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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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und wieder loßläßt, ganz unrichtig. Diese und so viele andere Jrrthümer in der Theorie der
schwingenden Bewegungen sind meistens dadurch veranlaßt worden, weil man nicht gewußt hat,
und manche Physiker vielleicht noch nicht wissen, daß jeder elastische Körper vielerley Schwingungs-
arten annehmen kann, deren jede einen andern Ton giebt, welches einer der ersten Lehrsätze bey
einem jeden Vortrage der Klanglehre seyn sollte, aber bis jetzt noch in wenigen physischen Lehr-
büchern ist vorgetragen worden. Die wahre Ursache des Klingens oder Nichtklingens einer Feuer-
zange liegt darin, weil bey dem Loßlassen der vorher mit den Fingern zusammengehaltenen Enden
die beyden Schenkel bey der ersten Bewegungsart (Fig. 38.) gewöhnlich viel zu langsam schwingen,
als daß ein Klang könnte gehört werden, dahingegen durch Anschlagen an verschiedenen Stellen
andere Bewegungsarten hervorgebracht werden, die höhere Töne geben.
100.

Ein Ring, d. i. ein kreißförmig gebogener und in sich selbst übergehender Stab theilt
sich bey seinen Schwingungen in 4, 6, 8, 10 oder mehrere gleiche Theile ein, die Töne, deren
er fähig ist, verhalten sich wie die Quadrate von 3, 5, 7, 9 u. s. w. Zu Versuchen kann
man einen etwas starken Draht von Messing, der an seinen Enden mit Schlagloth sauber
zusammengelöthet wird, am besten gebrauchen. Um jede verlangte Bewegungsart hervorzu-
bringen, lege man den Ring an drey Stellen, wo Schwingungsknoten sind, auf etwas zu-
sammengedrehtes Papier, oder starken Bindfaden, oder auf andere nicht allzu harte Unter-
lagen, drücke ihn, damit er sich nicht verrücke, an solchen Stellen mit den Fingern, aber nicht
allzustark, auf die Unterlagen, und streiche mit dem Violinbogen die Mitte eines schwingenden
Theils. Die Schwingungen werden weit leichter hervorgebracht werden können, wenn der
Ring bey der hier angegebenen horizontalen Lage mit dem Violinbogen senkrecht gestrichen
wird, so daß die Schwingungen auf und nieder gehen, als wenn man ihn in der Richtung
seines Durchmessers streicht, weil wegen der gewölbten Gestalt des Ringes jeder Theil von
außen nach innen sich so gegen die andern stenunt, daß die schwingenden Bewegungen nach
dieser Richtung dadurch erschwert werden, weshalb auch, wenn man durch ein stärkeres
Streichen eine Bewegung nach dieser Richtung erzwingt, die Töne etwas rauher und höher
ausfallen, als wenn man senkrecht streicht. Um den Ring gehörig senkrecht streichen zu können,
wird es am besten seyn, wenn man ihn auf einen Tisch auf seine Unterlagen so legt, daß der
schwingende Theil, den man streichen will, etwas über den Rand des Tisches hervorragt,
z. B. wenn man die einfachste Bewegungsart, wo der Ring sich in 4 schwingende Theile
eintheilt, hervorbringen will, so legt man Fig. 43. an den Rand des Tisches ab den Ring an
den 2 nächsten Schwingungsknoten m und n, und sodann noch auf einen, entweder bey p oder

und wieder loßlaͤßt, ganz unrichtig. Dieſe und ſo viele andere Jrrthuͤmer in der Theorie der
ſchwingenden Bewegungen ſind meiſtens dadurch veranlaßt worden, weil man nicht gewußt hat,
und manche Phyſiker vielleicht noch nicht wiſſen, daß jeder elaſtiſche Koͤrper vielerley Schwingungs-
arten annehmen kann, deren jede einen andern Ton giebt, welches einer der erſten Lehrſaͤtze bey
einem jeden Vortrage der Klanglehre ſeyn ſollte, aber bis jetzt noch in wenigen phyſiſchen Lehr-
buͤchern iſt vorgetragen worden. Die wahre Urſache des Klingens oder Nichtklingens einer Feuer-
zange liegt darin, weil bey dem Loßlaſſen der vorher mit den Fingern zuſammengehaltenen Enden
die beyden Schenkel bey der erſten Bewegungsart (Fig. 38.) gewoͤhnlich viel zu langſam ſchwingen,
als daß ein Klang koͤnnte gehoͤrt werden, dahingegen durch Anſchlagen an verſchiedenen Stellen
andere Bewegungsarten hervorgebracht werden, die hoͤhere Toͤne geben.
100.

Ein Ring, d. i. ein kreißfoͤrmig gebogener und in ſich ſelbſt uͤbergehender Stab theilt
ſich bey ſeinen Schwingungen in 4, 6, 8, 10 oder mehrere gleiche Theile ein, die Toͤne, deren
er faͤhig iſt, verhalten ſich wie die Quadrate von 3, 5, 7, 9 u. ſ. w. Zu Verſuchen kann
man einen etwas ſtarken Draht von Meſſing, der an ſeinen Enden mit Schlagloth ſauber
zuſammengeloͤthet wird, am beſten gebrauchen. Um jede verlangte Bewegungsart hervorzu-
bringen, lege man den Ring an drey Stellen, wo Schwingungsknoten ſind, auf etwas zu-
ſammengedrehtes Papier, oder ſtarken Bindfaden, oder auf andere nicht allzu harte Unter-
lagen, druͤcke ihn, damit er ſich nicht verruͤcke, an ſolchen Stellen mit den Fingern, aber nicht
allzuſtark, auf die Unterlagen, und ſtreiche mit dem Violinbogen die Mitte eines ſchwingenden
Theils. Die Schwingungen werden weit leichter hervorgebracht werden koͤnnen, wenn der
Ring bey der hier angegebenen horizontalen Lage mit dem Violinbogen ſenkrecht geſtrichen
wird, ſo daß die Schwingungen auf und nieder gehen, als wenn man ihn in der Richtung
ſeines Durchmeſſers ſtreicht, weil wegen der gewoͤlbten Geſtalt des Ringes jeder Theil von
außen nach innen ſich ſo gegen die andern ſtenunt, daß die ſchwingenden Bewegungen nach
dieſer Richtung dadurch erſchwert werden, weshalb auch, wenn man durch ein ſtaͤrkeres
Streichen eine Bewegung nach dieſer Richtung erzwingt, die Toͤne etwas rauher und hoͤher
ausfallen, als wenn man ſenkrecht ſtreicht. Um den Ring gehoͤrig ſenkrecht ſtreichen zu koͤnnen,
wird es am beſten ſeyn, wenn man ihn auf einen Tiſch auf ſeine Unterlagen ſo legt, daß der
ſchwingende Theil, den man ſtreichen will, etwas uͤber den Rand des Tiſches hervorragt,
z. B. wenn man die einfachſte Bewegungsart, wo der Ring ſich in 4 ſchwingende Theile
eintheilt, hervorbringen will, ſo legt man Fig. 43. an den Rand des Tiſches ab den Ring an
den 2 naͤchſten Schwingungsknoten m und n, und ſodann noch auf einen, entweder bey p oder

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[114/0148] und wieder loßlaͤßt, ganz unrichtig. Dieſe und ſo viele andere Jrrthuͤmer in der Theorie der ſchwingenden Bewegungen ſind meiſtens dadurch veranlaßt worden, weil man nicht gewußt hat, und manche Phyſiker vielleicht noch nicht wiſſen, daß jeder elaſtiſche Koͤrper vielerley Schwingungs- arten annehmen kann, deren jede einen andern Ton giebt, welches einer der erſten Lehrſaͤtze bey einem jeden Vortrage der Klanglehre ſeyn ſollte, aber bis jetzt noch in wenigen phyſiſchen Lehr- buͤchern iſt vorgetragen worden. Die wahre Urſache des Klingens oder Nichtklingens einer Feuer- zange liegt darin, weil bey dem Loßlaſſen der vorher mit den Fingern zuſammengehaltenen Enden die beyden Schenkel bey der erſten Bewegungsart (Fig. 38.) gewoͤhnlich viel zu langſam ſchwingen, als daß ein Klang koͤnnte gehoͤrt werden, dahingegen durch Anſchlagen an verſchiedenen Stellen andere Bewegungsarten hervorgebracht werden, die hoͤhere Toͤne geben. 100. Ein Ring, d. i. ein kreißfoͤrmig gebogener und in ſich ſelbſt uͤbergehender Stab theilt ſich bey ſeinen Schwingungen in 4, 6, 8, 10 oder mehrere gleiche Theile ein, die Toͤne, deren er faͤhig iſt, verhalten ſich wie die Quadrate von 3, 5, 7, 9 u. ſ. w. Zu Verſuchen kann man einen etwas ſtarken Draht von Meſſing, der an ſeinen Enden mit Schlagloth ſauber zuſammengeloͤthet wird, am beſten gebrauchen. Um jede verlangte Bewegungsart hervorzu- bringen, lege man den Ring an drey Stellen, wo Schwingungsknoten ſind, auf etwas zu- ſammengedrehtes Papier, oder ſtarken Bindfaden, oder auf andere nicht allzu harte Unter- lagen, druͤcke ihn, damit er ſich nicht verruͤcke, an ſolchen Stellen mit den Fingern, aber nicht allzuſtark, auf die Unterlagen, und ſtreiche mit dem Violinbogen die Mitte eines ſchwingenden Theils. Die Schwingungen werden weit leichter hervorgebracht werden koͤnnen, wenn der Ring bey der hier angegebenen horizontalen Lage mit dem Violinbogen ſenkrecht geſtrichen wird, ſo daß die Schwingungen auf und nieder gehen, als wenn man ihn in der Richtung ſeines Durchmeſſers ſtreicht, weil wegen der gewoͤlbten Geſtalt des Ringes jeder Theil von außen nach innen ſich ſo gegen die andern ſtenunt, daß die ſchwingenden Bewegungen nach dieſer Richtung dadurch erſchwert werden, weshalb auch, wenn man durch ein ſtaͤrkeres Streichen eine Bewegung nach dieſer Richtung erzwingt, die Toͤne etwas rauher und hoͤher ausfallen, als wenn man ſenkrecht ſtreicht. Um den Ring gehoͤrig ſenkrecht ſtreichen zu koͤnnen, wird es am beſten ſeyn, wenn man ihn auf einen Tiſch auf ſeine Unterlagen ſo legt, daß der ſchwingende Theil, den man ſtreichen will, etwas uͤber den Rand des Tiſches hervorragt, z. B. wenn man die einfachſte Bewegungsart, wo der Ring ſich in 4 ſchwingende Theile eintheilt, hervorbringen will, ſo legt man Fig. 43. an den Rand des Tiſches ab den Ring an den 2 naͤchſten Schwingungsknoten m und n, und ſodann noch auf einen, entweder bey p oder

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/148>, abgerufen am 04.12.2024.