- derniſſe der Geburt ſich vorfinden, zuweilen die operative Kunſt- huͤlfe nothwendig werden. —
Anmerkung. Von dieſer wahren Schwaͤche muß uͤbri- gens ſorgfaͤltig die nur ſcheinbare unterſchieden wer- den. Oefters naͤmlich klagen ſehr empfindliche oder auch etwas phlegmatiſche Perſonen ſchon uͤber die groͤßte Er- ſchoͤpfung, obwohl nur Mangel einiger Standhaftigkeit, oder Traͤgheit die Quelle der Klagen ſind; der Puls zeigt ſich dabei natuͤrlich, und einige Ermahnungen und Anregungen ſind dann allein am Platze. Eben ſo fuͤh- len ſich Perſonen welche an Congeſtionen leiden, oft auffallend matt, allein hier iſt es bloße Unterdruͤckung der Kraͤfte, und Antiphlogistica allein dienen dann zur Belebung der Thaͤtigkeit, wenn dagegen erregende Mit- tel den krankhaften Zuſtand verſtaͤrken muͤßten.
§. 1335.
Es iſt ferner von einem der fuͤrchterlichſten Zufaͤlle, wel- che Gebaͤrende betreffen koͤnnen, zu ſprechen, naͤmlich von den Kraͤmpfen oder Zuckungen(Convulsiones, Eclampsia par- turientium). Es erſcheinen dieſelben bei Gebaͤrenden eben ſo
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§. 1334.
Was die Organe der Bewegung betrifft, ſo zeigen ſich
dieſelben bei der Geburt theils im Zuſtande großer Erſchoͤpfung,
oder uͤberreitzter Thaͤtigkeit. Wahrer Mangel an Kraͤf-
ten iſt die Folge vorausgegangener Krankheiten, deprimirender
Affekte, unguͤnſtiger Lebensverhaͤltniſſe, ſchlechter Conſtitution,
erlittener Blutungen u. ſ. w., und giebt ſich durch Beruͤckſich-
tigung der urſachlichen Momente des allgemeinen Habitus und
vornehmlich des Pulſes zu erkennen. Es muß auch hier die
ſchonende Behandlung welche oben (§. 1321.) gelehrt wurde,
eintreten, es muß das, was zur Aufrichtung der Kraͤfte waͤh-
rend eines langſamern Geburtsverlaufs geſchehen kann, nicht
verſaͤumt werden (§. 1323.), ja es kann auch hier, nament-
lich wenn oͤrtliche Unthaͤtigkeit im Uterus, oder andere Hin-
derniſſe der Geburt ſich vorfinden, zuweilen die operative Kunſt-
huͤlfe nothwendig werden. —
Anmerkung. Von dieſer wahren Schwaͤche muß uͤbri-
gens ſorgfaͤltig die nur ſcheinbare unterſchieden wer-
den. Oefters naͤmlich klagen ſehr empfindliche oder auch
etwas phlegmatiſche Perſonen ſchon uͤber die groͤßte Er-
ſchoͤpfung, obwohl nur Mangel einiger Standhaftigkeit,
oder Traͤgheit die Quelle der Klagen ſind; der Puls
zeigt ſich dabei natuͤrlich, und einige Ermahnungen und
Anregungen ſind dann allein am Platze. Eben ſo fuͤh-
len ſich Perſonen welche an Congeſtionen leiden, oft
auffallend matt, allein hier iſt es bloße Unterdruͤckung
der Kraͤfte, und Antiphlogistica allein dienen dann zur
Belebung der Thaͤtigkeit, wenn dagegen erregende Mit-
tel den krankhaften Zuſtand verſtaͤrken muͤßten.
§. 1335.
Es iſt ferner von einem der fuͤrchterlichſten Zufaͤlle, wel-
che Gebaͤrende betreffen koͤnnen, zu ſprechen, naͤmlich von den
Kraͤmpfen oder Zuckungen (Convulsiones, Eclampsia par-
turientium). Es erſcheinen dieſelben bei Gebaͤrenden eben ſo
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/435>, abgerufen am 22.11.2024.
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