II. Zu lange Dauer der Verbindung zwischen Frucht und Uterus. Spätgeburt (Partus serotinus).
§. 1475.
Die Dauer einer Schwangerschaft über 40 Wochen hat in wie weit sie möglich sey, zu verschiedenen Streitigkeiten Veranlassung gegeben. Man muß hierbei unterscheiden die Betrachtung der Möglichkeit einer verlängerten Schwangerschaft und die Erwägung der wirklich beobachteten Fälle. Was die Möglichkeit betrifft, so läßt sich diese durchaus nicht läug- nen, und es hat an sich gar nichts Widersprechendes, daß unter gewissen Bedingungen die Frucht längere Zeit als ge- wöhnlich im Uterus zurückbleiben und selbst fortleben kann, ja es wird das letztere schon durch das obenerwähnte lange Fortleben der Früchte in der Bauchhöhle wahrscheinlich. Was nun aber die wirklich beobachteten Fälle von verlängerter Schwangerschaft anbelangt, so ist es zuvörderst bei Kühen eine nicht allzuseltene Erscheinung, ein längeres Zurückbleiben einer Frucht im Uterus zu beobachten, wobei die Frucht ent- weder völlig erhalten bleibt, oder bis auf die Knochen aufge- löst wird; indeß auch im menschlichen Geschlechte ist dieses vorgekommen und W. Lawrence*) erzählt einen Fall wo nach vergeblichen Anstalten zur Geburt ein Fetus 52 Jahre im Uterus, welcher sich verknöcherte, zurückblieb, und ein ähn- liches Beispiel wird auch im 1. Bd. der Abhandlungen der medicinisch-chirurgischen Josephsakademie zu Wien mitgetheilt.
§. 1476.
Es ist sonach keinem Zweifel unterworfen daß die ver- längerte Schwangerschaft möglich sey und, wenn auch selten, doch zuweilen wirklich vorkomme, allein es ergiebt sich auch,
*)Medico-chirurgical Transactions, published by the medical and chirurgical society of London. Vol. V. 1814.
II. Zu lange Dauer der Verbindung zwiſchen Frucht und Uterus. Spaͤtgeburt (Partus serotinus).
§. 1475.
Die Dauer einer Schwangerſchaft uͤber 40 Wochen hat in wie weit ſie moͤglich ſey, zu verſchiedenen Streitigkeiten Veranlaſſung gegeben. Man muß hierbei unterſcheiden die Betrachtung der Moͤglichkeit einer verlaͤngerten Schwangerſchaft und die Erwaͤgung der wirklich beobachteten Faͤlle. Was die Moͤglichkeit betrifft, ſo laͤßt ſich dieſe durchaus nicht laͤug- nen, und es hat an ſich gar nichts Widerſprechendes, daß unter gewiſſen Bedingungen die Frucht laͤngere Zeit als ge- woͤhnlich im Uterus zuruͤckbleiben und ſelbſt fortleben kann, ja es wird das letztere ſchon durch das obenerwaͤhnte lange Fortleben der Fruͤchte in der Bauchhoͤhle wahrſcheinlich. Was nun aber die wirklich beobachteten Faͤlle von verlaͤngerter Schwangerſchaft anbelangt, ſo iſt es zuvoͤrderſt bei Kuͤhen eine nicht allzuſeltene Erſcheinung, ein laͤngeres Zuruͤckbleiben einer Frucht im Uterus zu beobachten, wobei die Frucht ent- weder voͤllig erhalten bleibt, oder bis auf die Knochen aufge- loͤſt wird; indeß auch im menſchlichen Geſchlechte iſt dieſes vorgekommen und W. Lawrence*) erzaͤhlt einen Fall wo nach vergeblichen Anſtalten zur Geburt ein Fetus 52 Jahre im Uterus, welcher ſich verknoͤcherte, zuruͤckblieb, und ein aͤhn- liches Beiſpiel wird auch im 1. Bd. der Abhandlungen der mediciniſch-chirurgiſchen Joſephsakademie zu Wien mitgetheilt.
§. 1476.
Es iſt ſonach keinem Zweifel unterworfen daß die ver- laͤngerte Schwangerſchaft moͤglich ſey und, wenn auch ſelten, doch zuweilen wirklich vorkomme, allein es ergiebt ſich auch,
*)Medico-chirurgical Transactions, published by the medical and chirurgical society of London. Vol. V. 1814.
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II.
Zu lange Dauer der Verbindung zwiſchen Frucht und
Uterus. Spaͤtgeburt (Partus serotinus).
§. 1475.
Die Dauer einer Schwangerſchaft uͤber 40 Wochen hat
in wie weit ſie moͤglich ſey, zu verſchiedenen Streitigkeiten
Veranlaſſung gegeben. Man muß hierbei unterſcheiden die
Betrachtung der Moͤglichkeit einer verlaͤngerten Schwangerſchaft
und die Erwaͤgung der wirklich beobachteten Faͤlle. Was
die Moͤglichkeit betrifft, ſo laͤßt ſich dieſe durchaus nicht laͤug-
nen, und es hat an ſich gar nichts Widerſprechendes, daß
unter gewiſſen Bedingungen die Frucht laͤngere Zeit als ge-
woͤhnlich im Uterus zuruͤckbleiben und ſelbſt fortleben kann,
ja es wird das letztere ſchon durch das obenerwaͤhnte lange
Fortleben der Fruͤchte in der Bauchhoͤhle wahrſcheinlich. Was
nun aber die wirklich beobachteten Faͤlle von verlaͤngerter
Schwangerſchaft anbelangt, ſo iſt es zuvoͤrderſt bei Kuͤhen
eine nicht allzuſeltene Erſcheinung, ein laͤngeres Zuruͤckbleiben
einer Frucht im Uterus zu beobachten, wobei die Frucht ent-
weder voͤllig erhalten bleibt, oder bis auf die Knochen aufge-
loͤſt wird; indeß auch im menſchlichen Geſchlechte iſt dieſes
vorgekommen und W. Lawrence *) erzaͤhlt einen Fall wo
nach vergeblichen Anſtalten zur Geburt ein Fetus 52 Jahre
im Uterus, welcher ſich verknoͤcherte, zuruͤckblieb, und ein aͤhn-
liches Beiſpiel wird auch im 1. Bd. der Abhandlungen
der mediciniſch-chirurgiſchen Joſephsakademie zu
Wien mitgetheilt.
§. 1476.
Es iſt ſonach keinem Zweifel unterworfen daß die ver-
laͤngerte Schwangerſchaft moͤglich ſey und, wenn auch ſelten,
doch zuweilen wirklich vorkomme, allein es ergiebt ſich auch,
*) Medico-chirurgical Transactions, published by the medical and
chirurgical society of London. Vol. V. 1814.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/518>, abgerufen am 31.10.2024.
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