lich ist) sich darstellt, obwohl völliges gleichzeitiges Ausbilden männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane in einem Indivi- duo nie vorgekommen ist. -- So wichtig diese Abweichungen für Physiologie und insbesondre für Entwicklungsgeschichte der Geschlechtstheile sind, so wenig bietet hierbei ärztlicher Be- handlung sich dar, und sie können daher hier auch nur kurz aufgeführt werden *) insoweit der Arzt die Eintheilung der- selben kennen muß, um in zweifelhaften Fällen zu bestimmen, welchem Geschlecht vorzüglich ein solches verbildetes Kind an- gehöre.
§. 1671.
Man pflegt aber die Zwitterbildungen einzutheilen in 1) Androgyni, männliche Individuen bei welchen durch Spal- dung des Hodensacks, Zurückbleiben der Hoden, Kleinheit und nicht Durchbohrtseyn der Ruthe, und Oeffnung der Harnröhre unterhalb der Ruthe, Aehnlichkeit mit den weiblichen Ge- schlechtstheilen entsteht. 2) Androgynae, weibliche Indivi- duen bei welchen durch Verengerung oder Verwachsung der Vagina und durch vergrößerte Clitoris eine Aehnlichkeit mit den männlichen Geschlechtstheilen entsteht. 3) Hermaphroditi, wo ein wahrhaftes Doppeltwerden der Geschlechtstheile z. B. durch Entstehung eines Scheidenkanals und Rudiments vom Uterus bei entwickelten Hoden und Ruthe erscheint. 4. Neutri, wo die Geschlechtsorgane so mangelhaft oder überhaupt gar nicht entwickelt sind, daß das Individuum als völlig geschlechtslos zu betrachten ist. -- Nur in seltnen Fällen kann hier die Kunst für Umänderung solcher Deformitäten etwas ausrichten (wie etwa eine Atresie heben, zu große Clitoris durch Ab- bindung beseitigen u. s. w.), in der Regel müssen sie als un- heilbar, übrigens dem Leben nicht gefährlich, zurückbleiben.
*) M. s. diesen Gegenstand ausführlich erörtert von F. Meckel im XI. Bd. 3. Heft von Reil's Archiv für Phpsiol. und im 2. Bd. der pathol. Anatomie.
lich iſt) ſich darſtellt, obwohl voͤlliges gleichzeitiges Ausbilden maͤnnlicher und weiblicher Geſchlechtsorgane in einem Indivi- duo nie vorgekommen iſt. — So wichtig dieſe Abweichungen fuͤr Phyſiologie und insbeſondre fuͤr Entwicklungsgeſchichte der Geſchlechtstheile ſind, ſo wenig bietet hierbei aͤrztlicher Be- handlung ſich dar, und ſie koͤnnen daher hier auch nur kurz aufgefuͤhrt werden *) inſoweit der Arzt die Eintheilung der- ſelben kennen muß, um in zweifelhaften Faͤllen zu beſtimmen, welchem Geſchlecht vorzuͤglich ein ſolches verbildetes Kind an- gehoͤre.
§. 1671.
Man pflegt aber die Zwitterbildungen einzutheilen in 1) Androgyni, maͤnnliche Individuen bei welchen durch Spal- dung des Hodenſacks, Zuruͤckbleiben der Hoden, Kleinheit und nicht Durchbohrtſeyn der Ruthe, und Oeffnung der Harnroͤhre unterhalb der Ruthe, Aehnlichkeit mit den weiblichen Ge- ſchlechtstheilen entſteht. 2) Androgynae, weibliche Indivi- duen bei welchen durch Verengerung oder Verwachſung der Vagina und durch vergroͤßerte Clitoris eine Aehnlichkeit mit den maͤnnlichen Geſchlechtstheilen entſteht. 3) Hermaphroditi, wo ein wahrhaftes Doppeltwerden der Geſchlechtstheile z. B. durch Entſtehung eines Scheidenkanals und Rudiments vom Uterus bei entwickelten Hoden und Ruthe erſcheint. 4. Neutri, wo die Geſchlechtsorgane ſo mangelhaft oder uͤberhaupt gar nicht entwickelt ſind, daß das Individuum als voͤllig geſchlechtslos zu betrachten iſt. — Nur in ſeltnen Faͤllen kann hier die Kunſt fuͤr Umaͤnderung ſolcher Deformitaͤten etwas ausrichten (wie etwa eine Atreſie heben, zu große Clitoris durch Ab- bindung beſeitigen u. ſ. w.), in der Regel muͤſſen ſie als un- heilbar, uͤbrigens dem Leben nicht gefaͤhrlich, zuruͤckbleiben.
*) M. ſ. dieſen Gegenſtand ausfuͤhrlich eroͤrtert von F. Meckel im XI. Bd. 3. Heft von Reil’s Archiv fuͤr Phpſiol. und im 2. Bd. der pathol. Anatomie.
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maͤnnlicher und weiblicher Geſchlechtsorgane in einem Indivi-
duo nie vorgekommen iſt. — So wichtig dieſe Abweichungen
fuͤr Phyſiologie und insbeſondre fuͤr Entwicklungsgeſchichte der
Geſchlechtstheile ſind, ſo wenig bietet hierbei aͤrztlicher Be-
handlung ſich dar, und ſie koͤnnen daher hier auch nur kurz
aufgefuͤhrt werden *) inſoweit der Arzt die Eintheilung der-
ſelben kennen muß, um in zweifelhaften Faͤllen zu beſtimmen,
welchem Geſchlecht vorzuͤglich ein ſolches verbildetes Kind an-
gehoͤre.
§. 1671.
Man pflegt aber die Zwitterbildungen einzutheilen in
1) Androgyni, maͤnnliche Individuen bei welchen durch Spal-
dung des Hodenſacks, Zuruͤckbleiben der Hoden, Kleinheit und
nicht Durchbohrtſeyn der Ruthe, und Oeffnung der Harnroͤhre
unterhalb der Ruthe, Aehnlichkeit mit den weiblichen Ge-
ſchlechtstheilen entſteht. 2) Androgynae, weibliche Indivi-
duen bei welchen durch Verengerung oder Verwachſung der
Vagina und durch vergroͤßerte Clitoris eine Aehnlichkeit mit
den maͤnnlichen Geſchlechtstheilen entſteht. 3) Hermaphroditi,
wo ein wahrhaftes Doppeltwerden der Geſchlechtstheile z. B. durch
Entſtehung eines Scheidenkanals und Rudiments vom Uterus
bei entwickelten Hoden und Ruthe erſcheint. 4. Neutri, wo
die Geſchlechtsorgane ſo mangelhaft oder uͤberhaupt gar nicht
entwickelt ſind, daß das Individuum als voͤllig geſchlechtslos
zu betrachten iſt. — Nur in ſeltnen Faͤllen kann hier die
Kunſt fuͤr Umaͤnderung ſolcher Deformitaͤten etwas ausrichten
(wie etwa eine Atreſie heben, zu große Clitoris durch Ab-
bindung beſeitigen u. ſ. w.), in der Regel muͤſſen ſie als un-
heilbar, uͤbrigens dem Leben nicht gefaͤhrlich, zuruͤckbleiben.
*) M. ſ. dieſen Gegenſtand ausfuͤhrlich eroͤrtert von F. Meckel im
XI. Bd. 3. Heft von Reil’s Archiv fuͤr Phpſiol. und im 2. Bd.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/637>, abgerufen am 22.11.2024.
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