mehr gemüthliches Behagen fand man, besonders in Deutschland, an ihnen. Und an die Stelle jener trüben Auffassung, welche in der Thier- welt nur die fündige Creatur erblickte, trat das Bedürfniß, -- eingedenk ter Winke Albert des Großen, Raymund's von Sabunde u. A. -- in den Wunderbarkeiten der Thiere die Weisheit und Größe ihres Schöpfers zu preisen.
Unter den nun zunächst zu schildernden allgemeinen Werken sind zwei Richtungen zu unterscheiden. Zu der ersten gehört eine einzige Schrift, welche bei engem Anschluß an Aristoteles sofort in die Man- nichfaltigkeit der Thierwelt Ordnung zu bringen sucht. Die andere um- faßt Darstellungen, welche unter Herbeiziehung eins zuweilen unge- heuren Materials von Gelehrsamkeit und mit Berücksichtigung eigener Beobachtungen sich vorzüglich die Schilderung der einzelnen Formen zur Aufgabe stellten und erst in zweiter Linie an eine zweckentsprechende Ordnung dachten, Wissenschaftlich werthvoller ist die erste; die zweiten wirken auf die Zeitgenossen durch den Reichthum des Gebotenen und die eingehendere Schilderung specieller Thierformen.
Verfaser des ersten systematischen Werkes ist Edward Botton. Derselbe war 1492 in Oxford geboren, wirkte als Arzt in London und starb hier 1555. Wie er in der, von 1551 datirten Vorrede sagt, hat er ziemlich lange an seiner Schrift de differentiis animalium gearbeitet und sich erst auf das Zureden seiner Freunde entschließen können, sie drucken zu lassen. Sie erschien in Paris 1552. Von den zehn Bü- chern, in welche sie getheilt ist, umfassen die ersten zwei eine allgemeine Darstellung der Theile des Thierkörpers, sowie eine Schilderung der Verschiedenheiten der Thiere unter den mannichfaltigsten Gesichtspunk- ten. so nach dem Vorhandensein oder Fehlen einzelner Theile, nach den Handlungen, Bewegungen, den Fortplanzungsverhältnissen, der Nah- rung, den Sinnen, der Athmung u. s. f. Hierdurch werden aber noch keine größeren Gruppen (welche er noch wie Aristoteles große Gattun- gen nennt) gebildet. Dann folgt im dritten Buch eine Auseinander- setzung der "Verschiedenheiten" der Blutthiere, welche er als größte Gattung den Blutlosen gegenüberstellt. Dabei beginnt er mit den äußern Theilen, schildert dann die innern, die gleichartigen, dann die
mehr gemüthliches Behagen fand man, beſonders in Deutſchland, an ihnen. Und an die Stelle jener trüben Auffaſſung, welche in der Thier- welt nur die fündige Creatur erblickte, trat das Bedürfniß, — eingedenk ter Winke Albert des Großen, Raymund's von Sabunde u. A. — in den Wunderbarkeiten der Thiere die Weisheit und Größe ihres Schöpfers zu preiſen.
Unter den nun zunächſt zu ſchildernden allgemeinen Werken ſind zwei Richtungen zu unterſcheiden. Zu der erſten gehört eine einzige Schrift, welche bei engem Anſchluß an Ariſtoteles ſofort in die Man- nichfaltigkeit der Thierwelt Ordnung zu bringen ſucht. Die andere um- faßt Darſtellungen, welche unter Herbeiziehung eins zuweilen unge- heuren Materials von Gelehrſamkeit und mit Berückſichtigung eigener Beobachtungen ſich vorzüglich die Schilderung der einzelnen Formen zur Aufgabe ſtellten und erſt in zweiter Linie an eine zweckentſprechende Ordnung dachten, Wiſſenſchaftlich werthvoller iſt die erſte; die zweiten wirken auf die Zeitgenoſſen durch den Reichthum des Gebotenen und die eingehendere Schilderung ſpecieller Thierformen.
Verfaſer des erſten ſyſtematiſchen Werkes iſt Edward Botton. Derſelbe war 1492 in Oxford geboren, wirkte als Arzt in London und ſtarb hier 1555. Wie er in der, von 1551 datirten Vorrede ſagt, hat er ziemlich lange an ſeiner Schrift de differentiis animalium gearbeitet und ſich erſt auf das Zureden ſeiner Freunde entſchließen können, ſie drucken zu laſſen. Sie erſchien in Paris 1552. Von den zehn Bü- chern, in welche ſie getheilt iſt, umfaſſen die erſten zwei eine allgemeine Darſtellung der Theile des Thierkörpers, ſowie eine Schilderung der Verſchiedenheiten der Thiere unter den mannichfaltigſten Geſichtspunk- ten. ſo nach dem Vorhandenſein oder Fehlen einzelner Theile, nach den Handlungen, Bewegungen, den Fortplanzungsverhältniſſen, der Nah- rung, den Sinnen, der Athmung u. ſ. f. Hierdurch werden aber noch keine größeren Gruppen (welche er noch wie Ariſtoteles große Gattun- gen nennt) gebildet. Dann folgt im dritten Buch eine Auseinander- ſetzung der „Verſchiedenheiten“ der Blutthiere, welche er als größte Gattung den Blutloſen gegenüberſtellt. Dabei beginnt er mit den äußern Theilen, ſchildert dann die innern, die gleichartigen, dann die
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Edward Wotton.
mehr gemüthliches Behagen fand man, beſonders in Deutſchland, an
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welt nur die fündige Creatur erblickte, trat das Bedürfniß, — eingedenk
ter Winke Albert des Großen, Raymund's von Sabunde u. A. —
in den Wunderbarkeiten der Thiere die Weisheit und Größe ihres
Schöpfers zu preiſen.
Unter den nun zunächſt zu ſchildernden allgemeinen Werken ſind
zwei Richtungen zu unterſcheiden. Zu der erſten gehört eine einzige
Schrift, welche bei engem Anſchluß an Ariſtoteles ſofort in die Man-
nichfaltigkeit der Thierwelt Ordnung zu bringen ſucht. Die andere um-
faßt Darſtellungen, welche unter Herbeiziehung eins zuweilen unge-
heuren Materials von Gelehrſamkeit und mit Berückſichtigung eigener
Beobachtungen ſich vorzüglich die Schilderung der einzelnen Formen
zur Aufgabe ſtellten und erſt in zweiter Linie an eine zweckentſprechende
Ordnung dachten, Wiſſenſchaftlich werthvoller iſt die erſte; die zweiten
wirken auf die Zeitgenoſſen durch den Reichthum des Gebotenen und
die eingehendere Schilderung ſpecieller Thierformen.
Verfaſer des erſten ſyſtematiſchen Werkes iſt Edward Botton.
Derſelbe war 1492 in Oxford geboren, wirkte als Arzt in London und
ſtarb hier 1555. Wie er in der, von 1551 datirten Vorrede ſagt, hat
er ziemlich lange an ſeiner Schrift de differentiis animalium gearbeitet
und ſich erſt auf das Zureden ſeiner Freunde entſchließen können, ſie
drucken zu laſſen. Sie erſchien in Paris 1552. Von den zehn Bü-
chern, in welche ſie getheilt iſt, umfaſſen die erſten zwei eine allgemeine
Darſtellung der Theile des Thierkörpers, ſowie eine Schilderung der
Verſchiedenheiten der Thiere unter den mannichfaltigſten Geſichtspunk-
ten. ſo nach dem Vorhandenſein oder Fehlen einzelner Theile, nach den
Handlungen, Bewegungen, den Fortplanzungsverhältniſſen, der Nah-
rung, den Sinnen, der Athmung u. ſ. f. Hierdurch werden aber noch
keine größeren Gruppen (welche er noch wie Ariſtoteles große Gattun-
gen nennt) gebildet. Dann folgt im dritten Buch eine Auseinander-
ſetzung der „Verſchiedenheiten“ der Blutthiere, welche er als
größte Gattung den Blutloſen gegenüberſtellt. Dabei beginnt er mit den
äußern Theilen, ſchildert dann die innern, die gleichartigen, dann die
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/276>, abgerufen am 22.11.2024.
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