nicht entgehen. Was anfangs nur zufällig gefunden wurde, gab Ver- anlassung zum später beabsichtigten, wenn auch noch nicht planvollen Suchen. Das Ziel, was man hier verfolgte, war die Begründung der auf anderem Wege erlangten Eintheilung der Thiere. So erweiterte zunächst die Thieranatomie den Kreis der bei Anordnung der Thier- gruppen verwerthbaren Merkmale.
Das sich immer mehr vertiefende Nachdenken über die den Men- schen täglich umgebenden, aber doch mit einem so dichten Schleier ver- hüllten Erscheinungen des Lebens mußte allmählich zu Versuchen füh- ren, das Beständige aus der Masse des Wechselnden auszuscheiden, Formen und Leistungen der Thierkörper auf gemeinsame Grundverhält- nisse zurückzuführen, überhaupt das nachzuweisen, was man trotz der scheinbaren Willkür des beweglichen Lebendigen Gesetzmäßigkeit in und an ihm nennen zu dürfen glaubte. Auch hier trat eine der täglichen Erfahrung entspringende Mahnung an den Beobachter. Der regel- mäßige Ablauf der Lebensvorgänge wurde häufig gestört; gewaltsame Eingriffe oder langsam wirkende Ursachen führten Krankheiten des Menschen und seiner Thiere herbei; es traten angeborene Fehler und Misbildungen auf. Allem diesen Abhülfe zu schaffen wurde von denen erwartet, welchen Beruf und Gewerbe, erst später ausdrücklich darauf gerichtete Beschäftigung Bekanntschaft mit dem Körper des Menschen und der Thiere einbrachten. So trat die Lehre vom Leben und die Wissenschaft von den Trägern desselben in Abhängigkeit von der Krank- heits- und Heilungslehre, ein Verhältniß, dessen Innigkeit zu lockern zwar vorübergehend versucht wurde, dessen Lösung aber zum Nachtheil beider Theile noch nicht völlig erfolgt ist. Sicher ist, daß entscheidende Wendepunkte zum Fortschritt dahin fallen, wo sich die Vertreter der Naturwissenschaften als freie Forscher der Verbindung mit der Medi- cin entschlugen.
Es mußte von vornherein einleuchten, daß die frei beweglichen Thiere ihre Wohnplätze nach Umständen wechseln, daß sie wandern konnten. Als aber die Weidethiere, nach Abnutzung der alten, neue Weidestätten aufsuchten und ihnen die Raubthiere nachzogen, fand man bald auch fremde Thierformen am neuen Ort. Nicht ohne Einfluß auf
Einleitung.
nicht entgehen. Was anfangs nur zufällig gefunden wurde, gab Ver- anlaſſung zum ſpäter beabſichtigten, wenn auch noch nicht planvollen Suchen. Das Ziel, was man hier verfolgte, war die Begründung der auf anderem Wege erlangten Eintheilung der Thiere. So erweiterte zunächſt die Thieranatomie den Kreis der bei Anordnung der Thier- gruppen verwerthbaren Merkmale.
Das ſich immer mehr vertiefende Nachdenken über die den Men- ſchen täglich umgebenden, aber doch mit einem ſo dichten Schleier ver- hüllten Erſcheinungen des Lebens mußte allmählich zu Verſuchen füh- ren, das Beſtändige aus der Maſſe des Wechſelnden auszuſcheiden, Formen und Leiſtungen der Thierkörper auf gemeinſame Grundverhält- niſſe zurückzuführen, überhaupt das nachzuweiſen, was man trotz der ſcheinbaren Willkür des beweglichen Lebendigen Geſetzmäßigkeit in und an ihm nennen zu dürfen glaubte. Auch hier trat eine der täglichen Erfahrung entſpringende Mahnung an den Beobachter. Der regel- mäßige Ablauf der Lebensvorgänge wurde häufig geſtört; gewaltſame Eingriffe oder langſam wirkende Urſachen führten Krankheiten des Menſchen und ſeiner Thiere herbei; es traten angeborene Fehler und Misbildungen auf. Allem dieſen Abhülfe zu ſchaffen wurde von denen erwartet, welchen Beruf und Gewerbe, erſt ſpäter ausdrücklich darauf gerichtete Beſchäftigung Bekanntſchaft mit dem Körper des Menſchen und der Thiere einbrachten. So trat die Lehre vom Leben und die Wiſſenſchaft von den Trägern deſſelben in Abhängigkeit von der Krank- heits- und Heilungslehre, ein Verhältniß, deſſen Innigkeit zu lockern zwar vorübergehend verſucht wurde, deſſen Löſung aber zum Nachtheil beider Theile noch nicht völlig erfolgt iſt. Sicher iſt, daß entſcheidende Wendepunkte zum Fortſchritt dahin fallen, wo ſich die Vertreter der Naturwiſſenſchaften als freie Forſcher der Verbindung mit der Medi- cin entſchlugen.
Es mußte von vornherein einleuchten, daß die frei beweglichen Thiere ihre Wohnplätze nach Umſtänden wechſeln, daß ſie wandern konnten. Als aber die Weidethiere, nach Abnutzung der alten, neue Weideſtätten aufſuchten und ihnen die Raubthiere nachzogen, fand man bald auch fremde Thierformen am neuen Ort. Nicht ohne Einfluß auf
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Einleitung.
nicht entgehen. Was anfangs nur zufällig gefunden wurde, gab Ver-
anlaſſung zum ſpäter beabſichtigten, wenn auch noch nicht planvollen
Suchen. Das Ziel, was man hier verfolgte, war die Begründung der
auf anderem Wege erlangten Eintheilung der Thiere. So erweiterte
zunächſt die Thieranatomie den Kreis der bei Anordnung der Thier-
gruppen verwerthbaren Merkmale.
Das ſich immer mehr vertiefende Nachdenken über die den Men-
ſchen täglich umgebenden, aber doch mit einem ſo dichten Schleier ver-
hüllten Erſcheinungen des Lebens mußte allmählich zu Verſuchen füh-
ren, das Beſtändige aus der Maſſe des Wechſelnden auszuſcheiden,
Formen und Leiſtungen der Thierkörper auf gemeinſame Grundverhält-
niſſe zurückzuführen, überhaupt das nachzuweiſen, was man trotz der
ſcheinbaren Willkür des beweglichen Lebendigen Geſetzmäßigkeit in und
an ihm nennen zu dürfen glaubte. Auch hier trat eine der täglichen
Erfahrung entſpringende Mahnung an den Beobachter. Der regel-
mäßige Ablauf der Lebensvorgänge wurde häufig geſtört; gewaltſame
Eingriffe oder langſam wirkende Urſachen führten Krankheiten des
Menſchen und ſeiner Thiere herbei; es traten angeborene Fehler und
Misbildungen auf. Allem dieſen Abhülfe zu ſchaffen wurde von denen
erwartet, welchen Beruf und Gewerbe, erſt ſpäter ausdrücklich darauf
gerichtete Beſchäftigung Bekanntſchaft mit dem Körper des Menſchen
und der Thiere einbrachten. So trat die Lehre vom Leben und die
Wiſſenſchaft von den Trägern deſſelben in Abhängigkeit von der Krank-
heits- und Heilungslehre, ein Verhältniß, deſſen Innigkeit zu lockern
zwar vorübergehend verſucht wurde, deſſen Löſung aber zum Nachtheil
beider Theile noch nicht völlig erfolgt iſt. Sicher iſt, daß entſcheidende
Wendepunkte zum Fortſchritt dahin fallen, wo ſich die Vertreter der
Naturwiſſenſchaften als freie Forſcher der Verbindung mit der Medi-
cin entſchlugen.
Es mußte von vornherein einleuchten, daß die frei beweglichen
Thiere ihre Wohnplätze nach Umſtänden wechſeln, daß ſie wandern
konnten. Als aber die Weidethiere, nach Abnutzung der alten, neue
Weideſtätten aufſuchten und ihnen die Raubthiere nachzogen, fand man
bald auch fremde Thierformen am neuen Ort. Nicht ohne Einfluß auf
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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