Eine der gefährlichsten Regelwidrigkeiten, welche Gebä- rende betreffen können. Sie ist der Größe und der Stelle nach verschieden. Theils kommt sie nämlich mehr in der mittlern Gegend des Uterus vor, und dann ist gewöhnlich auch das Peritonäum mit durchgerissen und freie Communi- cation zwischen der Gebärmutter- und Bauchhöhle hergestellt; theils betrifft sie mehr die Gegend des Muttermundes, und dann ist zuweilen (wie ich es in einem Falle dieser Art be- obachtete) das Peritonäum unverletzt.
§. 1387.
Die Zeichen dieser innern Verletzung sind: 1) ein zu- weilen außerlich hörbares Geräusch, dem Springen der Blase zu vergleichen; 2) ein plötzlich eingetretener Blutabgang wel- cher jedoch nicht immer der Größe der Verletzung entsprechen wird, da öfters der größere Theil der Blutmasse sich in die Bauchhöhle zu ergießen pflegt; 3) die in der Geburtsthätig- keit eintretende plötzliche Veränderung, indem die Wehen nach- lassen, der Kindestheil vorzurücken aufhört, ja zuweilen, sobald der Riß auch das Peritonäum getrennt hat, und der Uebergang des Kindes in die Bauchhöhle erfolgt, sich nach und nach zu- rückzieht, indem dagegen andere Kindestheile durch die Bauch- bedeckungen fühlbar werden. 4) Die Veränderungen welche im Gesammtbefinden gewöhnlich schnell nach der Zerreissung eintreten; es gehört dahin Blässe und Zusammenfallen des Gesichts, Kälte der ganzen Körperoberfläche, große Frequenz und Kleinheit des Pulses, Schwindel, Ohrenbrausen, Ueblich- keiten, Erbrechen, Schluchzen, heftiger Leibschmerz, Ohnmach- ten und Convulsionen, auf welche letztere Zufälle gewöhnlich der Tod einzutreten pflegt.
4. Zerreißung der Gebaͤrmutter.
§. 1386.
Eine der gefaͤhrlichſten Regelwidrigkeiten, welche Gebaͤ- rende betreffen koͤnnen. Sie iſt der Groͤße und der Stelle nach verſchieden. Theils kommt ſie naͤmlich mehr in der mittlern Gegend des Uterus vor, und dann iſt gewoͤhnlich auch das Peritonaͤum mit durchgeriſſen und freie Communi- cation zwiſchen der Gebaͤrmutter- und Bauchhoͤhle hergeſtellt; theils betrifft ſie mehr die Gegend des Muttermundes, und dann iſt zuweilen (wie ich es in einem Falle dieſer Art be- obachtete) das Peritonaͤum unverletzt.
§. 1387.
Die Zeichen dieſer innern Verletzung ſind: 1) ein zu- weilen außerlich hoͤrbares Geraͤuſch, dem Springen der Blaſe zu vergleichen; 2) ein ploͤtzlich eingetretener Blutabgang wel- cher jedoch nicht immer der Groͤße der Verletzung entſprechen wird, da oͤfters der groͤßere Theil der Blutmaſſe ſich in die Bauchhoͤhle zu ergießen pflegt; 3) die in der Geburtsthaͤtig- keit eintretende ploͤtzliche Veraͤnderung, indem die Wehen nach- laſſen, der Kindestheil vorzuruͤcken aufhoͤrt, ja zuweilen, ſobald der Riß auch das Peritonaͤum getrennt hat, und der Uebergang des Kindes in die Bauchhoͤhle erfolgt, ſich nach und nach zu- ruͤckzieht, indem dagegen andere Kindestheile durch die Bauch- bedeckungen fuͤhlbar werden. 4) Die Veraͤnderungen welche im Geſammtbefinden gewoͤhnlich ſchnell nach der Zerreiſſung eintreten; es gehoͤrt dahin Blaͤſſe und Zuſammenfallen des Geſichts, Kaͤlte der ganzen Koͤrperoberflaͤche, große Frequenz und Kleinheit des Pulſes, Schwindel, Ohrenbrauſen, Ueblich- keiten, Erbrechen, Schluchzen, heftiger Leibſchmerz, Ohnmach- ten und Convulſionen, auf welche letztere Zufaͤlle gewoͤhnlich der Tod einzutreten pflegt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><pbfacs="#f0466"n="440"/><divn="9"><head>4. <hirendition="#g">Zerreißung der Gebaͤrmutter</hi>.</head><lb/><divn="10"><head>§. 1386.</head><lb/><p>Eine der gefaͤhrlichſten Regelwidrigkeiten, welche Gebaͤ-<lb/>
rende betreffen koͤnnen. Sie iſt der Groͤße und der Stelle<lb/>
nach verſchieden. Theils kommt ſie naͤmlich mehr in der<lb/>
mittlern Gegend des Uterus vor, und dann iſt gewoͤhnlich<lb/>
auch das Peritonaͤum mit durchgeriſſen und freie Communi-<lb/>
cation zwiſchen der Gebaͤrmutter- und Bauchhoͤhle hergeſtellt;<lb/>
theils betrifft ſie mehr die Gegend des Muttermundes, und<lb/>
dann iſt zuweilen (wie ich es in einem Falle dieſer Art be-<lb/>
obachtete) das Peritonaͤum unverletzt.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 1387.</head><lb/><p><hirendition="#g">Die Zeichen</hi> dieſer innern Verletzung ſind: 1) ein zu-<lb/>
weilen außerlich hoͤrbares Geraͤuſch, dem Springen der Blaſe<lb/>
zu vergleichen; 2) ein ploͤtzlich eingetretener Blutabgang wel-<lb/>
cher jedoch nicht immer der Groͤße der Verletzung entſprechen<lb/>
wird, da oͤfters der groͤßere Theil der Blutmaſſe ſich in die<lb/>
Bauchhoͤhle zu ergießen pflegt; 3) die in der Geburtsthaͤtig-<lb/>
keit eintretende ploͤtzliche Veraͤnderung, indem die Wehen nach-<lb/>
laſſen, der Kindestheil vorzuruͤcken aufhoͤrt, ja zuweilen, ſobald<lb/>
der Riß auch das Peritonaͤum getrennt hat, und der Uebergang<lb/>
des Kindes in die Bauchhoͤhle erfolgt, ſich nach und nach zu-<lb/>
ruͤckzieht, indem dagegen andere Kindestheile durch die Bauch-<lb/>
bedeckungen fuͤhlbar werden. 4) Die Veraͤnderungen welche<lb/>
im Geſammtbefinden gewoͤhnlich ſchnell nach der Zerreiſſung<lb/>
eintreten; es gehoͤrt dahin Blaͤſſe und Zuſammenfallen des<lb/>
Geſichts, Kaͤlte der ganzen Koͤrperoberflaͤche, große Frequenz<lb/>
und Kleinheit des Pulſes, Schwindel, Ohrenbrauſen, Ueblich-<lb/>
keiten, Erbrechen, Schluchzen, heftiger Leibſchmerz, Ohnmach-<lb/>
ten und Convulſionen, auf welche letztere Zufaͤlle gewoͤhnlich<lb/>
der Tod einzutreten pflegt.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[440/0466]
4. Zerreißung der Gebaͤrmutter.
§. 1386.
Eine der gefaͤhrlichſten Regelwidrigkeiten, welche Gebaͤ-
rende betreffen koͤnnen. Sie iſt der Groͤße und der Stelle
nach verſchieden. Theils kommt ſie naͤmlich mehr in der
mittlern Gegend des Uterus vor, und dann iſt gewoͤhnlich
auch das Peritonaͤum mit durchgeriſſen und freie Communi-
cation zwiſchen der Gebaͤrmutter- und Bauchhoͤhle hergeſtellt;
theils betrifft ſie mehr die Gegend des Muttermundes, und
dann iſt zuweilen (wie ich es in einem Falle dieſer Art be-
obachtete) das Peritonaͤum unverletzt.
§. 1387.
Die Zeichen dieſer innern Verletzung ſind: 1) ein zu-
weilen außerlich hoͤrbares Geraͤuſch, dem Springen der Blaſe
zu vergleichen; 2) ein ploͤtzlich eingetretener Blutabgang wel-
cher jedoch nicht immer der Groͤße der Verletzung entſprechen
wird, da oͤfters der groͤßere Theil der Blutmaſſe ſich in die
Bauchhoͤhle zu ergießen pflegt; 3) die in der Geburtsthaͤtig-
keit eintretende ploͤtzliche Veraͤnderung, indem die Wehen nach-
laſſen, der Kindestheil vorzuruͤcken aufhoͤrt, ja zuweilen, ſobald
der Riß auch das Peritonaͤum getrennt hat, und der Uebergang
des Kindes in die Bauchhoͤhle erfolgt, ſich nach und nach zu-
ruͤckzieht, indem dagegen andere Kindestheile durch die Bauch-
bedeckungen fuͤhlbar werden. 4) Die Veraͤnderungen welche
im Geſammtbefinden gewoͤhnlich ſchnell nach der Zerreiſſung
eintreten; es gehoͤrt dahin Blaͤſſe und Zuſammenfallen des
Geſichts, Kaͤlte der ganzen Koͤrperoberflaͤche, große Frequenz
und Kleinheit des Pulſes, Schwindel, Ohrenbrauſen, Ueblich-
keiten, Erbrechen, Schluchzen, heftiger Leibſchmerz, Ohnmach-
ten und Convulſionen, auf welche letztere Zufaͤlle gewoͤhnlich
der Tod einzutreten pflegt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/466>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.