Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Anzeichen des Fortschritts. Weise auf ein Verständniß der inzwischen rege gewordenen Bedürfnissehinweist. Es ist dies das Onomastikon zoikon von Walter Char- leton (geb. 1619, königlicher Leibarzt, starb 1707 auf Jersey22). Als eines der ersten Mitglieder der Royal Society in London war er zwar sehr thätig, galt aber im Ganzen nicht für sehr zuverlässig. Er war Zeitgenosse von Willis, Mayow, Wharton, Highmore und ein eif- riger Vertheidiger der Harvey'schen Lehre; besonders scheint er von der Philosophie Gassendi's angezogen worden zu sein, welcher gegen Descartes den für die Naturforschung wichtigen Satz geltend machte, daß die allgemeinen Begriffe nur durch die Abstraction aus den Einzel- erfahrungen gewonnen werden. So geht denn auch Charleton in seinem Onomastikon von dem Gedanken aus, daß man sich vor jeder weiteren Speculation über Thiere vor allen Dingen klar zu machen habe, was ein Thier sei und welche bestimmte Formen man unter den verschiede- nen Thiernamen zu verstehen habe. Das Werk enthält daher allerdings keinen directen Fortschritt der Systematik, ist aber wegen der termino- logischen Präcision nicht unwichtig gewesen. Daß das Bestreben, Klar- heit in die Beschreibungen und Benennungen zu bringen, das Hauptziel Charletons war, geht auch aus dem historisch werthvollen Anhange hervor, welcher die namentliche Bezeichnung der Farben enthält; es ist der erste Versuch einer zum Zwecke der Naturbeschreibung erfolgenden Bestimmung gegebener Worte, welche dadurch die Bedeutung von Kunstausdrücken erhalten. Auch ist die Liste der Bezeichnungsweisen von Thierlauten eine der ersten in neuerer Zeit zusammengestellten. In einem gewissen Sinne kann man wohl Charleton's Buch als ein auf die großen Zoologen vorbereitendes bezeichnen. 22) Onomastikon zoicon. Oxon., 1668. Dasselbe in 2. Auflage unter dem
Titel: Exercitationes de differentiis et nominibus animalium. Quibus ac- cedunt Mantissa anatomica etc. ibid. 1677. Dieser anatomische Anhang über Lophius, Rana, einen Hai ist aus den Notizen von George Ent zusammen- gestellt. Ein weiterer Anhang betrifft die Bezeichnung der Thierstimmen und ist nicht, wie Haller, Biblioth. anatom. I. p. 440 meint, de voce animalium, also physiologisch, sondern ist überschrieben: vocum naturalium ab Animalibus editarum differentiae et nomina und ist sprachlich wichtig. Anzeichen des Fortſchritts. Weiſe auf ein Verſtändniß der inzwiſchen rege gewordenen Bedürfniſſehinweiſt. Es iſt dies das Onomaſtikon zoikon von Walter Char- leton (geb. 1619, königlicher Leibarzt, ſtarb 1707 auf Jerſey22). Als eines der erſten Mitglieder der Royal Society in London war er zwar ſehr thätig, galt aber im Ganzen nicht für ſehr zuverläſſig. Er war Zeitgenoſſe von Willis, Mayow, Wharton, Highmore und ein eif- riger Vertheidiger der Harvey'ſchen Lehre; beſonders ſcheint er von der Philoſophie Gaſſendi's angezogen worden zu ſein, welcher gegen Descartes den für die Naturforſchung wichtigen Satz geltend machte, daß die allgemeinen Begriffe nur durch die Abſtraction aus den Einzel- erfahrungen gewonnen werden. So geht denn auch Charleton in ſeinem Onomaſtikon von dem Gedanken aus, daß man ſich vor jeder weiteren Speculation über Thiere vor allen Dingen klar zu machen habe, was ein Thier ſei und welche beſtimmte Formen man unter den verſchiede- nen Thiernamen zu verſtehen habe. Das Werk enthält daher allerdings keinen directen Fortſchritt der Syſtematik, iſt aber wegen der termino- logiſchen Präciſion nicht unwichtig geweſen. Daß das Beſtreben, Klar- heit in die Beſchreibungen und Benennungen zu bringen, das Hauptziel Charletons war, geht auch aus dem hiſtoriſch werthvollen Anhange hervor, welcher die namentliche Bezeichnung der Farben enthält; es iſt der erſte Verſuch einer zum Zwecke der Naturbeſchreibung erfolgenden Beſtimmung gegebener Worte, welche dadurch die Bedeutung von Kunſtausdrücken erhalten. Auch iſt die Liſte der Bezeichnungsweiſen von Thierlauten eine der erſten in neuerer Zeit zuſammengeſtellten. In einem gewiſſen Sinne kann man wohl Charleton's Buch als ein auf die großen Zoologen vorbereitendes bezeichnen. 22) Onomastikon zoicon. Oxon., 1668. Daſſelbe in 2. Auflage unter dem
Titel: Exercitationes de differentiis et nominibus animalium. Quibus ac- cedunt Mantissa anatomica etc. ibid. 1677. Dieſer anatomiſche Anhang über Lophius, Rana, einen Hai iſt aus den Notizen von George Ent zuſammen- geſtellt. Ein weiterer Anhang betrifft die Bezeichnung der Thierſtimmen und iſt nicht, wie Haller, Biblioth. anatom. I. p. 440 meint, de voce animalium, alſo phyſiologiſch, ſondern iſt überſchrieben: vocum naturalium ab Animalibus editarum differentiae et nomina und iſt ſprachlich wichtig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0438" n="427"/><fw place="top" type="header">Anzeichen des Fortſchritts.</fw><lb/> Weiſe auf ein Verſtändniß der inzwiſchen rege gewordenen Bedürfniſſe<lb/> hinweiſt. Es iſt dies das Onomaſtikon zoikon von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118809903">Walter Char-<lb/> leton</persName></hi> (geb. 1619, königlicher Leibarzt, ſtarb 1707 auf Jerſey<note place="foot" n="22)"><hi rendition="#aq">Onomastikon zoicon. Oxon.,</hi> 1668. Daſſelbe in 2. Auflage unter dem<lb/> Titel: <hi rendition="#aq">Exercitationes de differentiis et nominibus animalium. Quibus ac-<lb/> cedunt Mantissa anatomica etc. ibid.</hi> 1677. Dieſer anatomiſche Anhang über<lb/><hi rendition="#aq">Lophius, Rana,</hi> einen Hai iſt aus den Notizen von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100123589">George Ent</persName></hi> zuſammen-<lb/> geſtellt. Ein weiterer Anhang betrifft die Bezeichnung der Thierſtimmen und iſt<lb/> nicht, wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118545140">Haller</persName></hi>, Biblioth. anatom. I. p.</hi> 440 meint, <hi rendition="#aq">de <hi rendition="#g">voce</hi> animalium,</hi><lb/> alſo phyſiologiſch, ſondern iſt überſchrieben: <hi rendition="#aq">vocum naturalium ab Animalibus<lb/> editarum differentiae et nomina</hi> und iſt ſprachlich wichtig.</note>.<lb/> Als eines der erſten Mitglieder der Royal Society in London war er<lb/> zwar ſehr thätig, galt aber im Ganzen nicht für ſehr zuverläſſig. Er<lb/> war Zeitgenoſſe von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118772015">Willis</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100373887">Mayow</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118807080">Wharton</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11679772X">Highmore</persName> und ein eif-<lb/> riger Vertheidiger der <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118546481">Harvey</persName>'ſchen Lehre; beſonders ſcheint er von der<lb/> Philoſophie <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118537695">Gaſſendi</persName></hi>'s angezogen worden zu ſein, welcher gegen<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118524844">Descartes</persName> den für die Naturforſchung wichtigen Satz geltend machte,<lb/> daß die allgemeinen Begriffe nur durch die Abſtraction aus den Einzel-<lb/> erfahrungen gewonnen werden. So geht denn auch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118809903">Charleton</persName> in ſeinem<lb/> Onomaſtikon von dem Gedanken aus, daß man ſich vor jeder weiteren<lb/> Speculation über Thiere vor allen Dingen klar zu machen habe, was<lb/> ein Thier ſei und welche beſtimmte Formen man unter den verſchiede-<lb/> nen Thiernamen zu verſtehen habe. Das Werk enthält daher allerdings<lb/> keinen directen Fortſchritt der Syſtematik, iſt aber wegen der termino-<lb/> logiſchen Präciſion nicht unwichtig geweſen. Daß das Beſtreben, Klar-<lb/> heit in die Beſchreibungen und Benennungen zu bringen, das Hauptziel<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118809903">Charleton</persName>s war, geht auch aus dem hiſtoriſch werthvollen Anhange<lb/> hervor, welcher die namentliche Bezeichnung der Farben enthält; es iſt<lb/> der erſte Verſuch einer zum Zwecke der Naturbeſchreibung erfolgenden<lb/> Beſtimmung gegebener Worte, welche dadurch die Bedeutung von<lb/> Kunſtausdrücken erhalten. Auch iſt die Liſte der Bezeichnungsweiſen<lb/> von Thierlauten eine der erſten in neuerer Zeit zuſammengeſtellten. In<lb/> einem gewiſſen Sinne kann man wohl <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118809903">Charleton</persName>'s Buch als ein auf<lb/> die großen Zoologen vorbereitendes bezeichnen.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [427/0438]
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leton (geb. 1619, königlicher Leibarzt, ſtarb 1707 auf Jerſey 22).
Als eines der erſten Mitglieder der Royal Society in London war er
zwar ſehr thätig, galt aber im Ganzen nicht für ſehr zuverläſſig. Er
war Zeitgenoſſe von Willis, Mayow, Wharton, Highmore und ein eif-
riger Vertheidiger der Harvey'ſchen Lehre; beſonders ſcheint er von der
Philoſophie Gaſſendi's angezogen worden zu ſein, welcher gegen
Descartes den für die Naturforſchung wichtigen Satz geltend machte,
daß die allgemeinen Begriffe nur durch die Abſtraction aus den Einzel-
erfahrungen gewonnen werden. So geht denn auch Charleton in ſeinem
Onomaſtikon von dem Gedanken aus, daß man ſich vor jeder weiteren
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ein Thier ſei und welche beſtimmte Formen man unter den verſchiede-
nen Thiernamen zu verſtehen habe. Das Werk enthält daher allerdings
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Charletons war, geht auch aus dem hiſtoriſch werthvollen Anhange
hervor, welcher die namentliche Bezeichnung der Farben enthält; es iſt
der erſte Verſuch einer zum Zwecke der Naturbeſchreibung erfolgenden
Beſtimmung gegebener Worte, welche dadurch die Bedeutung von
Kunſtausdrücken erhalten. Auch iſt die Liſte der Bezeichnungsweiſen
von Thierlauten eine der erſten in neuerer Zeit zuſammengeſtellten. In
einem gewiſſen Sinne kann man wohl Charleton's Buch als ein auf
die großen Zoologen vorbereitendes bezeichnen.
22) Onomastikon zoicon. Oxon., 1668. Daſſelbe in 2. Auflage unter dem
Titel: Exercitationes de differentiis et nominibus animalium. Quibus ac-
cedunt Mantissa anatomica etc. ibid. 1677. Dieſer anatomiſche Anhang über
Lophius, Rana, einen Hai iſt aus den Notizen von George Ent zuſammen-
geſtellt. Ein weiterer Anhang betrifft die Bezeichnung der Thierſtimmen und iſt
nicht, wie Haller, Biblioth. anatom. I. p. 440 meint, de voce animalium,
alſo phyſiologiſch, ſondern iſt überſchrieben: vocum naturalium ab Animalibus
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