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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Die Zoologie des Mittelalters.
Todesjahr an192). Nach den aus Thomas' eignen Schriften gezogenen
Notizen, welche Colvenerius zur Schilderung von dessen Leben be-
nutzte193), stellen sich diese Daten indeß anders heraus. Hiernach hat
er als kaum fünfzehnjähriger Jüngling den Jacobus de Vitriaco pre-
digen hören, als dieser in Lothringen war. Da ferner Thomas selbst
die Schrift über die Bienen als in seinem neunundfünfzigsten Lebens-
jahre verfaßt anführt194), diese aber nach den in ihr enthaltenen und
andern Daten beinahe gewiß 1269 geschrieben ist, muß er 1210 gebo-
ren sein, also den Jacobus im Jahre 1225 gehört haben, wo dieser von
Ptolemais zurückgekehrt in Ognies war195). Als Jüngling trat er als
Canonicus in das Augustinerstift Cantimpre bei Cambrai, verfaßte im
Jahre 1231 zu den zwei Büchern der Lebensbeschreibung der Marie
von Ognies, welche Jacobus de Vitriaco verfaßt hatte, ein drittes und
wurde dann in den Predigerorden aufgenommen. Im Jahre 1232
schrieb er das Leben der acht Jahre vorher gestorbenen h. Christine.
Nachdem 1246 die h. Lutgard gestorben war, setzte er auch deren Leben
auf, also vermuthlich 1247 oder 1248. Auf sein Hauptwerk, das gleich
zu besprechende de naturis rerum, hat er seiner eigenen Angabe gemäß
vierzehn oder fünfzehn Jahre verwandt. Diese Jahre fallen nun genau
zwischen die Abfassungszeiten der oben erwähnten Biographien und
würden also den Zeitraum 1233 bis 1247 oder 48 umfassen196). Wäh-
rend dieser Zeit hat er Auszüge gemacht und Materialien für sein Werk
gesammelt, hat Albert den Großen in Cöln gehört und ihn als Schüler
besucht, ist auch in Paris gewesen, was er für 1238 selbst erzählt,

192) Die Anfänge wissenschaftlicher Naturgeschichte und naturhistorischer Ab-
bildung im christlichen Abendlande. Leipzig, 1856. S. 23.
193) Thomae Cantipratani Miraculorum et exemplorum mirabilium sui
temporis libri duo (olim: Bonum universale de Apibus) Opera et studio
Georg. Colvenerii. Duaci, 1597. Vita Thomae Cant. ex operibus ejus
conscripta.
194) a. a. O. Duaci, 1597. lib. 2. cap. 30. n. 46. p. 287.
195) E. Meyer (Gesch. der Botanik. Bd. 4. S. 93) gibt 1201 als Geburts-
jahr an; auch diese Angabe ist nach den im Bonum universale enthaltenen Anga-
ben nicht haltbar.
196) Hoffmann von Fallersleben gelangte zu dem Resultat, daß die
Schrift von 1230 bis 1244 geschrieben sei. s. Horae belgicae, T. I. S. 36.

Die Zoologie des Mittelalters.
Todesjahr an192). Nach den aus Thomas' eignen Schriften gezogenen
Notizen, welche Colvenerius zur Schilderung von deſſen Leben be-
nutzte193), ſtellen ſich dieſe Daten indeß anders heraus. Hiernach hat
er als kaum fünfzehnjähriger Jüngling den Jacobus de Vitriaco pre-
digen hören, als dieſer in Lothringen war. Da ferner Thomas ſelbſt
die Schrift über die Bienen als in ſeinem neunundfünfzigſten Lebens-
jahre verfaßt anführt194), dieſe aber nach den in ihr enthaltenen und
andern Daten beinahe gewiß 1269 geſchrieben iſt, muß er 1210 gebo-
ren ſein, alſo den Jacobus im Jahre 1225 gehört haben, wo dieſer von
Ptolemais zurückgekehrt in Ognies war195). Als Jüngling trat er als
Canonicus in das Auguſtinerſtift Cantimpré bei Cambrai, verfaßte im
Jahre 1231 zu den zwei Büchern der Lebensbeſchreibung der Marie
von Ognies, welche Jacobus de Vitriaco verfaßt hatte, ein drittes und
wurde dann in den Predigerorden aufgenommen. Im Jahre 1232
ſchrieb er das Leben der acht Jahre vorher geſtorbenen h. Chriſtine.
Nachdem 1246 die h. Lutgard geſtorben war, ſetzte er auch deren Leben
auf, alſo vermuthlich 1247 oder 1248. Auf ſein Hauptwerk, das gleich
zu beſprechende de naturis rerum, hat er ſeiner eigenen Angabe gemäß
vierzehn oder fünfzehn Jahre verwandt. Dieſe Jahre fallen nun genau
zwiſchen die Abfaſſungszeiten der oben erwähnten Biographien und
würden alſo den Zeitraum 1233 bis 1247 oder 48 umfaſſen196). Wäh-
rend dieſer Zeit hat er Auszüge gemacht und Materialien für ſein Werk
geſammelt, hat Albert den Großen in Cöln gehört und ihn als Schüler
beſucht, iſt auch in Paris geweſen, was er für 1238 ſelbſt erzählt,

192) Die Anfänge wiſſenſchaftlicher Naturgeſchichte und naturhiſtoriſcher Ab-
bildung im chriſtlichen Abendlande. Leipzig, 1856. S. 23.
193) Thomae Cantipratani Miraculorum et exemplorum mirabilium sui
temporis libri duo (olim: Bonum universale de Apibus) Opera et studio
Georg. Colvenerii. Duaci, 1597. Vita Thomae Cant. ex operibus ejus
conscripta.
194) a. a. O. Duaci, 1597. lib. 2. cap. 30. n. 46. p. 287.
195) E. Meyer (Geſch. der Botanik. Bd. 4. S. 93) gibt 1201 als Geburts-
jahr an; auch dieſe Angabe iſt nach den im Bonum universale enthaltenen Anga-
ben nicht haltbar.
196) Hoffmann von Fallersleben gelangte zu dem Reſultat, daß die
Schrift von 1230 bis 1244 geſchrieben ſei. ſ. Horae belgicae, T. I. S. 36.
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[212/0223] Die Zoologie des Mittelalters. Todesjahr an 192). Nach den aus Thomas' eignen Schriften gezogenen Notizen, welche Colvenerius zur Schilderung von deſſen Leben be- nutzte 193), ſtellen ſich dieſe Daten indeß anders heraus. Hiernach hat er als kaum fünfzehnjähriger Jüngling den Jacobus de Vitriaco pre- digen hören, als dieſer in Lothringen war. Da ferner Thomas ſelbſt die Schrift über die Bienen als in ſeinem neunundfünfzigſten Lebens- jahre verfaßt anführt 194), dieſe aber nach den in ihr enthaltenen und andern Daten beinahe gewiß 1269 geſchrieben iſt, muß er 1210 gebo- ren ſein, alſo den Jacobus im Jahre 1225 gehört haben, wo dieſer von Ptolemais zurückgekehrt in Ognies war 195). Als Jüngling trat er als Canonicus in das Auguſtinerſtift Cantimpré bei Cambrai, verfaßte im Jahre 1231 zu den zwei Büchern der Lebensbeſchreibung der Marie von Ognies, welche Jacobus de Vitriaco verfaßt hatte, ein drittes und wurde dann in den Predigerorden aufgenommen. Im Jahre 1232 ſchrieb er das Leben der acht Jahre vorher geſtorbenen h. Chriſtine. Nachdem 1246 die h. Lutgard geſtorben war, ſetzte er auch deren Leben auf, alſo vermuthlich 1247 oder 1248. Auf ſein Hauptwerk, das gleich zu beſprechende de naturis rerum, hat er ſeiner eigenen Angabe gemäß vierzehn oder fünfzehn Jahre verwandt. Dieſe Jahre fallen nun genau zwiſchen die Abfaſſungszeiten der oben erwähnten Biographien und würden alſo den Zeitraum 1233 bis 1247 oder 48 umfaſſen 196). Wäh- rend dieſer Zeit hat er Auszüge gemacht und Materialien für ſein Werk geſammelt, hat Albert den Großen in Cöln gehört und ihn als Schüler beſucht, iſt auch in Paris geweſen, was er für 1238 ſelbſt erzählt, 192) Die Anfänge wiſſenſchaftlicher Naturgeſchichte und naturhiſtoriſcher Ab- bildung im chriſtlichen Abendlande. Leipzig, 1856. S. 23. 193) Thomae Cantipratani Miraculorum et exemplorum mirabilium sui temporis libri duo (olim: Bonum universale de Apibus) Opera et studio Georg. Colvenerii. Duaci, 1597. Vita Thomae Cant. ex operibus ejus conscripta. 194) a. a. O. Duaci, 1597. lib. 2. cap. 30. n. 46. p. 287. 195) E. Meyer (Geſch. der Botanik. Bd. 4. S. 93) gibt 1201 als Geburts- jahr an; auch dieſe Angabe iſt nach den im Bonum universale enthaltenen Anga- ben nicht haltbar. 196) Hoffmann von Fallersleben gelangte zu dem Reſultat, daß die Schrift von 1230 bis 1244 geſchrieben ſei. ſ. Horae belgicae, T. I. S. 36.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/223>, abgerufen am 17.05.2024.