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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Allgemeine Einleitung.
ginn dieser Einleitung behauptet, dass die Wissenschaft nicht eine,
sondern trenne; das hat sich auch hier bewährt. Die wissenschaftliche
Anatomie hat die Existenz von physischen, unterscheidenden Merk-
malen zwischen den Rassen erwiesen, sodass sie nicht mehr geleugnet
werden können, die wissenschaftliche Philologie hat zwischen den ver-
schiedenen Sprachen prinzipielle Abweichungen aufgedeckt, die nicht
zu überbrücken sind, die wissenschaftliche Geschichtsforschung hat in
ihren verschiedenen Zweigen zu ähnlichen Resultaten geführt, nament-
lich durch die genaue Feststellung der Religionsgeschichte einer jeden
Rasse, wo nur die allerallgemeinsten Ideen den täuschenden Schein
der Gleichmässigkeit erwecken, die Weiterentwickelung aber stets nach
bestimmten, scharf voneinander abweichenden Richtungen stattgefunden
hat, und noch immer stattfindet. Die sogenannte "Einheit der mensch-
lichen Rasse" bleibt zwar als Hypothese noch in Ehren, jedoch nur
als eine jeder materiellen Grundlage entbehrende, persönliche, sub-
jektive Überzeugung. Im Gegensatz zu den gewiss sehr edlen, aus
reinster Sentimentalität hervorgequollenen Weltverbrüderungsideen des
18. Jahrhunderts, in welchen die Sozialisten als Hintertreffen noch
heute nachhinken, hat sich allmählich die starre Wirklichkeit als not-
wendiges Ergebnis der Ereignisse und der Forschungen unseres Jahr-
hunderts erhoben. Manche andere Benennung könnte vieles zu ihrer
Rechtfertigung anführen: Rousseau hatte schon prophetisch von einem
"Siecle des Revolutions" gesprochen, Andere reden wohl von einem
Jahrhundert der Judenemanzipation, Jahrhundert der Elektrizität, Jahr-
hundert der Volksarmeen, Jahrhundert der Kolonien, Jahrhundert der
Musik, Jahrhundert der Reklame, Jahrhundert der Unfehlbarkeits-
erklärung, -- -- -- Kürzlich fand ich in einem englischen Buche
unser Jahrhundert als the religious century bezeichnet und konnte
dem Manne nicht ganz Unrecht geben; für Beer, den Verfasser
der Geschichte des Welthandels, ist das 19. Jahrhundert "das öko-
nomische", wogegen Prof. Paulsen es in seiner Geschichte des ge-
lehrten Unterrichts
(2. Aufl. II, 206), das saeculum historicum im
Gegensatz zu dem vorausgegangenen saeculum philosophicum nennt,
und Goethe's Ausdruck "ein aberweises Jahrhundert" sich auf das
unsrige ebenso gut wie auf das vorige anwenden liesse. Einen ernst-
lichen Wert besitzt aber gar keine solche Verallgemeinerung.



Das 19. Jahr-
hundert.

Hiermit gelange ich zum Schlusse dieser allgemeinen Einleitung.
Ehe ich aber den Schlussstrich ziehe, möchte ich mich noch, einer

Allgemeine Einleitung.
ginn dieser Einleitung behauptet, dass die Wissenschaft nicht eine,
sondern trenne; das hat sich auch hier bewährt. Die wissenschaftliche
Anatomie hat die Existenz von physischen, unterscheidenden Merk-
malen zwischen den Rassen erwiesen, sodass sie nicht mehr geleugnet
werden können, die wissenschaftliche Philologie hat zwischen den ver-
schiedenen Sprachen prinzipielle Abweichungen aufgedeckt, die nicht
zu überbrücken sind, die wissenschaftliche Geschichtsforschung hat in
ihren verschiedenen Zweigen zu ähnlichen Resultaten geführt, nament-
lich durch die genaue Feststellung der Religionsgeschichte einer jeden
Rasse, wo nur die allerallgemeinsten Ideen den täuschenden Schein
der Gleichmässigkeit erwecken, die Weiterentwickelung aber stets nach
bestimmten, scharf voneinander abweichenden Richtungen stattgefunden
hat, und noch immer stattfindet. Die sogenannte »Einheit der mensch-
lichen Rasse« bleibt zwar als Hypothese noch in Ehren, jedoch nur
als eine jeder materiellen Grundlage entbehrende, persönliche, sub-
jektive Überzeugung. Im Gegensatz zu den gewiss sehr edlen, aus
reinster Sentimentalität hervorgequollenen Weltverbrüderungsideen des
18. Jahrhunderts, in welchen die Sozialisten als Hintertreffen noch
heute nachhinken, hat sich allmählich die starre Wirklichkeit als not-
wendiges Ergebnis der Ereignisse und der Forschungen unseres Jahr-
hunderts erhoben. Manche andere Benennung könnte vieles zu ihrer
Rechtfertigung anführen: Rousseau hatte schon prophetisch von einem
»Siècle des Révolutions« gesprochen, Andere reden wohl von einem
Jahrhundert der Judenemanzipation, Jahrhundert der Elektrizität, Jahr-
hundert der Volksarmeen, Jahrhundert der Kolonien, Jahrhundert der
Musik, Jahrhundert der Reklame, Jahrhundert der Unfehlbarkeits-
erklärung, — — — Kürzlich fand ich in einem englischen Buche
unser Jahrhundert als the religious century bezeichnet und konnte
dem Manne nicht ganz Unrecht geben; für Beer, den Verfasser
der Geschichte des Welthandels, ist das 19. Jahrhundert »das öko-
nomische«, wogegen Prof. Paulsen es in seiner Geschichte des ge-
lehrten Unterrichts
(2. Aufl. II, 206), das saeculum historicum im
Gegensatz zu dem vorausgegangenen saeculum philosophicum nennt,
und Goethe’s Ausdruck »ein aberweises Jahrhundert« sich auf das
unsrige ebenso gut wie auf das vorige anwenden liesse. Einen ernst-
lichen Wert besitzt aber gar keine solche Verallgemeinerung.



Das 19. Jahr-
hundert.

Hiermit gelange ich zum Schlusse dieser allgemeinen Einleitung.
Ehe ich aber den Schlussstrich ziehe, möchte ich mich noch, einer

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[30/0053] Allgemeine Einleitung. ginn dieser Einleitung behauptet, dass die Wissenschaft nicht eine, sondern trenne; das hat sich auch hier bewährt. Die wissenschaftliche Anatomie hat die Existenz von physischen, unterscheidenden Merk- malen zwischen den Rassen erwiesen, sodass sie nicht mehr geleugnet werden können, die wissenschaftliche Philologie hat zwischen den ver- schiedenen Sprachen prinzipielle Abweichungen aufgedeckt, die nicht zu überbrücken sind, die wissenschaftliche Geschichtsforschung hat in ihren verschiedenen Zweigen zu ähnlichen Resultaten geführt, nament- lich durch die genaue Feststellung der Religionsgeschichte einer jeden Rasse, wo nur die allerallgemeinsten Ideen den täuschenden Schein der Gleichmässigkeit erwecken, die Weiterentwickelung aber stets nach bestimmten, scharf voneinander abweichenden Richtungen stattgefunden hat, und noch immer stattfindet. Die sogenannte »Einheit der mensch- lichen Rasse« bleibt zwar als Hypothese noch in Ehren, jedoch nur als eine jeder materiellen Grundlage entbehrende, persönliche, sub- jektive Überzeugung. Im Gegensatz zu den gewiss sehr edlen, aus reinster Sentimentalität hervorgequollenen Weltverbrüderungsideen des 18. Jahrhunderts, in welchen die Sozialisten als Hintertreffen noch heute nachhinken, hat sich allmählich die starre Wirklichkeit als not- wendiges Ergebnis der Ereignisse und der Forschungen unseres Jahr- hunderts erhoben. Manche andere Benennung könnte vieles zu ihrer Rechtfertigung anführen: Rousseau hatte schon prophetisch von einem »Siècle des Révolutions« gesprochen, Andere reden wohl von einem Jahrhundert der Judenemanzipation, Jahrhundert der Elektrizität, Jahr- hundert der Volksarmeen, Jahrhundert der Kolonien, Jahrhundert der Musik, Jahrhundert der Reklame, Jahrhundert der Unfehlbarkeits- erklärung, — — — Kürzlich fand ich in einem englischen Buche unser Jahrhundert als the religious century bezeichnet und konnte dem Manne nicht ganz Unrecht geben; für Beer, den Verfasser der Geschichte des Welthandels, ist das 19. Jahrhundert »das öko- nomische«, wogegen Prof. Paulsen es in seiner Geschichte des ge- lehrten Unterrichts (2. Aufl. II, 206), das saeculum historicum im Gegensatz zu dem vorausgegangenen saeculum philosophicum nennt, und Goethe’s Ausdruck »ein aberweises Jahrhundert« sich auf das unsrige ebenso gut wie auf das vorige anwenden liesse. Einen ernst- lichen Wert besitzt aber gar keine solche Verallgemeinerung. Hiermit gelange ich zum Schlusse dieser allgemeinen Einleitung. Ehe ich aber den Schlussstrich ziehe, möchte ich mich noch, einer

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/53>, abgerufen am 24.11.2024.