etwas an, ohne es ausführen zu können. Am 8ten März 1790 war das erste Jnstrument dieser Art vollendet, und, weil ich die Art der Behandlung schon während des Baues mit eigen gemacht hatte, konnte ich wenige Tage hernach schon einige leichte Stücke darauf spielen. Da jede neue Sache auch einen neuen Namen haben muß, gab ich dieser Art von Jnstru- menten den Namen: E[u]phon*), welcher ein Jnstrument, das einen angenehmen Klang hat, bedeutet, und unter allen Namen, die mir beyfallen wollten, oder von Andern vorgeschlagen wurden, allein schicklich war. Das erste Euphon hatte nicht die gehörige Festigkeit des Baues, so daß viele Zeit und Bemühung erfordert ward, es immer in Ordnung zu erhalten, und bey jeder noch so kleinen Reise alles würde seyn zerstört werden, weshalb ich es auch in der Folge wieder aus einander genommen habe. Ferner hatte ich aus Mangel besserer Stäbe Thermometerröhren dazu genommen, und die den Ober- und Untertasten correspondirenden Töne durch einen verschiedenen Anstrich von Lack auf der untern Seite bezeichnet, welches aber wegen öftern Abspringen des Lacks durch die Nässe und durch die Schwingungen keine gute Wirkung für die Augen that. Nach einiger Zeit gelang es mir, meinen neuern Euphons die gehörige Festigkeit zu geben, so daß sie nie, weder bey dem Spielen, noch bey dem Trans- port, (in einem besonders dazu eingerichteten Reisewagen unter dem Sitze), selbst nicht ein- mahl bey schnellem Fahren auf übeln Steinwegen Schaden gelitten haben, ich bediente mich dazu auch besserer Stäbe von dunkeln und milchweißem Glase. Jn der Folge bauete ich ein Euphon auch noch auf andere Art, so daß es nicht, wie bey der erstern Bauart, schreibepult- förmig, sondern mehr tischförmig, der Resonanzboden nicht senkrecht, sondern horizontal, und die übrige mechanische Vorrichtung nicht hinter, sondern unter den Glasstäben befindlich war. Ueber die Eigenschaften dieser Art von Jnstrumenten sage ich hier nichts weiter, weil solches schon in verschiedenen Zeitschriften geschehen ist, und Viele auch mein Euphon gesehen und gehört haben. Das Wesentliche dieser Erfindung besteht übrigens darin, daß ich zuerst die Jdee gehabt und ausgeführt habe, durch Streichen gläserner Stäbe, (ob sie cylindrisch oder parallelepipedisch sind, ist einerley) mit nassen Fingern nach der Richtung der Länge einen Klang (vermittelst irgend einer mechanischen Vorrichtung, die sehr verschieden seyn kann) her- vorzubringen; mithin ist kein von einem Andern, nachdem ich die erste Jdee gegeben hatte, geschehener oder etwa in der Folge geschehender Bau eines solchen Jnstrumentes als eine neue Erfindung anzusehen.
*) Von euphonon, ungefähr eben so, wie man von poluganon sagt Polygon.
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etwas an, ohne es ausfuͤhren zu koͤnnen. Am 8ten Maͤrz 1790 war das erſte Jnſtrument dieſer Art vollendet, und, weil ich die Art der Behandlung ſchon waͤhrend des Baues mit eigen gemacht hatte, konnte ich wenige Tage hernach ſchon einige leichte Stuͤcke darauf ſpielen. Da jede neue Sache auch einen neuen Namen haben muß, gab ich dieſer Art von Jnſtru- menten den Namen: E[u]phon*), welcher ein Jnſtrument, das einen angenehmen Klang hat, bedeutet, und unter allen Namen, die mir beyfallen wollten, oder von Andern vorgeſchlagen wurden, allein ſchicklich war. Das erſte Euphon hatte nicht die gehoͤrige Feſtigkeit des Baues, ſo daß viele Zeit und Bemuͤhung erfordert ward, es immer in Ordnung zu erhalten, und bey jeder noch ſo kleinen Reiſe alles wuͤrde ſeyn zerſtoͤrt werden, weshalb ich es auch in der Folge wieder aus einander genommen habe. Ferner hatte ich aus Mangel beſſerer Staͤbe Thermometerroͤhren dazu genommen, und die den Ober- und Untertaſten correſpondirenden Toͤne durch einen verſchiedenen Anſtrich von Lack auf der untern Seite bezeichnet, welches aber wegen oͤftern Abſpringen des Lacks durch die Naͤſſe und durch die Schwingungen keine gute Wirkung fuͤr die Augen that. Nach einiger Zeit gelang es mir, meinen neuern Euphons die gehoͤrige Feſtigkeit zu geben, ſo daß ſie nie, weder bey dem Spielen, noch bey dem Trans- port, (in einem beſonders dazu eingerichteten Reiſewagen unter dem Sitze), ſelbſt nicht ein- mahl bey ſchnellem Fahren auf uͤbeln Steinwegen Schaden gelitten haben, ich bediente mich dazu auch beſſerer Staͤbe von dunkeln und milchweißem Glaſe. Jn der Folge bauete ich ein Euphon auch noch auf andere Art, ſo daß es nicht, wie bey der erſtern Bauart, ſchreibepult- foͤrmig, ſondern mehr tiſchfoͤrmig, der Reſonanzboden nicht ſenkrecht, ſondern horizontal, und die uͤbrige mechaniſche Vorrichtung nicht hinter, ſondern unter den Glasſtaͤben befindlich war. Ueber die Eigenſchaften dieſer Art von Jnſtrumenten ſage ich hier nichts weiter, weil ſolches ſchon in verſchiedenen Zeitſchriften geſchehen iſt, und Viele auch mein Euphon geſehen und gehoͤrt haben. Das Weſentliche dieſer Erfindung beſteht uͤbrigens darin, daß ich zuerſt die Jdee gehabt und ausgefuͤhrt habe, durch Streichen glaͤſerner Staͤbe, (ob ſie cylindriſch oder parallelepipediſch ſind, iſt einerley) mit naſſen Fingern nach der Richtung der Laͤnge einen Klang (vermittelſt irgend einer mechaniſchen Vorrichtung, die ſehr verſchieden ſeyn kann) her- vorzubringen; mithin iſt kein von einem Andern, nachdem ich die erſte Jdee gegeben hatte, geſchehener oder etwa in der Folge geſchehender Bau eines ſolchen Jnſtrumentes als eine neue Erfindung anzuſehen.
*) Von ἐυφωνον, ungefaͤhr eben ſo, wie man von πολυγανον ſagt Polygon.
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[XIX/0021]
etwas an, ohne es ausfuͤhren zu koͤnnen. Am 8ten Maͤrz 1790 war das erſte Jnſtrument
dieſer Art vollendet, und, weil ich die Art der Behandlung ſchon waͤhrend des Baues mit
eigen gemacht hatte, konnte ich wenige Tage hernach ſchon einige leichte Stuͤcke darauf ſpielen.
Da jede neue Sache auch einen neuen Namen haben muß, gab ich dieſer Art von Jnſtru-
menten den Namen: Euphon *), welcher ein Jnſtrument, das einen angenehmen Klang hat,
bedeutet, und unter allen Namen, die mir beyfallen wollten, oder von Andern vorgeſchlagen
wurden, allein ſchicklich war. Das erſte Euphon hatte nicht die gehoͤrige Feſtigkeit des
Baues, ſo daß viele Zeit und Bemuͤhung erfordert ward, es immer in Ordnung zu erhalten,
und bey jeder noch ſo kleinen Reiſe alles wuͤrde ſeyn zerſtoͤrt werden, weshalb ich es auch in
der Folge wieder aus einander genommen habe. Ferner hatte ich aus Mangel beſſerer Staͤbe
Thermometerroͤhren dazu genommen, und die den Ober- und Untertaſten correſpondirenden
Toͤne durch einen verſchiedenen Anſtrich von Lack auf der untern Seite bezeichnet, welches aber
wegen oͤftern Abſpringen des Lacks durch die Naͤſſe und durch die Schwingungen keine gute
Wirkung fuͤr die Augen that. Nach einiger Zeit gelang es mir, meinen neuern Euphons die
gehoͤrige Feſtigkeit zu geben, ſo daß ſie nie, weder bey dem Spielen, noch bey dem Trans-
port, (in einem beſonders dazu eingerichteten Reiſewagen unter dem Sitze), ſelbſt nicht ein-
mahl bey ſchnellem Fahren auf uͤbeln Steinwegen Schaden gelitten haben, ich bediente mich
dazu auch beſſerer Staͤbe von dunkeln und milchweißem Glaſe. Jn der Folge bauete ich ein
Euphon auch noch auf andere Art, ſo daß es nicht, wie bey der erſtern Bauart, ſchreibepult-
foͤrmig, ſondern mehr tiſchfoͤrmig, der Reſonanzboden nicht ſenkrecht, ſondern horizontal,
und die uͤbrige mechaniſche Vorrichtung nicht hinter, ſondern unter den Glasſtaͤben befindlich
war. Ueber die Eigenſchaften dieſer Art von Jnſtrumenten ſage ich hier nichts weiter, weil
ſolches ſchon in verſchiedenen Zeitſchriften geſchehen iſt, und Viele auch mein Euphon geſehen
und gehoͤrt haben. Das Weſentliche dieſer Erfindung beſteht uͤbrigens darin, daß ich zuerſt
die Jdee gehabt und ausgefuͤhrt habe, durch Streichen glaͤſerner Staͤbe, (ob ſie cylindriſch
oder parallelepipediſch ſind, iſt einerley) mit naſſen Fingern nach der Richtung der Laͤnge einen
Klang (vermittelſt irgend einer mechaniſchen Vorrichtung, die ſehr verſchieden ſeyn kann) her-
vorzubringen; mithin iſt kein von einem Andern, nachdem ich die erſte Jdee gegeben hatte,
geſchehener oder etwa in der Folge geſchehender Bau eines ſolchen Jnſtrumentes als eine neue
Erfindung anzuſehen.
*) Von ἐυφωνον, ungefaͤhr eben ſo, wie man von πολυγανον ſagt Polygon.
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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/21>, abgerufen am 16.07.2024.
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