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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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wegen noch mangelndem Fett, noch etwas faltig und mit
feinem Haar bedeckt, die Nägel sind mehr ausgebildet, ob-
wohl noch weich. Die Hoden rücken beim männlichen Em-
bryo schon den Bauchringen näher, im weiblichen Embryo
sind die Schamlefzen mehr entwickelt, jedoch immer noch die
kleinern so wie die Klitoris stärker hervorragend. Des Frucht-
wassers ist verhältnißmäßig weniger, das falsche Wasser ist
oft schon ganz verschwunden, der Nabelstrang gleicht an Länge
dem Kinde, hat aber schon ziemlich seine völlige Dicke. --
Kinder in diesem Monate geboren leben zuweilen allerdings
schon eine Reihe von mehrern Stunden, können aber nicht
fortleben.

§. 711.

Siebenter Monat. Der Fetus wird jetzt in seinem
Aeußern immer mehr dem Aussehen des reifen Kindes ge-
nähert, die Länge beträgt bis 16 Zoll, das Gewicht 2 bis
21/2 Pfund. Die Hoden, namentlich der linke, rücken jetzt
durch den Bauchring hervor, die Augenlider fangen an sich
zu öffnen, die ersten Kopfhaare zeigen sich, und die Lanugo
ist dichter und länger. Der Kopf selbst senkt sich jetzt be-
stimmter gegen das kleine Becken herab, und wird dem un-
tersuchenden Finger fühlbar, obwohl man dieß Herabsenken
nicht im Sinn der ältern Geburtshelfer nehmen darf, welche
glaubten, daß das Kind bis in die letzte Zeit der Schwan-
gerschaft aufrecht im Uterus sitze, und nun erst plötzlich sich
umkehre oder stürze, von welchem Stürzen (Culbute) man
so manche Beschwerden der Schwangern abzuleiten wußte *).
Wird das Kind im siebenten Monate geboren, so lebt es
zwar zuweilen nicht nur einige Stunden, sondern selbst Tage
lang, kann aber demungeachtet schwerlich je erhalten werden.


*) Zu dem Glauben an dieses Stürzen scheint vorzüglich das aller-
dings richtige und merkwürdige Faktum veranlaßt zu haben, daß
die meisten unzeitigen Geburten als Steis- oder Fußgeburten ver-
laufen. Allein es fragt sich, ob nicht vielmehr anzunehmen ist, daß
regelwidrig liegende Früchte leichter zu zeitig ausgestoßen werden?

wegen noch mangelndem Fett, noch etwas faltig und mit
feinem Haar bedeckt, die Naͤgel ſind mehr ausgebildet, ob-
wohl noch weich. Die Hoden ruͤcken beim maͤnnlichen Em-
bryo ſchon den Bauchringen naͤher, im weiblichen Embryo
ſind die Schamlefzen mehr entwickelt, jedoch immer noch die
kleinern ſo wie die Klitoris ſtaͤrker hervorragend. Des Frucht-
waſſers iſt verhaͤltnißmaͤßig weniger, das falſche Waſſer iſt
oft ſchon ganz verſchwunden, der Nabelſtrang gleicht an Laͤnge
dem Kinde, hat aber ſchon ziemlich ſeine voͤllige Dicke. —
Kinder in dieſem Monate geboren leben zuweilen allerdings
ſchon eine Reihe von mehrern Stunden, koͤnnen aber nicht
fortleben.

§. 711.

Siebenter Monat. Der Fetus wird jetzt in ſeinem
Aeußern immer mehr dem Ausſehen des reifen Kindes ge-
naͤhert, die Laͤnge betraͤgt bis 16 Zoll, das Gewicht 2 bis
2½ Pfund. Die Hoden, namentlich der linke, ruͤcken jetzt
durch den Bauchring hervor, die Augenlider fangen an ſich
zu oͤffnen, die erſten Kopfhaare zeigen ſich, und die Lanugo
iſt dichter und laͤnger. Der Kopf ſelbſt ſenkt ſich jetzt be-
ſtimmter gegen das kleine Becken herab, und wird dem un-
terſuchenden Finger fuͤhlbar, obwohl man dieß Herabſenken
nicht im Sinn der aͤltern Geburtshelfer nehmen darf, welche
glaubten, daß das Kind bis in die letzte Zeit der Schwan-
gerſchaft aufrecht im Uterus ſitze, und nun erſt ploͤtzlich ſich
umkehre oder ſtuͤrze, von welchem Stuͤrzen (Culbute) man
ſo manche Beſchwerden der Schwangern abzuleiten wußte *).
Wird das Kind im ſiebenten Monate geboren, ſo lebt es
zwar zuweilen nicht nur einige Stunden, ſondern ſelbſt Tage
lang, kann aber demungeachtet ſchwerlich je erhalten werden.


*) Zu dem Glauben an dieſes Stuͤrzen ſcheint vorzuͤglich das aller-
dings richtige und merkwuͤrdige Faktum veranlaßt zu haben, daß
die meiſten unzeitigen Geburten als Steis- oder Fußgeburten ver-
laufen. Allein es fragt ſich, ob nicht vielmehr anzunehmen iſt, daß
regelwidrig liegende Fruͤchte leichter zu zeitig ausgeſtoßen werden?
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[43/0065] wegen noch mangelndem Fett, noch etwas faltig und mit feinem Haar bedeckt, die Naͤgel ſind mehr ausgebildet, ob- wohl noch weich. Die Hoden ruͤcken beim maͤnnlichen Em- bryo ſchon den Bauchringen naͤher, im weiblichen Embryo ſind die Schamlefzen mehr entwickelt, jedoch immer noch die kleinern ſo wie die Klitoris ſtaͤrker hervorragend. Des Frucht- waſſers iſt verhaͤltnißmaͤßig weniger, das falſche Waſſer iſt oft ſchon ganz verſchwunden, der Nabelſtrang gleicht an Laͤnge dem Kinde, hat aber ſchon ziemlich ſeine voͤllige Dicke. — Kinder in dieſem Monate geboren leben zuweilen allerdings ſchon eine Reihe von mehrern Stunden, koͤnnen aber nicht fortleben. §. 711. Siebenter Monat. Der Fetus wird jetzt in ſeinem Aeußern immer mehr dem Ausſehen des reifen Kindes ge- naͤhert, die Laͤnge betraͤgt bis 16 Zoll, das Gewicht 2 bis 2½ Pfund. Die Hoden, namentlich der linke, ruͤcken jetzt durch den Bauchring hervor, die Augenlider fangen an ſich zu oͤffnen, die erſten Kopfhaare zeigen ſich, und die Lanugo iſt dichter und laͤnger. Der Kopf ſelbſt ſenkt ſich jetzt be- ſtimmter gegen das kleine Becken herab, und wird dem un- terſuchenden Finger fuͤhlbar, obwohl man dieß Herabſenken nicht im Sinn der aͤltern Geburtshelfer nehmen darf, welche glaubten, daß das Kind bis in die letzte Zeit der Schwan- gerſchaft aufrecht im Uterus ſitze, und nun erſt ploͤtzlich ſich umkehre oder ſtuͤrze, von welchem Stuͤrzen (Culbute) man ſo manche Beſchwerden der Schwangern abzuleiten wußte *). Wird das Kind im ſiebenten Monate geboren, ſo lebt es zwar zuweilen nicht nur einige Stunden, ſondern ſelbſt Tage lang, kann aber demungeachtet ſchwerlich je erhalten werden. *) Zu dem Glauben an dieſes Stuͤrzen ſcheint vorzuͤglich das aller- dings richtige und merkwuͤrdige Faktum veranlaßt zu haben, daß die meiſten unzeitigen Geburten als Steis- oder Fußgeburten ver- laufen. Allein es fragt ſich, ob nicht vielmehr anzunehmen iſt, daß regelwidrig liegende Fruͤchte leichter zu zeitig ausgeſtoßen werden?

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/65>, abgerufen am 21.11.2024.