naturgemäß in der Periode des Wochenbetts vor sich gehenden Revolution im Innern des weiblichen Körpers.
§. 1611.
Inwiefern also auch die besondern Erscheinungen des Kindbettfiebers, als z. B. Bauchfellentzündung und Ausschwiz- zungen in der Bauchhöhle sehr wohl auch andern Krankheiten gemein seyn können, so bekommt das Ganze doch stets einen eigen- thümlichen Charakter schon durch die Periode innerhalb welcher es sich ereignet; einen Charakter, welcher übrigens allerdings besser mit gesunden Sinnen und scharfem Auffassungsvermögen in der Natur zu erkennen, als mit Worten zu definiren ist. Jedoch dieses gilt eben so von den meisten, wenn nicht von allen Lebenserscheinungen, denn die Natur, als ein ewig Wan- delbares, duldet selten das Einkerkern in die festen Schranken eines mit Worten auszusprechenden Begriffs.
§. 1612.
Halten wir uns also sonach berechtigt, diese Krankheit für eine eigenthümliche, nur dieser Periode angehörige zu er- klären, so kommt es nun darauf an, das Wesentliche der- selben etwas näher zu schildern. Hier ist es nun, wo die Aerzte am allermeisten von einander abgewichen sind, indem sie bald bloße Unterdrückung der Milchsekretion, bald gastrische Zustände, bald Unterdrückung des Lochienflusses, bald Entzün- dungen u. s. w. als Wesen der Krankheit zu schildern bemüht waren *), ja auch wohl dadurch sich zu helfen suchten daß sie (wie dieß von Schmidtmüller geschah) mehrere Arten des Kindbettfiebers annahmen, wovon einige durch Milchver- setzungen, andere durch gastrische Zustände u. s. w. zu Stande
*) M. s. die verschiedenen Ansichten älterer Aerzte sehr zweckmäßig zu- sammengestellt bei Schmidtmüller (medicinische Geburtshülfe 2 Thl. S. 102 u. s.)
naturgemaͤß in der Periode des Wochenbetts vor ſich gehenden Revolution im Innern des weiblichen Koͤrpers.
§. 1611.
Inwiefern alſo auch die beſondern Erſcheinungen des Kindbettfiebers, als z. B. Bauchfellentzuͤndung und Ausſchwiz- zungen in der Bauchhoͤhle ſehr wohl auch andern Krankheiten gemein ſeyn koͤnnen, ſo bekommt das Ganze doch ſtets einen eigen- thuͤmlichen Charakter ſchon durch die Periode innerhalb welcher es ſich ereignet; einen Charakter, welcher uͤbrigens allerdings beſſer mit geſunden Sinnen und ſcharfem Auffaſſungsvermoͤgen in der Natur zu erkennen, als mit Worten zu definiren iſt. Jedoch dieſes gilt eben ſo von den meiſten, wenn nicht von allen Lebenserſcheinungen, denn die Natur, als ein ewig Wan- delbares, duldet ſelten das Einkerkern in die feſten Schranken eines mit Worten auszuſprechenden Begriffs.
§. 1612.
Halten wir uns alſo ſonach berechtigt, dieſe Krankheit fuͤr eine eigenthuͤmliche, nur dieſer Periode angehoͤrige zu er- klaͤren, ſo kommt es nun darauf an, das Weſentliche der- ſelben etwas naͤher zu ſchildern. Hier iſt es nun, wo die Aerzte am allermeiſten von einander abgewichen ſind, indem ſie bald bloße Unterdruͤckung der Milchſekretion, bald gaſtriſche Zuſtaͤnde, bald Unterdruͤckung des Lochienfluſſes, bald Entzuͤn- dungen u. ſ. w. als Weſen der Krankheit zu ſchildern bemuͤht waren *), ja auch wohl dadurch ſich zu helfen ſuchten daß ſie (wie dieß von Schmidtmuͤller geſchah) mehrere Arten des Kindbettfiebers annahmen, wovon einige durch Milchver- ſetzungen, andere durch gaſtriſche Zuſtaͤnde u. ſ. w. zu Stande
*) M. ſ. die verſchiedenen Anſichten aͤlterer Aerzte ſehr zweckmaͤßig zu- ſammengeſtellt bei Schmidtmuͤller (mediciniſche Geburtshuͤlfe 2 Thl. S. 102 u. ſ.)
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naturgemaͤß in der Periode des Wochenbetts
vor ſich gehenden Revolution im Innern des
weiblichen Koͤrpers.
§. 1611.
Inwiefern alſo auch die beſondern Erſcheinungen des
Kindbettfiebers, als z. B. Bauchfellentzuͤndung und Ausſchwiz-
zungen in der Bauchhoͤhle ſehr wohl auch andern Krankheiten
gemein ſeyn koͤnnen, ſo bekommt das Ganze doch ſtets einen eigen-
thuͤmlichen Charakter ſchon durch die Periode innerhalb welcher
es ſich ereignet; einen Charakter, welcher uͤbrigens allerdings
beſſer mit geſunden Sinnen und ſcharfem Auffaſſungsvermoͤgen
in der Natur zu erkennen, als mit Worten zu definiren iſt.
Jedoch dieſes gilt eben ſo von den meiſten, wenn nicht von
allen Lebenserſcheinungen, denn die Natur, als ein ewig Wan-
delbares, duldet ſelten das Einkerkern in die feſten Schranken
eines mit Worten auszuſprechenden Begriffs.
§. 1612.
Halten wir uns alſo ſonach berechtigt, dieſe Krankheit
fuͤr eine eigenthuͤmliche, nur dieſer Periode angehoͤrige zu er-
klaͤren, ſo kommt es nun darauf an, das Weſentliche der-
ſelben etwas naͤher zu ſchildern. Hier iſt es nun, wo die
Aerzte am allermeiſten von einander abgewichen ſind, indem
ſie bald bloße Unterdruͤckung der Milchſekretion, bald gaſtriſche
Zuſtaͤnde, bald Unterdruͤckung des Lochienfluſſes, bald Entzuͤn-
dungen u. ſ. w. als Weſen der Krankheit zu ſchildern bemuͤht
waren *), ja auch wohl dadurch ſich zu helfen ſuchten daß
ſie (wie dieß von Schmidtmuͤller geſchah) mehrere Arten
des Kindbettfiebers annahmen, wovon einige durch Milchver-
ſetzungen, andere durch gaſtriſche Zuſtaͤnde u. ſ. w. zu Stande
*) M. ſ. die verſchiedenen Anſichten aͤlterer Aerzte ſehr zweckmaͤßig zu-
ſammengeſtellt bei Schmidtmuͤller (mediciniſche Geburtshuͤlfe
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/599>, abgerufen am 22.11.2024.
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