Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode des Stillstandes bis zum zwölften Jahrhundert. zuweilen die weltlichen Classen der Klosterschulen, die in Folge dererwähnten Aachener Synode eingeführten scholae exteriores, geschlos- sen wurden, um das asketische Leben der Mönche vor äußern Einflüssen besser wahren zu können (wie es z. B. selbst im Monte Cassino geschah). Wichtiger ist es, daß das Verständniß der nur von Einzelnen einem wirklichen Studium unterworfenen griechischen Sprache immer seltener wurde. Byzanz selbst hatte zwar seine eigene, immer noch inniger mit dem griechischen Alterthum zusammenhängende Tradition; auch übte es in andern Beziehungen ziemlichen Einfluß auf das Abendland aus. Moden und höfische Sitten, die Muster und Modelle zu Luxus- und Hausgeräthen, zu Zeugen u. s. f. kamen aus Byzanz. Seine Sprache aber blieb fremd trotz der nahen Beziehungen, in welche das deutsche Kaiserhaus wiederholt zu Constantinopel getreten war. Erklär- lich wird dies wenigstens zum großen Theil durch das langsam er- wachende Nationalbewußtsein, durch die Entwickelung der Städte und des in ihnen sich regenden Bürgersinns, sowie durch den mit dem Lo- calpatriotismus auch die Muttersprache pflegenden Ritterstand. In wie weit sich die Verhältnisse einer Aufnahme der Naturge- Periode des Stillſtandes bis zum zwölften Jahrhundert. zuweilen die weltlichen Claſſen der Kloſterſchulen, die in Folge dererwähnten Aachener Synode eingeführten scholae exteriores, geſchloſ- ſen wurden, um das asketiſche Leben der Mönche vor äußern Einflüſſen beſſer wahren zu können (wie es z. B. ſelbſt im Monte Caſſino geſchah). Wichtiger iſt es, daß das Verſtändniß der nur von Einzelnen einem wirklichen Studium unterworfenen griechiſchen Sprache immer ſeltener wurde. Byzanz ſelbſt hatte zwar ſeine eigene, immer noch inniger mit dem griechiſchen Alterthum zuſammenhängende Tradition; auch übte es in andern Beziehungen ziemlichen Einfluß auf das Abendland aus. Moden und höfiſche Sitten, die Muſter und Modelle zu Luxus- und Hausgeräthen, zu Zeugen u. ſ. f. kamen aus Byzanz. Seine Sprache aber blieb fremd trotz der nahen Beziehungen, in welche das deutſche Kaiſerhaus wiederholt zu Conſtantinopel getreten war. Erklär- lich wird dies wenigſtens zum großen Theil durch das langſam er- wachende Nationalbewußtſein, durch die Entwickelung der Städte und des in ihnen ſich regenden Bürgerſinns, ſowie durch den mit dem Lo- calpatriotismus auch die Mutterſprache pflegenden Ritterſtand. In wie weit ſich die Verhältniſſe einer Aufnahme der Naturge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0118" n="107"/><fw place="top" type="header">Periode des Stillſtandes bis zum zwölften Jahrhundert.</fw><lb/> zuweilen die weltlichen Claſſen der Kloſterſchulen, die in Folge der<lb/> erwähnten Aachener Synode eingeführten <hi rendition="#aq">scholae exteriores,</hi> geſchloſ-<lb/> ſen wurden, um das asketiſche Leben der Mönche vor äußern Einflüſſen<lb/> beſſer wahren zu können (wie es z. B. ſelbſt im Monte Caſſino geſchah).<lb/> Wichtiger iſt es, daß das Verſtändniß der nur von Einzelnen einem<lb/> wirklichen Studium unterworfenen griechiſchen Sprache immer ſeltener<lb/> wurde. Byzanz ſelbſt hatte zwar ſeine eigene, immer noch inniger<lb/> mit dem griechiſchen Alterthum zuſammenhängende Tradition; auch<lb/> übte es in andern Beziehungen ziemlichen Einfluß auf das Abendland<lb/> aus. 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Periode des Stillſtandes bis zum zwölften Jahrhundert.
zuweilen die weltlichen Claſſen der Kloſterſchulen, die in Folge der
erwähnten Aachener Synode eingeführten scholae exteriores, geſchloſ-
ſen wurden, um das asketiſche Leben der Mönche vor äußern Einflüſſen
beſſer wahren zu können (wie es z. B. ſelbſt im Monte Caſſino geſchah).
Wichtiger iſt es, daß das Verſtändniß der nur von Einzelnen einem
wirklichen Studium unterworfenen griechiſchen Sprache immer ſeltener
wurde. Byzanz ſelbſt hatte zwar ſeine eigene, immer noch inniger
mit dem griechiſchen Alterthum zuſammenhängende Tradition; auch
übte es in andern Beziehungen ziemlichen Einfluß auf das Abendland
aus. Moden und höfiſche Sitten, die Muſter und Modelle zu Luxus-
und Hausgeräthen, zu Zeugen u. ſ. f. kamen aus Byzanz. Seine
Sprache aber blieb fremd trotz der nahen Beziehungen, in welche das
deutſche Kaiſerhaus wiederholt zu Conſtantinopel getreten war. Erklär-
lich wird dies wenigſtens zum großen Theil durch das langſam er-
wachende Nationalbewußtſein, durch die Entwickelung der Städte und
des in ihnen ſich regenden Bürgerſinns, ſowie durch den mit dem Lo-
calpatriotismus auch die Mutterſprache pflegenden Ritterſtand.
In wie weit ſich die Verhältniſſe einer Aufnahme der Naturge-
ſchichte als Zweig des regelmäßigen Unterrichts günſtig oder ungünſtig
erwieſen, wird ſchon aus der Bedeutung erkennbar, welche man den
ſieben freien Künſten gab. Hier iſt das Urtheil des Hrabanus
Maurus von Intereſſe, eines Mannes, deſſen für ſeine Zeit vorur-
theilsfreie Richtung aus dem Verhalten hervorgeht, welches er gegen
die Prädeſtinationslehre Gottſchalk's ſowie gegen die Transſubſtantia-
tionslehre des Paſchaſius Radbertus einſchlug. In ſeiner Schrift de
institutione clericorum wird bei der Erwähnung der encyklopädiſchen
Wiſſenſchaften ſtets auf ihren beſondern kirchlichen oder religiöſen Ge-
brauch hingewieſen. Grammatik dient zum Verſtändniß des Lateini-
ſchen, der Kirchenſprache, zur Kenntniß der Versart der Pſalmen und
anderer poetiſcher Bücher, Arithmetik führt in die Zahlengeheimniſſe
ein, Aſtronomie lehrt die Kirchenzeitrechnung verſtehen, Muſik wird
gelehrt, um die Würde des Gottesdienſtes begreifen und würdigen zu
können. Ziel des ganzen Lernens war nur die Ehre Gottes, wie man
ſie eben damals auffaßte. Und wie zäh derartige Anſichten eingewurzelt
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