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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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gewisser einzelner Lebenkreise unsers Mikrokosmus durch
das seelische System der Nerven hineingeleitet werde in
das Bewußtsein, kehrt sich auch wieder um, indem ge¬
wisse Reihen von Vorstellungen im Geiste, wieder unmittel¬
bar das ihnen homogene Gefühl in der Seele erregen und
dieses Gefühl nun abermals durch Nervenleitung jene ein¬
zelnen ihm entsprechende Lebenkreise afficirt. So z. B.
wenn im Geiste die Vorstellungen von Tod und Tren¬
nung wiederkehren, wird das ihnen entsprechende Gefühl
der Trauer, der Betrübniß, ebenfalls erwachen, und die
leitenden Primitivfasern vom Hirn aus werden nun nach
denjenigen Organen hin eine Innervationsströmung bedin¬
gen, welche eben durch ihre eigenthümlichen und von außen
veranlaßten Verstimmungen früher das Gefühl der Betrüb¬
niß in der Seele hervorrufen konnten; es wird also nicht
nur z. B. die Blutmetamorphose in dem gallbereitenden
Organe sofort ungestimmt, sondern ähnliche Absonderungs¬
organe im Kopfe werden erregt, die Thränendrüsen son¬
dern sofort stärker ab, das Weinen, das physische Symbol
innerlichster Betrübniß, gibt sich kund. Hier erkennt man
also recht deutlich wie verschiedne Vorgänge in solchem Falle
mit einem Male in Bewegung gesetzt werden mußten: das
Anregen der Vorstellungen und damit das wieder Anklingen
des Gefühls war das Erste. Die damit verbundne Aen¬
derung in der Spannung der Innervation der Hirnmasse
begründet alsdann als Zweites eine reagirende centrifugale
Strömung in den zu Leben- und Thränendrüsen verbrei¬
teten Nerven, und unmittelbar wird dadurch als ein Drit¬
tes dort das veränderte Blutleben und die veränderte
Ausscheidung hervorgerufen, und zwar ganz eben so her¬
vorgerufen als bei andern centrifugalen Innervationsströ¬
mungen in den Muskeln dort die Zusammenziehung und
Bewegung hervorgerufen wird. Wie daher bei dem Vor¬
stellungsleben man sagen konnte, es sei die Nervenleitung
so genau die Bedingung neu hinzugeführter Vorstellungen,

gewiſſer einzelner Lebenkreiſe unſers Mikrokosmus durch
das ſeeliſche Syſtem der Nerven hineingeleitet werde in
das Bewußtſein, kehrt ſich auch wieder um, indem ge¬
wiſſe Reihen von Vorſtellungen im Geiſte, wieder unmittel¬
bar das ihnen homogene Gefühl in der Seele erregen und
dieſes Gefühl nun abermals durch Nervenleitung jene ein¬
zelnen ihm entſprechende Lebenkreiſe afficirt. So z. B.
wenn im Geiſte die Vorſtellungen von Tod und Tren¬
nung wiederkehren, wird das ihnen entſprechende Gefühl
der Trauer, der Betrübniß, ebenfalls erwachen, und die
leitenden Primitivfaſern vom Hirn aus werden nun nach
denjenigen Organen hin eine Innervationsſtrömung bedin¬
gen, welche eben durch ihre eigenthümlichen und von außen
veranlaßten Verſtimmungen früher das Gefühl der Betrüb¬
niß in der Seele hervorrufen konnten; es wird alſo nicht
nur z. B. die Blutmetamorphoſe in dem gallbereitenden
Organe ſofort ungeſtimmt, ſondern ähnliche Abſonderungs¬
organe im Kopfe werden erregt, die Thränendrüſen ſon¬
dern ſofort ſtärker ab, das Weinen, das phyſiſche Symbol
innerlichſter Betrübniß, gibt ſich kund. Hier erkennt man
alſo recht deutlich wie verſchiedne Vorgänge in ſolchem Falle
mit einem Male in Bewegung geſetzt werden mußten: das
Anregen der Vorſtellungen und damit das wieder Anklingen
des Gefühls war das Erſte. Die damit verbundne Aen¬
derung in der Spannung der Innervation der Hirnmaſſe
begründet alsdann als Zweites eine reagirende centrifugale
Strömung in den zu Leben- und Thränendrüſen verbrei¬
teten Nerven, und unmittelbar wird dadurch als ein Drit¬
tes dort das veränderte Blutleben und die veränderte
Ausſcheidung hervorgerufen, und zwar ganz eben ſo her¬
vorgerufen als bei andern centrifugalen Innervationsſtrö¬
mungen in den Muskeln dort die Zuſammenziehung und
Bewegung hervorgerufen wird. Wie daher bei dem Vor¬
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[197/0213] gewiſſer einzelner Lebenkreiſe unſers Mikrokosmus durch das ſeeliſche Syſtem der Nerven hineingeleitet werde in das Bewußtſein, kehrt ſich auch wieder um, indem ge¬ wiſſe Reihen von Vorſtellungen im Geiſte, wieder unmittel¬ bar das ihnen homogene Gefühl in der Seele erregen und dieſes Gefühl nun abermals durch Nervenleitung jene ein¬ zelnen ihm entſprechende Lebenkreiſe afficirt. So z. B. wenn im Geiſte die Vorſtellungen von Tod und Tren¬ nung wiederkehren, wird das ihnen entſprechende Gefühl der Trauer, der Betrübniß, ebenfalls erwachen, und die leitenden Primitivfaſern vom Hirn aus werden nun nach denjenigen Organen hin eine Innervationsſtrömung bedin¬ gen, welche eben durch ihre eigenthümlichen und von außen veranlaßten Verſtimmungen früher das Gefühl der Betrüb¬ niß in der Seele hervorrufen konnten; es wird alſo nicht nur z. B. die Blutmetamorphoſe in dem gallbereitenden Organe ſofort ungeſtimmt, ſondern ähnliche Abſonderungs¬ organe im Kopfe werden erregt, die Thränendrüſen ſon¬ dern ſofort ſtärker ab, das Weinen, das phyſiſche Symbol innerlichſter Betrübniß, gibt ſich kund. Hier erkennt man alſo recht deutlich wie verſchiedne Vorgänge in ſolchem Falle mit einem Male in Bewegung geſetzt werden mußten: das Anregen der Vorſtellungen und damit das wieder Anklingen des Gefühls war das Erſte. Die damit verbundne Aen¬ derung in der Spannung der Innervation der Hirnmaſſe begründet alsdann als Zweites eine reagirende centrifugale Strömung in den zu Leben- und Thränendrüſen verbrei¬ teten Nerven, und unmittelbar wird dadurch als ein Drit¬ tes dort das veränderte Blutleben und die veränderte Ausſcheidung hervorgerufen, und zwar ganz eben ſo her¬ vorgerufen als bei andern centrifugalen Innervationsſtrö¬ mungen in den Muskeln dort die Zuſammenziehung und Bewegung hervorgerufen wird. Wie daher bei dem Vor¬ ſtellungsleben man ſagen konnte, es ſei die Nervenleitung ſo genau die Bedingung neu hinzugeführter Vorſtellungen,

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/213>, abgerufen am 21.11.2024.