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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899.

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Weltanschauung und Religion.
diese letztere hineingetragen wird mit ihrem ganzen Mechanismus in die
innere Welt. Auf letztere Weise entsteht der angeblich "wissenschaft-
liche" Monismus, der Materialismus u. s. w., lauter Lehren, welche nie
die Weltbedeutung des Judentums gewinnen werden, da es doch für die
meisten Menschen eine zu starke Zumutung ist, das wegzuleugnen, was
sie am sichersten wissen, welche aber dennoch in unserem 19. Jahr-
hundert eine arge Verwirrung der Gedanken angerichtet haben.1)

Allem diesen gegenüber -- und im Gegensatz zu allem mystischen
Pantheismus und Pananthropismus -- ist es geboten, die Scheidung in
zwei Welten, wie sie sich aus der streng wissenschaftlich gehandhabten
Erfahrung ergiebt, festzuhalten und stark zu betonen. Nur muss
die Grenzlinie am richtigen Orte gezogen werden: diesen Ort genau
bestimmt zu haben, ist eine der grössten Errungenschaften unserer
neuen Weltanschauung. Man darf sie natürlich nicht zwischen Mensch
und Welt ziehen; alles Vorangegangene zeigt, wie unmöglich dies ist;
der Mensch mag sich hinwenden, wohin er will, auf Schritt und Tritt
wird er Natur in sich, sich in Natur gewahren. Wollte man den

1) Eigentümlich und bemerkenswert ist es, wie sich im Leben die Verwandt-
schaft zwischen diesen beiden Irrtümern (des kritiklosen Hinausversetzens der inneren
Erfahrung in die Welt der Erscheinung und des Hineintragens der Erscheinung in
die innere Erfahrung) zeigt: aus Theisten werden im Handumdrehen Atheisten,
was man besonders auffallend bei Juden beobachten kann, da sie, wenn sie gläubig
sind (und auch als Christen noch) überzeugte, echte Theisten sind, während bei
uns Gott stets im Hintergrund verbleibt und selbst das orthodoxe Gemüt entweder
von dem Erlöser oder von der Mutter Gottes, den Heiligen und dem Sakrament
erfüllt ist. Ich hatte nie geahnt, wie fest theistische Überzeugung im Gehirn haften
kann, bis ich Gelegenheit hatte, an einem Freund, einem jüdischen Gelehrten, die
Genesis und hartnäckige Kraft der scheinbar entgegengesetzten, nämlich der
"atheistischen" Vorstellung zu beobachten. Es ist und bleibt absolut unmöglich,
einem solchen Menschen jemals beizubringen, was wir Germanen unter Gottheit,
Religion, Sittlichkeit verstehen. Hier liegt der Kern, der harte, unlösbare Kern
der sogenannten "Judenfrage". Und dies ist der Grund, warum ein unparteiischer
Mann, ohne eine Spur von Missachtung für die in mancher Beziehung vortreff-
lichen und alles Lobes würdigen Juden, ihre Gegenwart in unserer Mitte in grosser
Zahl für eine nicht zu unterschätzende Gefahr halten kann und muss. Nicht aber
der Jude allein, sondern alles, was vom jüdischen Geist ausgeht, ist ein Stoff,
welcher das Beste in uns zernagt und zersetzt. Und so tadelte denn Kant mit
Recht an den christlichen Kirchen, dass sie zuerst alle Menschen zu Juden um-
wandeln, indem sie die Bedeutung Jesu Christi darin setzen, dass er der historisch-
erwartete jüdische Messias gewesen sei! Würde uns das Judentum nicht auf diese
Weise innerlich eingeimpft, die Juden in Fleisch und Blut würden eine weit ge-
ringere Gefahr für unsere Kultur bedeuten.

Weltanschauung und Religion.
diese letztere hineingetragen wird mit ihrem ganzen Mechanismus in die
innere Welt. Auf letztere Weise entsteht der angeblich »wissenschaft-
liche« Monismus, der Materialismus u. s. w., lauter Lehren, welche nie
die Weltbedeutung des Judentums gewinnen werden, da es doch für die
meisten Menschen eine zu starke Zumutung ist, das wegzuleugnen, was
sie am sichersten wissen, welche aber dennoch in unserem 19. Jahr-
hundert eine arge Verwirrung der Gedanken angerichtet haben.1)

Allem diesen gegenüber — und im Gegensatz zu allem mystischen
Pantheismus und Pananthropismus — ist es geboten, die Scheidung in
zwei Welten, wie sie sich aus der streng wissenschaftlich gehandhabten
Erfahrung ergiebt, festzuhalten und stark zu betonen. Nur muss
die Grenzlinie am richtigen Orte gezogen werden: diesen Ort genau
bestimmt zu haben, ist eine der grössten Errungenschaften unserer
neuen Weltanschauung. Man darf sie natürlich nicht zwischen Mensch
und Welt ziehen; alles Vorangegangene zeigt, wie unmöglich dies ist;
der Mensch mag sich hinwenden, wohin er will, auf Schritt und Tritt
wird er Natur in sich, sich in Natur gewahren. Wollte man den

1) Eigentümlich und bemerkenswert ist es, wie sich im Leben die Verwandt-
schaft zwischen diesen beiden Irrtümern (des kritiklosen Hinausversetzens der inneren
Erfahrung in die Welt der Erscheinung und des Hineintragens der Erscheinung in
die innere Erfahrung) zeigt: aus Theisten werden im Handumdrehen Atheisten,
was man besonders auffallend bei Juden beobachten kann, da sie, wenn sie gläubig
sind (und auch als Christen noch) überzeugte, echte Theisten sind, während bei
uns Gott stets im Hintergrund verbleibt und selbst das orthodoxe Gemüt entweder
von dem Erlöser oder von der Mutter Gottes, den Heiligen und dem Sakrament
erfüllt ist. Ich hatte nie geahnt, wie fest theistische Überzeugung im Gehirn haften
kann, bis ich Gelegenheit hatte, an einem Freund, einem jüdischen Gelehrten, die
Genesis und hartnäckige Kraft der scheinbar entgegengesetzten, nämlich der
»atheistischen« Vorstellung zu beobachten. Es ist und bleibt absolut unmöglich,
einem solchen Menschen jemals beizubringen, was wir Germanen unter Gottheit,
Religion, Sittlichkeit verstehen. Hier liegt der Kern, der harte, unlösbare Kern
der sogenannten »Judenfrage«. Und dies ist der Grund, warum ein unparteiischer
Mann, ohne eine Spur von Missachtung für die in mancher Beziehung vortreff-
lichen und alles Lobes würdigen Juden, ihre Gegenwart in unserer Mitte in grosser
Zahl für eine nicht zu unterschätzende Gefahr halten kann und muss. Nicht aber
der Jude allein, sondern alles, was vom jüdischen Geist ausgeht, ist ein Stoff,
welcher das Beste in uns zernagt und zersetzt. Und so tadelte denn Kant mit
Recht an den christlichen Kirchen, dass sie zuerst alle Menschen zu Juden um-
wandeln, indem sie die Bedeutung Jesu Christi darin setzen, dass er der historisch-
erwartete jüdische Messias gewesen sei! Würde uns das Judentum nicht auf diese
Weise innerlich eingeimpft, die Juden in Fleisch und Blut würden eine weit ge-
ringere Gefahr für unsere Kultur bedeuten.
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[935/0414] Weltanschauung und Religion. diese letztere hineingetragen wird mit ihrem ganzen Mechanismus in die innere Welt. Auf letztere Weise entsteht der angeblich »wissenschaft- liche« Monismus, der Materialismus u. s. w., lauter Lehren, welche nie die Weltbedeutung des Judentums gewinnen werden, da es doch für die meisten Menschen eine zu starke Zumutung ist, das wegzuleugnen, was sie am sichersten wissen, welche aber dennoch in unserem 19. Jahr- hundert eine arge Verwirrung der Gedanken angerichtet haben. 1) Allem diesen gegenüber — und im Gegensatz zu allem mystischen Pantheismus und Pananthropismus — ist es geboten, die Scheidung in zwei Welten, wie sie sich aus der streng wissenschaftlich gehandhabten Erfahrung ergiebt, festzuhalten und stark zu betonen. Nur muss die Grenzlinie am richtigen Orte gezogen werden: diesen Ort genau bestimmt zu haben, ist eine der grössten Errungenschaften unserer neuen Weltanschauung. Man darf sie natürlich nicht zwischen Mensch und Welt ziehen; alles Vorangegangene zeigt, wie unmöglich dies ist; der Mensch mag sich hinwenden, wohin er will, auf Schritt und Tritt wird er Natur in sich, sich in Natur gewahren. Wollte man den 1) Eigentümlich und bemerkenswert ist es, wie sich im Leben die Verwandt- schaft zwischen diesen beiden Irrtümern (des kritiklosen Hinausversetzens der inneren Erfahrung in die Welt der Erscheinung und des Hineintragens der Erscheinung in die innere Erfahrung) zeigt: aus Theisten werden im Handumdrehen Atheisten, was man besonders auffallend bei Juden beobachten kann, da sie, wenn sie gläubig sind (und auch als Christen noch) überzeugte, echte Theisten sind, während bei uns Gott stets im Hintergrund verbleibt und selbst das orthodoxe Gemüt entweder von dem Erlöser oder von der Mutter Gottes, den Heiligen und dem Sakrament erfüllt ist. Ich hatte nie geahnt, wie fest theistische Überzeugung im Gehirn haften kann, bis ich Gelegenheit hatte, an einem Freund, einem jüdischen Gelehrten, die Genesis und hartnäckige Kraft der scheinbar entgegengesetzten, nämlich der »atheistischen« Vorstellung zu beobachten. Es ist und bleibt absolut unmöglich, einem solchen Menschen jemals beizubringen, was wir Germanen unter Gottheit, Religion, Sittlichkeit verstehen. Hier liegt der Kern, der harte, unlösbare Kern der sogenannten »Judenfrage«. Und dies ist der Grund, warum ein unparteiischer Mann, ohne eine Spur von Missachtung für die in mancher Beziehung vortreff- lichen und alles Lobes würdigen Juden, ihre Gegenwart in unserer Mitte in grosser Zahl für eine nicht zu unterschätzende Gefahr halten kann und muss. Nicht aber der Jude allein, sondern alles, was vom jüdischen Geist ausgeht, ist ein Stoff, welcher das Beste in uns zernagt und zersetzt. Und so tadelte denn Kant mit Recht an den christlichen Kirchen, dass sie zuerst alle Menschen zu Juden um- wandeln, indem sie die Bedeutung Jesu Christi darin setzen, dass er der historisch- erwartete jüdische Messias gewesen sei! Würde uns das Judentum nicht auf diese Weise innerlich eingeimpft, die Juden in Fleisch und Blut würden eine weit ge- ringere Gefahr für unsere Kultur bedeuten.

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. München 1899, S. 935. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen02_1899/414>, abgerufen am 24.11.2024.