Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Einsicht verschließen konnte, daß in den zu einer größern Gruppe ge- hörigen Thierformen doch eine gewisse Entwickelungsreihe von Formen, welche mehr den Gesammtcharakter der größern Abtheilung an sich tru- gen, zu immer specieller von einander abweichenden vorliege. Diese letztere Anschauung mußte natürlich bei den einer eingehenden Verglei- chung am meisten zugänglichen Wirbelthieren besonders in den Vorder- grund treten, wenn schon auch für andere Thierkreise spätere Unter- suchungen eine ähnliche Auffassung bedingten. Nächst den Arbeiten Cuvier's, deren wichtiges Resultat sich in der Reconstruction fossiler Säugethiere ausgedrückt zeigt, waren zumeist die Untersuchungen von Louis Agassiz40) über fossile Fische von bahnbrechender Bedeutung. In ähnlicher Weise hat dann Richard Owen durch Schilderung fossiler Wirbelthierreste aus den Classen der Reptilien, Amphibien und Vögel sowie genaue Bestimmung derselben, besonders auch durch die eingehendste Vergleichung des mikroskopischen Baues der Zähne durch alle Wirbelthierclassen für die Bedeutung sorgfältiger vergleichender Untersuchungen glänzende Belege gegeben. Unter den Arbeiten über wirbellose Thiere schlossen sich den Lamarck'schen Beschreibungen fossiler Muscheln die Schilderungen fossiler italienischer Schalthierreste von Giov. Batt. Brocchi41), sowie die "Mineral-Conchyliologie Groß- Britaniens" von James Sowerby42) würdig an. Die fossilen 40) Louis Agassiz ist 1807 in Mottier, Canton Freiburg, geboren, studirte Medicin in Zürich, Heidelberg und München, fieng an letzterem Orte an, Fische zu studiren, gab 1829 die von Spix und Martius in Brasilien gesammelten Arten heraus und gieng dann an die Bearbeitung der fossilen Fische, über welche er 1833-42 das classische Werk herausgab. Er wurde 1833 Professor der Naturgeschichte in Neuschatel und gieng 1846 nach Nord-Amerika, wo er in Cambridge Professor wurde. 41) geb. 1772 in Bassano, trat 1821 in ägyptische Dienste und starb 1826 in Chartum. 42) geb. 1757 in London, gest. 1822; das oben genannte Werk setzte sein Sohn
James de Carle S. (geb. 1787) fort. Sein zweiter Sohn George Brettingham S. (1788-1854) war als Conchyliolog thätig und betheiligte sich mit Vigors und Horsfield an der Herausgabe des Zoological Journal. Gleichfalls als Conchyliolog bekannt ist des letztern gleichnamiger Sohn, George Brettingham Sowerby jun. (geb. 1812). Einſicht verſchließen konnte, daß in den zu einer größern Gruppe ge- hörigen Thierformen doch eine gewiſſe Entwickelungsreihe von Formen, welche mehr den Geſammtcharakter der größern Abtheilung an ſich tru- gen, zu immer ſpecieller von einander abweichenden vorliege. Dieſe letztere Anſchauung mußte natürlich bei den einer eingehenden Verglei- chung am meiſten zugänglichen Wirbelthieren beſonders in den Vorder- grund treten, wenn ſchon auch für andere Thierkreiſe ſpätere Unter- ſuchungen eine ähnliche Auffaſſung bedingten. Nächſt den Arbeiten Cuvier's, deren wichtiges Reſultat ſich in der Reconſtruction foſſiler Säugethiere ausgedrückt zeigt, waren zumeiſt die Unterſuchungen von Louis Agaſſiz40) über foſſile Fiſche von bahnbrechender Bedeutung. In ähnlicher Weiſe hat dann Richard Owen durch Schilderung foſſiler Wirbelthierreſte aus den Claſſen der Reptilien, Amphibien und Vögel ſowie genaue Beſtimmung derſelben, beſonders auch durch die eingehendſte Vergleichung des mikroſkopiſchen Baues der Zähne durch alle Wirbelthierclaſſen für die Bedeutung ſorgfältiger vergleichender Unterſuchungen glänzende Belege gegeben. Unter den Arbeiten über wirbelloſe Thiere ſchloſſen ſich den Lamarck'ſchen Beſchreibungen foſſiler Muſcheln die Schilderungen foſſiler italieniſcher Schalthierreſte von Giov. Batt. Brocchi41), ſowie die „Mineral-Conchyliologie Groß- Britaniens“ von James Sowerby42) würdig an. Die foſſilen 40) Louis Agaſſiz iſt 1807 in Mottier, Canton Freiburg, geboren, ſtudirte Medicin in Zürich, Heidelberg und München, fieng an letzterem Orte an, Fiſche zu ſtudiren, gab 1829 die von Spix und Martius in Braſilien geſammelten Arten heraus und gieng dann an die Bearbeitung der foſſilen Fiſche, über welche er 1833-42 das claſſiſche Werk herausgab. Er wurde 1833 Profeſſor der Naturgeſchichte in Neuſchatel und gieng 1846 nach Nord-Amerika, wo er in Cambridge Profeſſor wurde. 41) geb. 1772 in Baſſano, trat 1821 in ägyptiſche Dienſte und ſtarb 1826 in Chartum. 42) geb. 1757 in London, geſt. 1822; das oben genannte Werk ſetzte ſein Sohn
James de Carle S. (geb. 1787) fort. Sein zweiter Sohn George Brettingham S. (1788-1854) war als Conchyliolog thätig und betheiligte ſich mit Vigors und Horsfield an der Herausgabe des Zoological Journal. Gleichfalls als Conchyliolog bekannt iſt des letztern gleichnamiger Sohn, George Brettingham Sowerby jun. (geb. 1812). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0660" n="649"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118643967">Louis Agaſſiz</persName>.</fw><lb/> Einſicht verſchließen konnte, daß in den zu einer größern Gruppe ge-<lb/> hörigen Thierformen doch eine gewiſſe Entwickelungsreihe von Formen,<lb/> welche mehr den Geſammtcharakter der größern Abtheilung an ſich tru-<lb/> gen, zu immer ſpecieller von einander abweichenden vorliege. Dieſe<lb/> letztere Anſchauung mußte natürlich bei den einer eingehenden Verglei-<lb/> chung am meiſten zugänglichen Wirbelthieren beſonders in den Vorder-<lb/> grund treten, wenn ſchon auch für andere Thierkreiſe ſpätere Unter-<lb/> ſuchungen eine ähnliche Auffaſſung bedingten. Nächſt den Arbeiten<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118677578">Cuvier</persName>'s, deren wichtiges Reſultat ſich in der Reconſtruction foſſiler<lb/> Säugethiere ausgedrückt zeigt, waren zumeiſt die Unterſuchungen von<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118643967">Louis Agaſſiz</persName></hi><note place="foot" n="40)"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118643967">Louis <hi rendition="#g">Agaſſiz</hi></persName> iſt 1807 in Mottier, Canton Freiburg, geboren, ſtudirte<lb/> Medicin in Zürich, Heidelberg und München, fieng an letzterem Orte an, Fiſche zu<lb/> ſtudiren, gab 1829 die von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118752146">Spix</persName> und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118731416">Martius</persName> in Braſilien geſammelten Arten<lb/> heraus und gieng dann an die Bearbeitung der foſſilen Fiſche, über welche er 1833-42<lb/> das claſſiſche Werk herausgab. Er wurde 1833 Profeſſor der Naturgeſchichte in<lb/> Neuſchatel und gieng 1846 nach Nord-Amerika, wo er in Cambridge Profeſſor<lb/> wurde.</note> über foſſile Fiſche von bahnbrechender Bedeutung.<lb/> In ähnlicher Weiſe hat dann <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11916129X">Richard Owen</persName></hi> durch Schilderung<lb/> foſſiler Wirbelthierreſte aus den Claſſen der Reptilien, Amphibien und<lb/> Vögel ſowie genaue Beſtimmung derſelben, beſonders auch durch die<lb/> eingehendſte Vergleichung des mikroſkopiſchen Baues der Zähne durch<lb/> alle Wirbelthierclaſſen für die Bedeutung ſorgfältiger vergleichender<lb/> Unterſuchungen glänzende Belege gegeben. Unter den Arbeiten über<lb/> wirbelloſe Thiere ſchloſſen ſich den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118726048">Lamarck</persName>'ſchen Beſchreibungen foſſiler<lb/> Muſcheln die Schilderungen foſſiler italieniſcher Schalthierreſte von<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118857525">Giov. Batt. <hi rendition="#g">Brocchi</hi></persName><note place="foot" n="41)">geb. 1772 in Baſſano, trat 1821 in ägyptiſche Dienſte und ſtarb 1826 in<lb/> Chartum.</note>, ſowie die „Mineral-Conchyliologie Groß-<lb/> Britaniens“ von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/124329810">James <hi rendition="#g">Sowerby</hi></persName><note place="foot" n="42)">geb. 1757 in London, geſt. 1822; das oben genannte Werk ſetzte ſein Sohn<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117648507">James de Carle S.</persName> (geb. 1787) fort. Sein zweiter Sohn <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117648477">George Brettingham S.</persName><lb/> (1788-1854) war als Conchyliolog thätig und betheiligte ſich mit <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117682578">Vigors</persName> und<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11753174X">Horsfield</persName> an der Herausgabe des <hi rendition="#aq">Zoological Journal.</hi> Gleichfalls als Conchyliolog<lb/> bekannt iſt des letztern gleichnamiger Sohn, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117648485">George Brettingham Sowerby</persName> <hi rendition="#aq">jun.</hi><lb/> (geb. 1812).</note> würdig an. Die foſſilen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [649/0660]
Louis Agaſſiz.
Einſicht verſchließen konnte, daß in den zu einer größern Gruppe ge-
hörigen Thierformen doch eine gewiſſe Entwickelungsreihe von Formen,
welche mehr den Geſammtcharakter der größern Abtheilung an ſich tru-
gen, zu immer ſpecieller von einander abweichenden vorliege. Dieſe
letztere Anſchauung mußte natürlich bei den einer eingehenden Verglei-
chung am meiſten zugänglichen Wirbelthieren beſonders in den Vorder-
grund treten, wenn ſchon auch für andere Thierkreiſe ſpätere Unter-
ſuchungen eine ähnliche Auffaſſung bedingten. Nächſt den Arbeiten
Cuvier's, deren wichtiges Reſultat ſich in der Reconſtruction foſſiler
Säugethiere ausgedrückt zeigt, waren zumeiſt die Unterſuchungen von
Louis Agaſſiz 40) über foſſile Fiſche von bahnbrechender Bedeutung.
In ähnlicher Weiſe hat dann Richard Owen durch Schilderung
foſſiler Wirbelthierreſte aus den Claſſen der Reptilien, Amphibien und
Vögel ſowie genaue Beſtimmung derſelben, beſonders auch durch die
eingehendſte Vergleichung des mikroſkopiſchen Baues der Zähne durch
alle Wirbelthierclaſſen für die Bedeutung ſorgfältiger vergleichender
Unterſuchungen glänzende Belege gegeben. Unter den Arbeiten über
wirbelloſe Thiere ſchloſſen ſich den Lamarck'ſchen Beſchreibungen foſſiler
Muſcheln die Schilderungen foſſiler italieniſcher Schalthierreſte von
Giov. Batt. Brocchi 41), ſowie die „Mineral-Conchyliologie Groß-
Britaniens“ von James Sowerby 42) würdig an. Die foſſilen
40) Louis Agaſſiz iſt 1807 in Mottier, Canton Freiburg, geboren, ſtudirte
Medicin in Zürich, Heidelberg und München, fieng an letzterem Orte an, Fiſche zu
ſtudiren, gab 1829 die von Spix und Martius in Braſilien geſammelten Arten
heraus und gieng dann an die Bearbeitung der foſſilen Fiſche, über welche er 1833-42
das claſſiſche Werk herausgab. Er wurde 1833 Profeſſor der Naturgeſchichte in
Neuſchatel und gieng 1846 nach Nord-Amerika, wo er in Cambridge Profeſſor
wurde.
41) geb. 1772 in Baſſano, trat 1821 in ägyptiſche Dienſte und ſtarb 1826 in
Chartum.
42) geb. 1757 in London, geſt. 1822; das oben genannte Werk ſetzte ſein Sohn
James de Carle S. (geb. 1787) fort. Sein zweiter Sohn George Brettingham S.
(1788-1854) war als Conchyliolog thätig und betheiligte ſich mit Vigors und
Horsfield an der Herausgabe des Zoological Journal. Gleichfalls als Conchyliolog
bekannt iſt des letztern gleichnamiger Sohn, George Brettingham Sowerby jun.
(geb. 1812).
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