auszumittelnden Bedingungen, an welche in den uns zugänglichen Bereichen des Lebens das Auftreten irgend eines Bewußtseins, also zu¬ nächst des Weltbewußtseins unerläßlich geknüpft ist. Vergleichen wir aber die verschiedenen Lebendigen, achten wir auf die Entwicklungsgeschichte unsers eignen Gliedbaues, und wir müssen vor allen Dingen erkennen, daß zuerst nur unter der Bedingung einer gewissen durch das Walten der noch unbewußten Idee entwickelten Bildung, nur bei einer gewissen Anordnung des innern Gliedbaues eines organischen Wesens, die Idee in sich zum Bewußtsein gelangen könne. Es muß namentlich ein Ge¬ bilde erscheinen, an welchem die feinsten Polarisationen des innern Grundgedankens des Ganzen immerfort sich be¬ thätigen können, ein Gebilde, welches als ein rein see¬ lisches, gleich der ersten organischen Ursubstanz, durch¬ aus impressionabel bleibt von der Idee aus, ohne jedoch durch diese Impressionen zu heterogenen Bildungen umgestaltet zu werden; und ein solches Gebilde ist, wie die frühern Betrachtungen der verschiedenen Systeme zeigten, nur das Nervensystem. Hiebei muß nun allerdings, wenn in diesem System die erste Bedingung des Bewußt¬ seins gegeben ist, doch schon die primitive Idee gedacht werden als von derjenigen Energie seiend, welche in ihrem an der Substanz sich Darleben, die Entwicklung eines sol¬ chen Systems, eines Nervensystems gefordert hat, und so¬ mit liegt immer der allererste Grund zur Möglichkeit eines Bewußtseins doch wieder wesentlich in der Idee selbst; allein nichts desto weniger ist es gewiß, daß, so weit uns Organismen bekannt sind, bevor nicht eben diese Ausbildung des Nervensystems eine ge¬ wisse Reife erlangt hat, unmöglich irgend ein Bewußt¬ sein, irgend ein Wissen vom eignen Zustande sich aus¬ bilden könne. Der Grund davon liegt in Folgendem: Nur wo ein Nervensystem als eine besondere primitive
auszumittelnden Bedingungen, an welche in den uns zugänglichen Bereichen des Lebens das Auftreten irgend eines Bewußtſeins, alſo zu¬ nächſt des Weltbewußtſeins unerläßlich geknüpft iſt. Vergleichen wir aber die verſchiedenen Lebendigen, achten wir auf die Entwicklungsgeſchichte unſers eignen Gliedbaues, und wir müſſen vor allen Dingen erkennen, daß zuerſt nur unter der Bedingung einer gewiſſen durch das Walten der noch unbewußten Idee entwickelten Bildung, nur bei einer gewiſſen Anordnung des innern Gliedbaues eines organiſchen Weſens, die Idee in ſich zum Bewußtſein gelangen könne. Es muß namentlich ein Ge¬ bilde erſcheinen, an welchem die feinſten Polariſationen des innern Grundgedankens des Ganzen immerfort ſich be¬ thätigen können, ein Gebilde, welches als ein rein ſee¬ liſches, gleich der erſten organiſchen Urſubſtanz, durch¬ aus impreſſionabel bleibt von der Idee aus, ohne jedoch durch dieſe Impreſſionen zu heterogenen Bildungen umgeſtaltet zu werden; und ein ſolches Gebilde iſt, wie die frühern Betrachtungen der verſchiedenen Syſteme zeigten, nur das Nervenſyſtem. Hiebei muß nun allerdings, wenn in dieſem Syſtem die erſte Bedingung des Bewußt¬ ſeins gegeben iſt, doch ſchon die primitive Idee gedacht werden als von derjenigen Energie ſeiend, welche in ihrem an der Subſtanz ſich Darleben, die Entwicklung eines ſol¬ chen Syſtems, eines Nervenſyſtems gefordert hat, und ſo¬ mit liegt immer der allererſte Grund zur Möglichkeit eines Bewußtſeins doch wieder weſentlich in der Idee ſelbſt; allein nichts deſto weniger iſt es gewiß, daß, ſo weit uns Organismen bekannt ſind, bevor nicht eben dieſe Ausbildung des Nervenſyſtems eine ge¬ wiſſe Reife erlangt hat, unmöglich irgend ein Bewußt¬ ſein, irgend ein Wiſſen vom eignen Zuſtande ſich aus¬ bilden könne. Der Grund davon liegt in Folgendem: Nur wo ein Nervenſyſtem als eine beſondere primitive
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0118"n="102"/>
auszumittelnden <hirendition="#g">Bedingungen</hi>, <hirendition="#g">an welche in den<lb/>
uns zugänglichen Bereichen des Lebens das<lb/>
Auftreten irgend eines Bewußtſeins</hi>, <hirendition="#g">alſo zu¬<lb/>
nächſt des Weltbewußtſeins unerläßlich geknüpft<lb/>
iſt</hi>. Vergleichen wir aber die verſchiedenen Lebendigen,<lb/>
achten wir auf die Entwicklungsgeſchichte unſers eignen<lb/>
Gliedbaues, und wir müſſen vor allen Dingen erkennen,<lb/>
daß zuerſt <hirendition="#g">nur unter der Bedingung</hi> einer gewiſſen<lb/>
durch das Walten der noch unbewußten Idee entwickelten<lb/>
Bildung, nur bei einer gewiſſen Anordnung des innern<lb/>
Gliedbaues eines organiſchen Weſens, die Idee in ſich zum<lb/>
Bewußtſein gelangen könne. Es muß namentlich ein Ge¬<lb/>
bilde erſcheinen, an welchem die feinſten Polariſationen<lb/>
des innern Grundgedankens des Ganzen immerfort ſich be¬<lb/>
thätigen können, ein Gebilde, welches als <hirendition="#g">ein rein ſee¬<lb/>
liſches</hi>, <hirendition="#g">gleich</hi> der erſten organiſchen Urſubſtanz, durch¬<lb/>
aus <hirendition="#g">impreſſionabel</hi> bleibt von der Idee aus, ohne<lb/>
jedoch durch dieſe Impreſſionen zu heterogenen Bildungen<lb/>
umgeſtaltet zu werden; und ein ſolches Gebilde iſt, wie die<lb/>
frühern Betrachtungen der verſchiedenen Syſteme zeigten,<lb/><hirendition="#g">nur das Nervenſyſtem</hi>. Hiebei muß nun allerdings,<lb/>
wenn in dieſem Syſtem die erſte Bedingung des Bewußt¬<lb/>ſeins gegeben iſt, doch ſchon die primitive Idee gedacht<lb/>
werden als von derjenigen Energie ſeiend, welche in ihrem<lb/>
an der Subſtanz ſich Darleben, die Entwicklung eines ſol¬<lb/>
chen Syſtems, eines Nervenſyſtems gefordert hat, und ſo¬<lb/>
mit liegt immer <hirendition="#g">der allererſte Grund</hi> zur Möglichkeit<lb/>
eines Bewußtſeins doch wieder weſentlich in der Idee<lb/>ſelbſt; allein nichts deſto weniger iſt es gewiß, daß,<lb/><hirendition="#g">ſo weit uns Organismen bekannt ſind</hi>, bevor<lb/>
nicht eben dieſe Ausbildung des Nervenſyſtems eine ge¬<lb/>
wiſſe Reife erlangt hat, unmöglich irgend ein Bewußt¬<lb/>ſein, irgend ein Wiſſen vom eignen Zuſtande ſich aus¬<lb/>
bilden könne. Der Grund davon liegt in Folgendem:<lb/>
Nur wo ein Nervenſyſtem als eine beſondere primitive<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[102/0118]
auszumittelnden Bedingungen, an welche in den
uns zugänglichen Bereichen des Lebens das
Auftreten irgend eines Bewußtſeins, alſo zu¬
nächſt des Weltbewußtſeins unerläßlich geknüpft
iſt. Vergleichen wir aber die verſchiedenen Lebendigen,
achten wir auf die Entwicklungsgeſchichte unſers eignen
Gliedbaues, und wir müſſen vor allen Dingen erkennen,
daß zuerſt nur unter der Bedingung einer gewiſſen
durch das Walten der noch unbewußten Idee entwickelten
Bildung, nur bei einer gewiſſen Anordnung des innern
Gliedbaues eines organiſchen Weſens, die Idee in ſich zum
Bewußtſein gelangen könne. Es muß namentlich ein Ge¬
bilde erſcheinen, an welchem die feinſten Polariſationen
des innern Grundgedankens des Ganzen immerfort ſich be¬
thätigen können, ein Gebilde, welches als ein rein ſee¬
liſches, gleich der erſten organiſchen Urſubſtanz, durch¬
aus impreſſionabel bleibt von der Idee aus, ohne
jedoch durch dieſe Impreſſionen zu heterogenen Bildungen
umgeſtaltet zu werden; und ein ſolches Gebilde iſt, wie die
frühern Betrachtungen der verſchiedenen Syſteme zeigten,
nur das Nervenſyſtem. Hiebei muß nun allerdings,
wenn in dieſem Syſtem die erſte Bedingung des Bewußt¬
ſeins gegeben iſt, doch ſchon die primitive Idee gedacht
werden als von derjenigen Energie ſeiend, welche in ihrem
an der Subſtanz ſich Darleben, die Entwicklung eines ſol¬
chen Syſtems, eines Nervenſyſtems gefordert hat, und ſo¬
mit liegt immer der allererſte Grund zur Möglichkeit
eines Bewußtſeins doch wieder weſentlich in der Idee
ſelbſt; allein nichts deſto weniger iſt es gewiß, daß,
ſo weit uns Organismen bekannt ſind, bevor
nicht eben dieſe Ausbildung des Nervenſyſtems eine ge¬
wiſſe Reife erlangt hat, unmöglich irgend ein Bewußt¬
ſein, irgend ein Wiſſen vom eignen Zuſtande ſich aus¬
bilden könne. Der Grund davon liegt in Folgendem:
Nur wo ein Nervenſyſtem als eine beſondere primitive
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/118>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.