ist zur naturgemäßen Beurtheilung des Seelenlebens von außerordentlicher Wichtigkeit, und wird vorzüglich, wenn wir zur Erwägung der Lebensvorgänge in der Thierseele kommen, von höchster Förderung für bessere Einsicht sein können.
Wenn jedoch oben erwähnt wurde, daß Bewußtes vom Unbewußten in demselben Verhältnisse, wie Freies vom Nothwendigen sich unterscheide, so ist damit keines¬ wegs bloß und allein von irgend einer That oder Thätig¬ keit des gereiften Lebens die Rede, sondern wir müssen zugleich daran erinnern -- was sich wesentlich übrigens schon aus der Geschichte der durch ein absolut und allgemein unbewußtes Walten der Idee fortschreitenden primitiven Entwicklung des Organismus ergab -- daß nämlich auch die Nothwendigkeit und der Zwang, vermöge deren jedes Individuum ein besonderes und eigenthümliches sein muß und jede Seele nur als eine besondere sich entwickeln kann, einzig und allein in dem Reiche des Unbewußten entspringe. Das ist es ja ungefähr, was Göthe den Dämon in uns nennt, von dem er sagt:
"Nach dem Gesetz, wonach du angetreten, So mußt du sein, du kannst dir nicht entflieh'n, Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt Geprägte Form, die lebend sich entwickelt."
In wie fern daher aus dem Vorigen klar ist, daß alles bewußte Seelenleben sich nur aus dem schlechthin Unbewußten der Idee allmählig hervorbildet, daß nur aus der dunkeln Erfühlung das Selbstgefühl und zuhöchst das Selbstbewußtsein hervorgeht, wie aus der Innerung die Erinnerung, und aus der nothwendigen Thätigkeit die freie That, so muß gegenwärtig auch eingesehen werden, wie eine gewisse erste nothwendige Eigenthümlichkeit des Unbe¬ wußten, die Bedingung werde, daß eben so nun auch alle einzelnen Regungen der bewußten Seele vom Unbewußten aus eine bestimmte bleibende Färbung, eine gewisse noth¬ wendige Eigenthümlichkeit annehmen, und das ist denn
iſt zur naturgemäßen Beurtheilung des Seelenlebens von außerordentlicher Wichtigkeit, und wird vorzüglich, wenn wir zur Erwägung der Lebensvorgänge in der Thierſeele kommen, von höchſter Förderung für beſſere Einſicht ſein können.
Wenn jedoch oben erwähnt wurde, daß Bewußtes vom Unbewußten in demſelben Verhältniſſe, wie Freies vom Nothwendigen ſich unterſcheide, ſo iſt damit keines¬ wegs bloß und allein von irgend einer That oder Thätig¬ keit des gereiften Lebens die Rede, ſondern wir müſſen zugleich daran erinnern — was ſich weſentlich übrigens ſchon aus der Geſchichte der durch ein abſolut und allgemein unbewußtes Walten der Idee fortſchreitenden primitiven Entwicklung des Organismus ergab — daß nämlich auch die Nothwendigkeit und der Zwang, vermöge deren jedes Individuum ein beſonderes und eigenthümliches ſein muß und jede Seele nur als eine beſondere ſich entwickeln kann, einzig und allein in dem Reiche des Unbewußten entſpringe. Das iſt es ja ungefähr, was Göthe den Dämon in uns nennt, von dem er ſagt:
„Nach dem Geſetz, wonach du angetreten, So mußt du ſein, du kannſt dir nicht entflieh’n, Und keine Zeit und keine Macht zerſtückelt Geprägte Form, die lebend ſich entwickelt.“
In wie fern daher aus dem Vorigen klar iſt, daß alles bewußte Seelenleben ſich nur aus dem ſchlechthin Unbewußten der Idee allmählig hervorbildet, daß nur aus der dunkeln Erfühlung das Selbſtgefühl und zuhöchſt das Selbſtbewußtſein hervorgeht, wie aus der Innerung die Erinnerung, und aus der nothwendigen Thätigkeit die freie That, ſo muß gegenwärtig auch eingeſehen werden, wie eine gewiſſe erſte nothwendige Eigenthümlichkeit des Unbe¬ wußten, die Bedingung werde, daß eben ſo nun auch alle einzelnen Regungen der bewußten Seele vom Unbewußten aus eine beſtimmte bleibende Färbung, eine gewiſſe noth¬ wendige Eigenthümlichkeit annehmen, und das iſt denn
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iſt zur naturgemäßen Beurtheilung des Seelenlebens von
außerordentlicher Wichtigkeit, und wird vorzüglich, wenn
wir zur Erwägung der Lebensvorgänge in der
Thierſeele kommen, von höchſter Förderung für beſſere
Einſicht ſein können.
Wenn jedoch oben erwähnt wurde, daß Bewußtes
vom Unbewußten in demſelben Verhältniſſe, wie Freies
vom Nothwendigen ſich unterſcheide, ſo iſt damit keines¬
wegs bloß und allein von irgend einer That oder Thätig¬
keit des gereiften Lebens die Rede, ſondern wir müſſen
zugleich daran erinnern — was ſich weſentlich übrigens
ſchon aus der Geſchichte der durch ein abſolut und allgemein
unbewußtes Walten der Idee fortſchreitenden primitiven
Entwicklung des Organismus ergab — daß nämlich auch
die Nothwendigkeit und der Zwang, vermöge deren jedes
Individuum ein beſonderes und eigenthümliches ſein muß
und jede Seele nur als eine beſondere ſich entwickeln
kann, einzig und allein in dem Reiche des Unbewußten
entſpringe. Das iſt es ja ungefähr, was Göthe den
Dämon in uns nennt, von dem er ſagt:
„Nach dem Geſetz, wonach du angetreten,
So mußt du ſein, du kannſt dir nicht entflieh’n,
Und keine Zeit und keine Macht zerſtückelt
Geprägte Form, die lebend ſich entwickelt.“
In wie fern daher aus dem Vorigen klar iſt, daß
alles bewußte Seelenleben ſich nur aus dem ſchlechthin
Unbewußten der Idee allmählig hervorbildet, daß nur aus
der dunkeln Erfühlung das Selbſtgefühl und zuhöchſt das
Selbſtbewußtſein hervorgeht, wie aus der Innerung die
Erinnerung, und aus der nothwendigen Thätigkeit die freie
That, ſo muß gegenwärtig auch eingeſehen werden, wie
eine gewiſſe erſte nothwendige Eigenthümlichkeit des Unbe¬
wußten, die Bedingung werde, daß eben ſo nun auch alle
einzelnen Regungen der bewußten Seele vom Unbewußten
aus eine beſtimmte bleibende Färbung, eine gewiſſe noth¬
wendige Eigenthümlichkeit annehmen, und das iſt denn
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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/91>, abgerufen am 23.11.2024.
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