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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
senden geistlichen Stand. Noch war aber der Schatz von Thatsachen
zu heben, welcher von den Schriftstellern des Alterthums, besonders
Aristoteles, auf dem Gebiete der Naturkunde hinterlassen worden war.

Ein eigenthümliches Geschick hat auch hier einen semitischen Volks-
stamm, die Araber, zum Vermittler gemacht, freilich nicht ohne die
bedeutende Hülfe anderer Elemente, namentlich der Syrer und Perser.
Denn wenn auch die leidenschaftlichen, phantasiereichen Araber wenig
Jahrzehnte, nachdem Muhammed die verschiedenen heidnischen Stämme
seines Volkes zum Glauben an einen Gott vereinigt hatte, sich mit
Eifer der sprachlichen und sachlichen Erklärung und Weiterbildung der
im Koran niedergelegten Lehren annahmen, wenn sie auch als Ueber-
rest ihres religiösen Naturdienstes die apotelesmatische Astrologie und
damit auch die Astronomie selbst aus eigenem Antriebe zu fördern such-
ten, so wären sie doch wohl weder Gründer der Experimentalmedicin
und der sich an diese anschließenden Naturwissenschaften, noch Bewah-
rer der aristotelischen Zoologie geworden, hätten nicht gelehrte Syrer
ihnen die Schätze der griechischen Litteratur zugeführt, hätten nicht die
schon vorher gleichfalls durch die Syrer mit den Griechen bekannt ge-
wordenen Perser durch ihren Eintritt in den Entwickelungsgang der
arabischen Welt zu selbständigen Forschungen, sowie zur näheren Be-
kanntschaft mit den Resultaten antiker Geistesarbeit angeregt. Es ge-
hörte ja auch einer der größten Philosophen und Paraphrasten der ari-
stotelischen Zoologie, Avicenna, einer persischen Familie an, wie auch
die Mehrzahl der Uebersetzer und Commentatoren keine Araber, son-
dern vorzüglich Syrer waren.

Der Charakter der geistigen Richtung der Araber wird zum großen
Theil schon durch die Art erklärt, wie Muhammed den Monotheismus
erfaßte. Der Gott Muhammeds war zunächst nicht wie der Gott
Abrahams ein dem Volke der Araber ausschließlich eigener und ihm
allein offenbarter, er wurde gleich von Anfang an als ein die ganze
Welt durchdringender erfaßt. Sein Ansehen, den Glauben an ihn zu
verbreiten wurde heilige Sache der Araber, denen er durch Muhammed
zuerst wieder verkündigt war. So viel Anknüpfungspunkte aber auch
zwischen Muhammedanismus einerseits und Judenthum und Christen-

Die Zoologie des Mittelalters.
ſenden geiſtlichen Stand. Noch war aber der Schatz von Thatſachen
zu heben, welcher von den Schriftſtellern des Alterthums, beſonders
Ariſtoteles, auf dem Gebiete der Naturkunde hinterlaſſen worden war.

Ein eigenthümliches Geſchick hat auch hier einen ſemitiſchen Volks-
ſtamm, die Araber, zum Vermittler gemacht, freilich nicht ohne die
bedeutende Hülfe anderer Elemente, namentlich der Syrer und Perſer.
Denn wenn auch die leidenſchaftlichen, phantaſiereichen Araber wenig
Jahrzehnte, nachdem Muhammed die verſchiedenen heidniſchen Stämme
ſeines Volkes zum Glauben an einen Gott vereinigt hatte, ſich mit
Eifer der ſprachlichen und ſachlichen Erklärung und Weiterbildung der
im Koran niedergelegten Lehren annahmen, wenn ſie auch als Ueber-
reſt ihres religiöſen Naturdienſtes die apotelesmatiſche Aſtrologie und
damit auch die Aſtronomie ſelbſt aus eigenem Antriebe zu fördern ſuch-
ten, ſo wären ſie doch wohl weder Gründer der Experimentalmedicin
und der ſich an dieſe anſchließenden Naturwiſſenſchaften, noch Bewah-
rer der ariſtoteliſchen Zoologie geworden, hätten nicht gelehrte Syrer
ihnen die Schätze der griechiſchen Litteratur zugeführt, hätten nicht die
ſchon vorher gleichfalls durch die Syrer mit den Griechen bekannt ge-
wordenen Perſer durch ihren Eintritt in den Entwickelungsgang der
arabiſchen Welt zu ſelbſtändigen Forſchungen, ſowie zur näheren Be-
kanntſchaft mit den Reſultaten antiker Geiſtesarbeit angeregt. Es ge-
hörte ja auch einer der größten Philoſophen und Paraphraſten der ari-
ſtoteliſchen Zoologie, Avicenna, einer perſiſchen Familie an, wie auch
die Mehrzahl der Ueberſetzer und Commentatoren keine Araber, ſon-
dern vorzüglich Syrer waren.

Der Charakter der geiſtigen Richtung der Araber wird zum großen
Theil ſchon durch die Art erklärt, wie Muhammed den Monotheismus
erfaßte. Der Gott Muhammeds war zunächſt nicht wie der Gott
Abrahams ein dem Volke der Araber ausſchließlich eigener und ihm
allein offenbarter, er wurde gleich von Anfang an als ein die ganze
Welt durchdringender erfaßt. Sein Anſehen, den Glauben an ihn zu
verbreiten wurde heilige Sache der Araber, denen er durch Muhammed
zuerſt wieder verkündigt war. So viel Anknüpfungspunkte aber auch
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[152/0163] Die Zoologie des Mittelalters. ſenden geiſtlichen Stand. Noch war aber der Schatz von Thatſachen zu heben, welcher von den Schriftſtellern des Alterthums, beſonders Ariſtoteles, auf dem Gebiete der Naturkunde hinterlaſſen worden war. Ein eigenthümliches Geſchick hat auch hier einen ſemitiſchen Volks- ſtamm, die Araber, zum Vermittler gemacht, freilich nicht ohne die bedeutende Hülfe anderer Elemente, namentlich der Syrer und Perſer. Denn wenn auch die leidenſchaftlichen, phantaſiereichen Araber wenig Jahrzehnte, nachdem Muhammed die verſchiedenen heidniſchen Stämme ſeines Volkes zum Glauben an einen Gott vereinigt hatte, ſich mit Eifer der ſprachlichen und ſachlichen Erklärung und Weiterbildung der im Koran niedergelegten Lehren annahmen, wenn ſie auch als Ueber- reſt ihres religiöſen Naturdienſtes die apotelesmatiſche Aſtrologie und damit auch die Aſtronomie ſelbſt aus eigenem Antriebe zu fördern ſuch- ten, ſo wären ſie doch wohl weder Gründer der Experimentalmedicin und der ſich an dieſe anſchließenden Naturwiſſenſchaften, noch Bewah- rer der ariſtoteliſchen Zoologie geworden, hätten nicht gelehrte Syrer ihnen die Schätze der griechiſchen Litteratur zugeführt, hätten nicht die ſchon vorher gleichfalls durch die Syrer mit den Griechen bekannt ge- wordenen Perſer durch ihren Eintritt in den Entwickelungsgang der arabiſchen Welt zu ſelbſtändigen Forſchungen, ſowie zur näheren Be- kanntſchaft mit den Reſultaten antiker Geiſtesarbeit angeregt. Es ge- hörte ja auch einer der größten Philoſophen und Paraphraſten der ari- ſtoteliſchen Zoologie, Avicenna, einer perſiſchen Familie an, wie auch die Mehrzahl der Ueberſetzer und Commentatoren keine Araber, ſon- dern vorzüglich Syrer waren. Der Charakter der geiſtigen Richtung der Araber wird zum großen Theil ſchon durch die Art erklärt, wie Muhammed den Monotheismus erfaßte. Der Gott Muhammeds war zunächſt nicht wie der Gott Abrahams ein dem Volke der Araber ausſchließlich eigener und ihm allein offenbarter, er wurde gleich von Anfang an als ein die ganze Welt durchdringender erfaßt. Sein Anſehen, den Glauben an ihn zu verbreiten wurde heilige Sache der Araber, denen er durch Muhammed zuerſt wieder verkündigt war. So viel Anknüpfungspunkte aber auch zwiſchen Muhammedanismus einerſeits und Judenthum und Chriſten-

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/163>, abgerufen am 24.11.2024.