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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Periode der Systematik.
Weise, wie die Anatomie der Thiere von den Männern erfaßt wurde,
welche dieselbe gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu fördern unter-
nahmen. Zunächst muß hier der Leistungen zweier Männer gedacht
werden, welche zwar nicht direct auf den Fortschritt der Zoologie ein-
wirkten, aber doch von äußerster Wichtigkeit für dieselbe wurden, indem
sie den Grund zur jetzigen Zeugungs- und Entwickelungslehre legten.
Lazaro Spallanzani (geb. 1729 in Scandiano in Modena, gest.
1799 in Pavia) unterwarf die Erscheinungen der Zeugung und Repro-
duction einer genauen Prüfung. Nach früheren Untersuchungen über
die Natur der Spermatozoen, über die merkwürdigen Erscheinungen
der Reproduction bei wirbellosen und Wirbelthieren gab er in seiner
1785 veröffentlichten Arbeit über die Zeugung den experimentellen Nach-
weis der Befruchtung durch die Samenkörper. Die Entwickelung selbst
betrachtete er noch im Sinne der Evolutionisten als weitere Entfaltung
des im Ei vorgebildet vorhandenen Embryonalkeims. -- Wie durch
Spallanzani der thatsächliche Grund zu einer Theorie der Befruchtung
gelegt war, so erscheint Caspar Friedrich Wolff (geb. 1735 in
Berlin, gest. 1794 in Petersburg) als Gründer der neueren Entwicke-
lungsgeschichte. Er wies das Haltlose der Theorie der Evolution nach
und brachte die der Epigenese zur Geltung, indem er zum ersten Male
die frühesten Anlagen einzelner Organe im bebrüteten Ei auf ihre Form
und ihr Verhältniß zu der im entwickelten Thiere untersuchte (1764).
Mit dem Nachweise der Epigenese wurde gleichzeitig der Boden geebnet
für weitere Untersuchungen über die in den Bau des Thierkörpers ein-
tretenden Formelemente.

Entschieden unter der Herrschaft des allgemeinen von Haller aus-
gehenden Geistes stehend, welcher die Wissenschaft der organischen
Natur durchdrang, wenn auch im Einzelnen sich freier regend, erschei-
nen die beiden noch zu erwähnenden bedeutenden Anatomen, John
Hunter
und Felix Vicq d'Azyr. John Hunter, geb. 1728 in Kil-
bride in Lanarkshire, gest. 1793 in London) war der jüngere Bruder
des als Anatom und ersten Gründer des später durch ihn erweiterten
und planmäßig geordneten Museums berühmten William Hunter. Vor-
züglich die Motivirung des Plans für sein Museum, wie sie nach seinen

Periode der Syſtematik.
Weiſe, wie die Anatomie der Thiere von den Männern erfaßt wurde,
welche dieſelbe gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu fördern unter-
nahmen. Zunächſt muß hier der Leiſtungen zweier Männer gedacht
werden, welche zwar nicht direct auf den Fortſchritt der Zoologie ein-
wirkten, aber doch von äußerſter Wichtigkeit für dieſelbe wurden, indem
ſie den Grund zur jetzigen Zeugungs- und Entwickelungslehre legten.
Lazaro Spallanzani (geb. 1729 in Scandiano in Modena, geſt.
1799 in Pavia) unterwarf die Erſcheinungen der Zeugung und Repro-
duction einer genauen Prüfung. Nach früheren Unterſuchungen über
die Natur der Spermatozoen, über die merkwürdigen Erſcheinungen
der Reproduction bei wirbelloſen und Wirbelthieren gab er in ſeiner
1785 veröffentlichten Arbeit über die Zeugung den experimentellen Nach-
weis der Befruchtung durch die Samenkörper. Die Entwickelung ſelbſt
betrachtete er noch im Sinne der Evolutioniſten als weitere Entfaltung
des im Ei vorgebildet vorhandenen Embryonalkeims. — Wie durch
Spallanzani der thatſächliche Grund zu einer Theorie der Befruchtung
gelegt war, ſo erſcheint Caspar Friedrich Wolff (geb. 1735 in
Berlin, geſt. 1794 in Petersburg) als Gründer der neueren Entwicke-
lungsgeſchichte. Er wies das Haltloſe der Theorie der Evolution nach
und brachte die der Epigeneſe zur Geltung, indem er zum erſten Male
die früheſten Anlagen einzelner Organe im bebrüteten Ei auf ihre Form
und ihr Verhältniß zu der im entwickelten Thiere unterſuchte (1764).
Mit dem Nachweiſe der Epigeneſe wurde gleichzeitig der Boden geebnet
für weitere Unterſuchungen über die in den Bau des Thierkörpers ein-
tretenden Formelemente.

Entſchieden unter der Herrſchaft des allgemeinen von Haller aus-
gehenden Geiſtes ſtehend, welcher die Wiſſenſchaft der organiſchen
Natur durchdrang, wenn auch im Einzelnen ſich freier regend, erſchei-
nen die beiden noch zu erwähnenden bedeutenden Anatomen, John
Hunter
und Felix Vicq d'Azyr. John Hunter, geb. 1728 in Kil-
bride in Lanarkſhire, geſt. 1793 in London) war der jüngere Bruder
des als Anatom und erſten Gründer des ſpäter durch ihn erweiterten
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[568/0579] Periode der Syſtematik. Weiſe, wie die Anatomie der Thiere von den Männern erfaßt wurde, welche dieſelbe gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu fördern unter- nahmen. Zunächſt muß hier der Leiſtungen zweier Männer gedacht werden, welche zwar nicht direct auf den Fortſchritt der Zoologie ein- wirkten, aber doch von äußerſter Wichtigkeit für dieſelbe wurden, indem ſie den Grund zur jetzigen Zeugungs- und Entwickelungslehre legten. Lazaro Spallanzani (geb. 1729 in Scandiano in Modena, geſt. 1799 in Pavia) unterwarf die Erſcheinungen der Zeugung und Repro- duction einer genauen Prüfung. Nach früheren Unterſuchungen über die Natur der Spermatozoen, über die merkwürdigen Erſcheinungen der Reproduction bei wirbelloſen und Wirbelthieren gab er in ſeiner 1785 veröffentlichten Arbeit über die Zeugung den experimentellen Nach- weis der Befruchtung durch die Samenkörper. Die Entwickelung ſelbſt betrachtete er noch im Sinne der Evolutioniſten als weitere Entfaltung des im Ei vorgebildet vorhandenen Embryonalkeims. — Wie durch Spallanzani der thatſächliche Grund zu einer Theorie der Befruchtung gelegt war, ſo erſcheint Caspar Friedrich Wolff (geb. 1735 in Berlin, geſt. 1794 in Petersburg) als Gründer der neueren Entwicke- lungsgeſchichte. Er wies das Haltloſe der Theorie der Evolution nach und brachte die der Epigeneſe zur Geltung, indem er zum erſten Male die früheſten Anlagen einzelner Organe im bebrüteten Ei auf ihre Form und ihr Verhältniß zu der im entwickelten Thiere unterſuchte (1764). Mit dem Nachweiſe der Epigeneſe wurde gleichzeitig der Boden geebnet für weitere Unterſuchungen über die in den Bau des Thierkörpers ein- tretenden Formelemente. Entſchieden unter der Herrſchaft des allgemeinen von Haller aus- gehenden Geiſtes ſtehend, welcher die Wiſſenſchaft der organiſchen Natur durchdrang, wenn auch im Einzelnen ſich freier regend, erſchei- nen die beiden noch zu erwähnenden bedeutenden Anatomen, John Hunter und Felix Vicq d'Azyr. John Hunter, geb. 1728 in Kil- bride in Lanarkſhire, geſt. 1793 in London) war der jüngere Bruder des als Anatom und erſten Gründer des ſpäter durch ihn erweiterten und planmäßig geordneten Muſeums berühmten William Hunter. Vor- züglich die Motivirung des Plans für ſein Muſeum, wie ſie nach ſeinen

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/579>, abgerufen am 22.11.2024.