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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Töne nur ziemlich schwach mitklingende tiefe Ton hier so viele Würkung thun könne, und daß das
Gefühl der würklich angegebenen höhern Töne, durch welche das Mitklingen des tiefern Tones
veranlaßt wird, so ganz verschwinde, und der Harmonie anderer Töne keinen Eintrag thue. Da
die Sache in der Allgem. musikal. Zeitung und auch sonst zur Sprache kommt, und wohl noch viele
Bemerkungen dafür und dawider veranlassen wird, so muß es sich wohl bald ausweisen, in wie-
fern dadurch eine Reform in dem Orgelbau werde bewürkt werden, oder nicht.


Zehnter Abschnitt.
Von einem Beysammenseyn schwingender und anderer Bewegungen.


189.

Jede schwingende Bewegung oder auch mehrere zugleich können auch mit andern Arten der
Bewegung, nähmlich mit einer drehenden, oder fortschreitenden (§. 1.) auf unendlich ver-
schiedene Weise verbunden seyn, welches von Daniel Bernoulli und von L. Euler im
15ten und 19ten Bande der Nov. Comment. Acad. Petrop. ist erwiesen worden, und auch
durch die Erfahrung bestätigt wird. Es findet dieses an allen klingenden Körpern ohne Aus-
nahme Statt; man würde z. B. eine auf ein Bretchen gespannte Saite, oder einen Stab,
eine Gabel, eine Glocke, oder welchen klingenden Körper man will, anschlagen, und während
er eine Zeit lang forttönt, ihn um seine Axe drehen und zu gleicher Zeit fortwerfen können, es
würde also durch die zugleich vorhandene fortschreitende und drehende Bewegung die zum
Klange erforderliche zirternde Bewegung, welche ebenfalls aus mehrern zusammengesetzt seyn
könnte, ganz und gar nicht gehindert werden, es würde aber die absolute Bewegung eines
jeden Punctes sehr zusammengesetzt und in den meisten Fällen schwer zu bestimmen seyn.

190.

Es zeigen sich Bewegungen, die aus einer schwingenden und einer Kreißbewegung
zusammengesetzt sind, sehr häufig an Saiten, und lassen sich besonders an den längsten Saiten
eines Klaviers oder eines Fortepiano leicht bemerken. Professor Busse jetzt in Freyberg, hat
in seinen kleinen Beyträgen zur Mathematik und Physik S. 137. diese Erscheinung zu weiterer
Untersuchung empfohlen; ich erwähne sie, da er sie richtig beschrieben hat, mit dessen eigenen
Worten: "Der Raum, durch welchen die Saite schwingt, erscheint uns wie eine Fläche,

Toͤne nur ziemlich ſchwach mitklingende tiefe Ton hier ſo viele Wuͤrkung thun koͤnne, und daß das
Gefuͤhl der wuͤrklich angegebenen hoͤhern Toͤne, durch welche das Mitklingen des tiefern Tones
veranlaßt wird, ſo ganz verſchwinde, und der Harmonie anderer Toͤne keinen Eintrag thue. Da
die Sache in der Allgem. muſikal. Zeitung und auch ſonſt zur Sprache kommt, und wohl noch viele
Bemerkungen dafuͤr und dawider veranlaſſen wird, ſo muß es ſich wohl bald ausweiſen, in wie-
fern dadurch eine Reform in dem Orgelbau werde bewuͤrkt werden, oder nicht.


Zehnter Abſchnitt.
Von einem Beyſammenſeyn ſchwingender und anderer Bewegungen.


189.

Jede ſchwingende Bewegung oder auch mehrere zugleich koͤnnen auch mit andern Arten der
Bewegung, naͤhmlich mit einer drehenden, oder fortſchreitenden (§. 1.) auf unendlich ver-
ſchiedene Weiſe verbunden ſeyn, welches von Daniel Bernoulli und von L. Euler im
15ten und 19ten Bande der Nov. Comment. Acad. Petrop. iſt erwieſen worden, und auch
durch die Erfahrung beſtaͤtigt wird. Es findet dieſes an allen klingenden Koͤrpern ohne Aus-
nahme Statt; man wuͤrde z. B. eine auf ein Bretchen geſpannte Saite, oder einen Stab,
eine Gabel, eine Glocke, oder welchen klingenden Koͤrper man will, anſchlagen, und waͤhrend
er eine Zeit lang forttoͤnt, ihn um ſeine Axe drehen und zu gleicher Zeit fortwerfen koͤnnen, es
wuͤrde alſo durch die zugleich vorhandene fortſchreitende und drehende Bewegung die zum
Klange erforderliche zirternde Bewegung, welche ebenfalls aus mehrern zuſammengeſetzt ſeyn
koͤnnte, ganz und gar nicht gehindert werden, es wuͤrde aber die abſolute Bewegung eines
jeden Punctes ſehr zuſammengeſetzt und in den meiſten Faͤllen ſchwer zu beſtimmen ſeyn.

190.

Es zeigen ſich Bewegungen, die aus einer ſchwingenden und einer Kreißbewegung
zuſammengeſetzt ſind, ſehr haͤufig an Saiten, und laſſen ſich beſonders an den laͤngſten Saiten
eines Klaviers oder eines Fortepiano leicht bemerken. Profeſſor Buſſe jetzt in Freyberg, hat
in ſeinen kleinen Beytraͤgen zur Mathematik und Phyſik S. 137. dieſe Erſcheinung zu weiterer
Unterſuchung empfohlen; ich erwaͤhne ſie, da er ſie richtig beſchrieben hat, mit deſſen eigenen
Worten: „Der Raum, durch welchen die Saite ſchwingt, erſcheint uns wie eine Flaͤche,

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[210/0244] Toͤne nur ziemlich ſchwach mitklingende tiefe Ton hier ſo viele Wuͤrkung thun koͤnne, und daß das Gefuͤhl der wuͤrklich angegebenen hoͤhern Toͤne, durch welche das Mitklingen des tiefern Tones veranlaßt wird, ſo ganz verſchwinde, und der Harmonie anderer Toͤne keinen Eintrag thue. Da die Sache in der Allgem. muſikal. Zeitung und auch ſonſt zur Sprache kommt, und wohl noch viele Bemerkungen dafuͤr und dawider veranlaſſen wird, ſo muß es ſich wohl bald ausweiſen, in wie- fern dadurch eine Reform in dem Orgelbau werde bewuͤrkt werden, oder nicht. Zehnter Abſchnitt. Von einem Beyſammenſeyn ſchwingender und anderer Bewegungen. 189. Jede ſchwingende Bewegung oder auch mehrere zugleich koͤnnen auch mit andern Arten der Bewegung, naͤhmlich mit einer drehenden, oder fortſchreitenden (§. 1.) auf unendlich ver- ſchiedene Weiſe verbunden ſeyn, welches von Daniel Bernoulli und von L. Euler im 15ten und 19ten Bande der Nov. Comment. Acad. Petrop. iſt erwieſen worden, und auch durch die Erfahrung beſtaͤtigt wird. Es findet dieſes an allen klingenden Koͤrpern ohne Aus- nahme Statt; man wuͤrde z. B. eine auf ein Bretchen geſpannte Saite, oder einen Stab, eine Gabel, eine Glocke, oder welchen klingenden Koͤrper man will, anſchlagen, und waͤhrend er eine Zeit lang forttoͤnt, ihn um ſeine Axe drehen und zu gleicher Zeit fortwerfen koͤnnen, es wuͤrde alſo durch die zugleich vorhandene fortſchreitende und drehende Bewegung die zum Klange erforderliche zirternde Bewegung, welche ebenfalls aus mehrern zuſammengeſetzt ſeyn koͤnnte, ganz und gar nicht gehindert werden, es wuͤrde aber die abſolute Bewegung eines jeden Punctes ſehr zuſammengeſetzt und in den meiſten Faͤllen ſchwer zu beſtimmen ſeyn. 190. Es zeigen ſich Bewegungen, die aus einer ſchwingenden und einer Kreißbewegung zuſammengeſetzt ſind, ſehr haͤufig an Saiten, und laſſen ſich beſonders an den laͤngſten Saiten eines Klaviers oder eines Fortepiano leicht bemerken. Profeſſor Buſſe jetzt in Freyberg, hat in ſeinen kleinen Beytraͤgen zur Mathematik und Phyſik S. 137. dieſe Erſcheinung zu weiterer Unterſuchung empfohlen; ich erwaͤhne ſie, da er ſie richtig beſchrieben hat, mit deſſen eigenen Worten: „Der Raum, durch welchen die Saite ſchwingt, erſcheint uns wie eine Flaͤche,

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/244>, abgerufen am 04.12.2024.