Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Die Erben. plötzlich in das hochcivilisierte römische Reich "eingebrochen". Diesein weiten Schichten der oberflächlich Gebildeten verbreitete Vor- stellung entspricht den Thatsachen ebenso wenig wie die fernere, dass dann in Folge dieses Einbruches die "Nacht des Mittelalters" herab- gesunken sei. Durch diese Geschichtslüge wird uns die vernichtende Wirkung jener nationlosen Zeit verhüllt, und aus dem Erretter, aus dem Töter des nächtlichen Wurms, ein Zerstörer gemacht. Während Jahrhunderte waren schon die Germanen ins römische Reich ein- gedrungen, und wenn auch manchmal mit feindlicher Gewalt, so doch im Ganzen als das einzige Prinzip des Lebens und der Kraft. Ihr allmähliches Eindringen in das Imperium, ihr allmähliches Auf- steigen zu einer ausschlaggebenden Macht hatte seitdem nach und nach stattgefunden, ebenso wie ihre allmähliche Civilisation;1) bereits im 4. Jahrhundert zählte man zahlreiche Soldatenkolonien aus den ver- schiedensten germanischen Stämmen (Batavier, Franken, Suevier u. s. w. im ganzen europäischen Bereich des römischen Imperiums;2) in Spanien, in Gallien, in Italien, in Thracien, ja, selbst oft in Kleinasien, sind es der Hauptsache nach zuletzt Germanen, die gegen Germanen die Schlachten schlagen. Germanen waren es, welche immer wieder die asiatische Gefahr vom östlichen Reiche heldenmütig abwehrten; Ger- manen retteten vor hunnischer Verwüstung auf den catalaunischen Gefilden das westliche Reich. Schon früh im 3. Jahrhundert war ein kühner gotischer Hirt zum Imperator ausgerufen worden. Man braucht nur eine Karte vom Ausgang des 5. Jahrhunderts anzuschauen, um sofort zu erblicken, welche einzig segensvolle Kraft der Gestaltung hier einzugreifen begonnen hatte. Sehr auffallend ist ebenfalls der Unterschied, der sich hier in hundert Dingen kundthut zwischen dem angeborenen Anstand, dem Geschmack, der Intuition rauher aber reiner, edler Rassen und der Seelenbarbarei der civilisierten Mestizen. Theo- dosius, seine Helfershelfer (die christlichen Fanatiker) und seine Nach- folger hatten ihr Möglichstes gethan, um die Monumente der Kunst zu vernichten; dagegen war die erste Sorge Theodorich's, des Ost- 1) Hermann ist ein römischer Kavalier, spricht fliessend lateinisch und hat römische Verwaltungskunst eingehend studiert. Ähnlich die meisten anderen Ger- manenfürsten. Auch ihre Truppen waren im ganzen römischen Imperium zu Hause und dadurch mit den Sitten sog. civilisierter Menschen bekannt, lange ehe sie mit Kind und Kegel in diese Länder einzogen. 2) Zusammenfassung bei Gobineau: Ungleichheit der menschlichen Rassen,
Buch VI, Kap. 4. Die Erben. plötzlich in das hochcivilisierte römische Reich »eingebrochen«. Diesein weiten Schichten der oberflächlich Gebildeten verbreitete Vor- stellung entspricht den Thatsachen ebenso wenig wie die fernere, dass dann in Folge dieses Einbruches die »Nacht des Mittelalters« herab- gesunken sei. Durch diese Geschichtslüge wird uns die vernichtende Wirkung jener nationlosen Zeit verhüllt, und aus dem Erretter, aus dem Töter des nächtlichen Wurms, ein Zerstörer gemacht. Während Jahrhunderte waren schon die Germanen ins römische Reich ein- gedrungen, und wenn auch manchmal mit feindlicher Gewalt, so doch im Ganzen als das einzige Prinzip des Lebens und der Kraft. Ihr allmähliches Eindringen in das Imperium, ihr allmähliches Auf- steigen zu einer ausschlaggebenden Macht hatte seitdem nach und nach stattgefunden, ebenso wie ihre allmähliche Civilisation;1) bereits im 4. Jahrhundert zählte man zahlreiche Soldatenkolonien aus den ver- schiedensten germanischen Stämmen (Batavier, Franken, Suevier u. s. w. im ganzen europäischen Bereich des römischen Imperiums;2) in Spanien, in Gallien, in Italien, in Thracien, ja, selbst oft in Kleinasien, sind es der Hauptsache nach zuletzt Germanen, die gegen Germanen die Schlachten schlagen. Germanen waren es, welche immer wieder die asiatische Gefahr vom östlichen Reiche heldenmütig abwehrten; Ger- manen retteten vor hunnischer Verwüstung auf den catalaunischen Gefilden das westliche Reich. Schon früh im 3. Jahrhundert war ein kühner gotischer Hirt zum Imperator ausgerufen worden. Man braucht nur eine Karte vom Ausgang des 5. Jahrhunderts anzuschauen, um sofort zu erblicken, welche einzig segensvolle Kraft der Gestaltung hier einzugreifen begonnen hatte. Sehr auffallend ist ebenfalls der Unterschied, der sich hier in hundert Dingen kundthut zwischen dem angeborenen Anstand, dem Geschmack, der Intuition rauher aber reiner, edler Rassen und der Seelenbarbarei der civilisierten Mestizen. Theo- dosius, seine Helfershelfer (die christlichen Fanatiker) und seine Nach- folger hatten ihr Möglichstes gethan, um die Monumente der Kunst zu vernichten; dagegen war die erste Sorge Theodorich’s, des Ost- 1) Hermann ist ein römischer Kavalier, spricht fliessend lateinisch und hat römische Verwaltungskunst eingehend studiert. Ähnlich die meisten anderen Ger- manenfürsten. Auch ihre Truppen waren im ganzen römischen Imperium zu Hause und dadurch mit den Sitten sog. civilisierter Menschen bekannt, lange ehe sie mit Kind und Kegel in diese Länder einzogen. 2) Zusammenfassung bei Gobineau: Ungleichheit der menschlichen Rassen,
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Die Erben.
plötzlich in das hochcivilisierte römische Reich »eingebrochen«. Diese
in weiten Schichten der oberflächlich Gebildeten verbreitete Vor-
stellung entspricht den Thatsachen ebenso wenig wie die fernere,
dass dann in Folge dieses Einbruches die »Nacht des Mittelalters« herab-
gesunken sei. Durch diese Geschichtslüge wird uns die vernichtende
Wirkung jener nationlosen Zeit verhüllt, und aus dem Erretter, aus
dem Töter des nächtlichen Wurms, ein Zerstörer gemacht. Während
Jahrhunderte waren schon die Germanen ins römische Reich ein-
gedrungen, und wenn auch manchmal mit feindlicher Gewalt, so
doch im Ganzen als das einzige Prinzip des Lebens und der Kraft.
Ihr allmähliches Eindringen in das Imperium, ihr allmähliches Auf-
steigen zu einer ausschlaggebenden Macht hatte seitdem nach und
nach stattgefunden, ebenso wie ihre allmähliche Civilisation; 1) bereits
im 4. Jahrhundert zählte man zahlreiche Soldatenkolonien aus den ver-
schiedensten germanischen Stämmen (Batavier, Franken, Suevier u. s. w.
im ganzen europäischen Bereich des römischen Imperiums; 2) in Spanien,
in Gallien, in Italien, in Thracien, ja, selbst oft in Kleinasien, sind
es der Hauptsache nach zuletzt Germanen, die gegen Germanen die
Schlachten schlagen. Germanen waren es, welche immer wieder die
asiatische Gefahr vom östlichen Reiche heldenmütig abwehrten; Ger-
manen retteten vor hunnischer Verwüstung auf den catalaunischen
Gefilden das westliche Reich. Schon früh im 3. Jahrhundert war ein
kühner gotischer Hirt zum Imperator ausgerufen worden. Man braucht
nur eine Karte vom Ausgang des 5. Jahrhunderts anzuschauen, um
sofort zu erblicken, welche einzig segensvolle Kraft der Gestaltung
hier einzugreifen begonnen hatte. Sehr auffallend ist ebenfalls der
Unterschied, der sich hier in hundert Dingen kundthut zwischen dem
angeborenen Anstand, dem Geschmack, der Intuition rauher aber reiner,
edler Rassen und der Seelenbarbarei der civilisierten Mestizen. Theo-
dosius, seine Helfershelfer (die christlichen Fanatiker) und seine Nach-
folger hatten ihr Möglichstes gethan, um die Monumente der Kunst
zu vernichten; dagegen war die erste Sorge Theodorich’s, des Ost-
1) Hermann ist ein römischer Kavalier, spricht fliessend lateinisch und hat
römische Verwaltungskunst eingehend studiert. Ähnlich die meisten anderen Ger-
manenfürsten. Auch ihre Truppen waren im ganzen römischen Imperium zu
Hause und dadurch mit den Sitten sog. civilisierter Menschen bekannt, lange ehe
sie mit Kind und Kegel in diese Länder einzogen.
2) Zusammenfassung bei Gobineau: Ungleichheit der menschlichen Rassen,
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