Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. wird speziell von Juda berichtet, er habeHethiterinnen geehlicht (I. Chron. II, 3). Aus diesen Volkserzählungen erhalten wir historische Belehrung: wir sehen, dass die Israeliten die deutliche Er- innerung besassen, als eine sehr kleine Anzahl von Hirten inmitten eines frem- den, kultivierten, städtebewohnenden und freundlichen Volkes gelebt zu haben; die reichen Sippenältesten konn- [Abbildung] Echter Beduin des heutigen Tages.1) ten sich den Luxus bezahlen, für ihre Söhne Eheweiber aus der früheren Heimat holen zu lassen, doch selbst diese Söhne folgten lieber der unmittelbaren Neigung, als dem Prinzip der Exklusivität, sie heirateten die Mädchen, die sie um sich sahen -- es mussten denn gerade solche herzlose Geschäftsjobber sein wie der widerwärtige Jakob; für das ärmere Volk gilt selbstverständlich, dass es Weiber nahm wo es sie fand. Dazu kommt noch das Zeugen von Kindern mit Sklavinnen. Von Jakob's zwölf Söhnen z. B. sind vier von Sklavinnen geboren und geniessen die selben Rechte wie die anderen. -- Dies Alles bezieht sich auf das früheste von der Bibel erwähnte Berühren mit den Hethitern Kanaans. Nun folgte, nach der Sage, der lange Aufenthalt an der Grenze Ägyptens, im Lande Gosen. Doch auch hier lebten die Israeliten von Hethitern umringt. Die Hethiter reichten nämlich bis an die Grenzen Ägyptens, wo gerade damals ihre Stammverwandten, die Hyksos, das Scepter führten; die Stadt Tanis, welche den Versammlungspunkt der Israeliten in Gosen bildete, war wesent- lich eine hethitische Stadt; seit jeher stand sie in engstem Verkehr mit Hebron; indem die Israeliten mit ihren Herden von Hebron nach der Gegend von Tanis zogen, blieben sie also in derselben ethnischen Um- gebung.2) Und als sie später als Eroberer [Abbildung] Amoritischer Israelit angeblich ein Sohn Salomo's. nach Kanaan zurückkehrten, unterwarfen 1) Nach einer Photographie in Ratzel's Völkerkunde. Die übrigen Typen- bilder sind nach den bekannten Reliefs auf den ägyptischen Monumenten. 2) Vergl. Renan: Israel I, ch. 10.
Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte. wird speziell von Juda berichtet, er habeHethiterinnen geehlicht (I. Chron. II, 3). Aus diesen Volkserzählungen erhalten wir historische Belehrung: wir sehen, dass die Israeliten die deutliche Er- innerung besassen, als eine sehr kleine Anzahl von Hirten inmitten eines frem- den, kultivierten, städtebewohnenden und freundlichen Volkes gelebt zu haben; die reichen Sippenältesten konn- [Abbildung] Echter Beduin des heutigen Tages.1) ten sich den Luxus bezahlen, für ihre Söhne Eheweiber aus der früheren Heimat holen zu lassen, doch selbst diese Söhne folgten lieber der unmittelbaren Neigung, als dem Prinzip der Exklusivität, sie heirateten die Mädchen, die sie um sich sahen — es mussten denn gerade solche herzlose Geschäftsjobber sein wie der widerwärtige Jakob; für das ärmere Volk gilt selbstverständlich, dass es Weiber nahm wo es sie fand. Dazu kommt noch das Zeugen von Kindern mit Sklavinnen. Von Jakob’s zwölf Söhnen z. B. sind vier von Sklavinnen geboren und geniessen die selben Rechte wie die anderen. — Dies Alles bezieht sich auf das früheste von der Bibel erwähnte Berühren mit den Hethitern Kanaans. Nun folgte, nach der Sage, der lange Aufenthalt an der Grenze Ägyptens, im Lande Gosen. Doch auch hier lebten die Israeliten von Hethitern umringt. Die Hethiter reichten nämlich bis an die Grenzen Ägyptens, wo gerade damals ihre Stammverwandten, die Hyksos, das Scepter führten; die Stadt Tanis, welche den Versammlungspunkt der Israeliten in Gosen bildete, war wesent- lich eine hethitische Stadt; seit jeher stand sie in engstem Verkehr mit Hebron; indem die Israeliten mit ihren Herden von Hebron nach der Gegend von Tanis zogen, blieben sie also in derselben ethnischen Um- gebung.2) Und als sie später als Eroberer [Abbildung] Amoritischer Israelit angeblich ein Sohn Salomo’s. nach Kanaan zurückkehrten, unterwarfen 1) Nach einer Photographie in Ratzel’s Völkerkunde. Die übrigen Typen- bilder sind nach den bekannten Reliefs auf den ägyptischen Monumenten. 2) Vergl. Renan: Israël I, ch. 10.
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Der Eintritt der Juden in die abendländische Geschichte.
wird speziell von Juda berichtet, er habe
Hethiterinnen geehlicht (I. Chron. II, 3).
Aus diesen Volkserzählungen erhalten
wir historische Belehrung: wir sehen,
dass die Israeliten die deutliche Er-
innerung besassen, als eine sehr kleine
Anzahl von Hirten inmitten eines frem-
den, kultivierten, städtebewohnenden
und freundlichen Volkes gelebt zu
haben; die reichen Sippenältesten konn-
[Abbildung Echter Beduin des heutigen Tages. 1)]
ten sich den Luxus bezahlen, für ihre
Söhne Eheweiber aus der früheren Heimat holen zu lassen, doch selbst
diese Söhne folgten lieber der unmittelbaren Neigung, als dem Prinzip
der Exklusivität, sie heirateten die Mädchen, die sie um sich sahen —
es mussten denn gerade solche herzlose Geschäftsjobber sein wie der
widerwärtige Jakob; für das ärmere Volk gilt selbstverständlich, dass es
Weiber nahm wo es sie fand. Dazu kommt noch das Zeugen von
Kindern mit Sklavinnen. Von Jakob’s zwölf Söhnen z. B. sind vier von
Sklavinnen geboren und geniessen die selben Rechte wie die anderen. —
Dies Alles bezieht sich auf das früheste von der Bibel erwähnte Berühren
mit den Hethitern Kanaans. Nun folgte, nach der Sage, der lange
Aufenthalt an der Grenze Ägyptens, im Lande Gosen. Doch auch hier
lebten die Israeliten von Hethitern umringt. Die Hethiter reichten
nämlich bis an die Grenzen Ägyptens,
wo gerade damals ihre Stammverwandten,
die Hyksos, das Scepter führten; die Stadt
Tanis, welche den Versammlungspunkt
der Israeliten in Gosen bildete, war wesent-
lich eine hethitische Stadt; seit jeher stand
sie in engstem Verkehr mit Hebron; indem
die Israeliten mit ihren Herden von Hebron
nach der Gegend von Tanis zogen, blieben
sie also in derselben ethnischen Um-
gebung. 2) Und als sie später als Eroberer
[Abbildung Amoritischer Israelit
angeblich ein Sohn Salomo’s.]
nach Kanaan zurückkehrten, unterwarfen
1) Nach einer Photographie in Ratzel’s Völkerkunde. Die übrigen Typen-
bilder sind nach den bekannten Reliefs auf den ägyptischen Monumenten.
2) Vergl. Renan: Israël I, ch. 10.
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