Es gehört hierher die Abweichung von derjenigen Lage der Gliedmaaßen des Kindes, welche für den Durchgang durch das Becken die günstigste, und während dem Aufenthalt im Uterus die gewöhnliche ist. Diese fehlerhaften Stellungen der Gliedmaaßen nun, kommen vorzüglich an den obern Extre- mitäten vor, und zeigen sich als Vorfallen einer Hand oder eines Arms, ja in seltnern Fällen selbst beider Arme neben dem Kopfe. Es ist leicht zu erachten, daß durch dieses Vor- liegen einer Hand vergrößert, das Volumen des eigentlich voraus- gehenden Kindestheils für das Becken zu groß werden, zugleich aber auch bei einer ungewöhnlichen, der Beckenform nicht hinlänglich entsprechenden Gestalt dieses Theils, der Mechanis- mus der Geburt rücksichtlich der nothwendigen Drehungen er- schwert werden müße. Man bemerkt daher gar nicht selten Einkeilungen des Kopfs mit anliegender Hand im Becken, wobei die Hand selbst gedrückt wird, anschwillt und sich ver- färbt, und noch häufiger zeigt sich als Ursache eines durch unvollkommne Drehung sehr verzögerten Kopfdurchganges durch das Becken, beim endlichen Durchschneiden des Kopfs eine am Gesicht oder zur Seite des Kopfs liegende Hand.
§. 1528.
Erkannt kann diese Regelwidrigkeit nur durch innere Un- tersuchung werden, wenn die Hand tiefer am Kopfe liegt, eine höher liegende Hand läßt sich zuweilen nur aus der un- vollkommenen Drehung des Kopfs und dem verzögerten Durch- gange desselben vermuthen, dafern nichts anderes vorhanden ist, was jene Erscheinungen sattsam erklärte. Die Behand- lung wird, sobald die Hand erreichbar ist, auf Verbesserung dieser Gliederstellung und regelmäßige Einleitung des Kopfes gerichtet seyn müssen. Man verfährt zu diesem Endzweck
2. Von der regelwidrigen Stellung des Kindes.
§. 1527.
Es gehoͤrt hierher die Abweichung von derjenigen Lage der Gliedmaaßen des Kindes, welche fuͤr den Durchgang durch das Becken die guͤnſtigſte, und waͤhrend dem Aufenthalt im Uterus die gewoͤhnliche iſt. Dieſe fehlerhaften Stellungen der Gliedmaaßen nun, kommen vorzuͤglich an den obern Extre- mitaͤten vor, und zeigen ſich als Vorfallen einer Hand oder eines Arms, ja in ſeltnern Faͤllen ſelbſt beider Arme neben dem Kopfe. Es iſt leicht zu erachten, daß durch dieſes Vor- liegen einer Hand vergroͤßert, das Volumen des eigentlich voraus- gehenden Kindestheils fuͤr das Becken zu groß werden, zugleich aber auch bei einer ungewoͤhnlichen, der Beckenform nicht hinlaͤnglich entſprechenden Geſtalt dieſes Theils, der Mechanis- mus der Geburt ruͤckſichtlich der nothwendigen Drehungen er- ſchwert werden muͤße. Man bemerkt daher gar nicht ſelten Einkeilungen des Kopfs mit anliegender Hand im Becken, wobei die Hand ſelbſt gedruͤckt wird, anſchwillt und ſich ver- faͤrbt, und noch haͤufiger zeigt ſich als Urſache eines durch unvollkommne Drehung ſehr verzoͤgerten Kopfdurchganges durch das Becken, beim endlichen Durchſchneiden des Kopfs eine am Geſicht oder zur Seite des Kopfs liegende Hand.
§. 1528.
Erkannt kann dieſe Regelwidrigkeit nur durch innere Un- terſuchung werden, wenn die Hand tiefer am Kopfe liegt, eine hoͤher liegende Hand laͤßt ſich zuweilen nur aus der un- vollkommenen Drehung des Kopfs und dem verzoͤgerten Durch- gange deſſelben vermuthen, dafern nichts anderes vorhanden iſt, was jene Erſcheinungen ſattſam erklaͤrte. Die Behand- lung wird, ſobald die Hand erreichbar iſt, auf Verbeſſerung dieſer Gliederſtellung und regelmaͤßige Einleitung des Kopfes gerichtet ſeyn muͤſſen. Man verfaͤhrt zu dieſem Endzweck
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2.
Von der regelwidrigen Stellung des Kindes.
§. 1527.
Es gehoͤrt hierher die Abweichung von derjenigen Lage
der Gliedmaaßen des Kindes, welche fuͤr den Durchgang durch
das Becken die guͤnſtigſte, und waͤhrend dem Aufenthalt im
Uterus die gewoͤhnliche iſt. Dieſe fehlerhaften Stellungen der
Gliedmaaßen nun, kommen vorzuͤglich an den obern Extre-
mitaͤten vor, und zeigen ſich als Vorfallen einer Hand oder
eines Arms, ja in ſeltnern Faͤllen ſelbſt beider Arme neben
dem Kopfe. Es iſt leicht zu erachten, daß durch dieſes Vor-
liegen einer Hand vergroͤßert, das Volumen des eigentlich voraus-
gehenden Kindestheils fuͤr das Becken zu groß werden, zugleich
aber auch bei einer ungewoͤhnlichen, der Beckenform nicht
hinlaͤnglich entſprechenden Geſtalt dieſes Theils, der Mechanis-
mus der Geburt ruͤckſichtlich der nothwendigen Drehungen er-
ſchwert werden muͤße. Man bemerkt daher gar nicht ſelten
Einkeilungen des Kopfs mit anliegender Hand im Becken,
wobei die Hand ſelbſt gedruͤckt wird, anſchwillt und ſich ver-
faͤrbt, und noch haͤufiger zeigt ſich als Urſache eines durch
unvollkommne Drehung ſehr verzoͤgerten Kopfdurchganges durch
das Becken, beim endlichen Durchſchneiden des Kopfs eine
am Geſicht oder zur Seite des Kopfs liegende Hand.
§. 1528.
Erkannt kann dieſe Regelwidrigkeit nur durch innere Un-
terſuchung werden, wenn die Hand tiefer am Kopfe liegt,
eine hoͤher liegende Hand laͤßt ſich zuweilen nur aus der un-
vollkommenen Drehung des Kopfs und dem verzoͤgerten Durch-
gange deſſelben vermuthen, dafern nichts anderes vorhanden
iſt, was jene Erſcheinungen ſattſam erklaͤrte. Die Behand-
lung wird, ſobald die Hand erreichbar iſt, auf Verbeſſerung
dieſer Gliederſtellung und regelmaͤßige Einleitung des Kopfes
gerichtet ſeyn muͤſſen. Man verfaͤhrt zu dieſem Endzweck
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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