hören zu lassen, ist es nothwendig, daß das Rohr nach dem Ende zu, welches von dem Munde abwärts gekehrt ist, weiter sey. Die vortheilhafteste Gestalt eines Sprachrohres ist, wie Lambert gezeigt hat, ein abgekürzter Kegel, es werden nähmlich in demselben alle an dessen Seitenwände anstoßenden Schallstralen so gebrochen, daß sie nach einer oder mehreren Brechungen, Fig. 260, mit der Axe parallel werden, oder wenigstens nicht sehr davon abweichen. Nennt man den Kegelwinkel p und den ersten Einfallswinkel eines Schall- strahls q, so sind dessen Einfallswinkel q, q - p, q - 2p, q - 3p u. s. f. bis diese Reihe bey weiterer Fortsetzung würde anfangen negativ zu werden, es wird also die Abweichung von der Axe bey jeder Brechung kleiner. Ein parabolisches Rohr thut weniger Würkung, als ein kegelförmiges von gleicher Länge. Alle solche Figuren, welche bey ihrer Erweiterung ihre Convexität der Axe zukehren, dergleichen man bey Blasinstrumenten mit Vor- theil anwendet, taugen zu dieser Absicht nicht, weil sie den Schall zu sehr zerstreuen. Ein elliptisches Rohr thut nach den Beobachtungen des Prof. Huth keine vertheilhafte Würkung.
Einige behaupten, ein Sprachrohr müsse, um den Klang noch mehr durch seine eige- nen Schwingungen zu verstärken, aus einer sehr elastischen Materie bestehen, andere hin- gegen, es müsse die Materie so unelastisch, als möglich, seyn, damit durch die Schwingungen des Rohres der Schall nicht undeutlich werde. Wahrscheinlich hat aber dieser Umstand wenig Einfluß auf die Verstäckung des Schalles; es könnte nähmlich ein solches Mitzittern des Rohres den Schall wohl deshalb nicht sehr nach der verlangten Richtung verstärken, weil es ihn auch nach außen verbreiten würde; es könnte aber auch wohl schwerlich den Schall viel undeutlicher machen, weil die Erfahrung lehrt, daß feste Körper ebensowohl, wie die Luft, auch einen artieulirten Schall fortzuleiten im Stande sind. Auf die Beschaffenheit der innern Oberfläche, ob sie nähmlich rauh oder glatt ist, möchte wohl nur wenig ankommen.
Man beurtheilt gewöhnlich die Veränderungen der Richtung des Schalles auf eben die Art, wie die Zurückbrechungen der Lichtstralen von einer Spiegelfläche, wo der Brechungs- winkel dem Einfallswinkel gleich ist. Es scheint diese Vorstellungsart nicht ganz der Natur gemäß zu seyn, indem die Bewegung des Schalles darin von der Bewegung des Lichtes ab- weicht, 1) daß die Rückwürkung des Lichtes, wenn es auf eine Fläche fällt, von der Be- schaffenheit eines jeden einzelnen Punctes derselben, die Rückwürkung des Schalles aber von der Gestalt der Fläche, gegen welche sich die zusammengedrückte Luft stemmt, im Ganzen abhängt, 2) daß der Schall wegen neuer Mittelpuncte von Schallstralen nach allen möglichen
hoͤren zu laſſen, iſt es nothwendig, daß das Rohr nach dem Ende zu, welches von dem Munde abwaͤrts gekehrt iſt, weiter ſey. Die vortheilhafteſte Geſtalt eines Sprachrohres iſt, wie Lambert gezeigt hat, ein abgekuͤrzter Kegel, es werden naͤhmlich in demſelben alle an deſſen Seitenwaͤnde anſtoßenden Schallſtralen ſo gebrochen, daß ſie nach einer oder mehreren Brechungen, Fig. 260, mit der Axe parallel werden, oder wenigſtens nicht ſehr davon abweichen. Nennt man den Kegelwinkel p und den erſten Einfallswinkel eines Schall- ſtrahls q, ſo ſind deſſen Einfallswinkel q, q – p, q – 2p, q – 3p u. ſ. f. bis dieſe Reihe bey weiterer Fortſetzung wuͤrde anfangen negativ zu werden, es wird alſo die Abweichung von der Axe bey jeder Brechung kleiner. Ein paraboliſches Rohr thut weniger Wuͤrkung, als ein kegelfoͤrmiges von gleicher Laͤnge. Alle ſolche Figuren, welche bey ihrer Erweiterung ihre Convexitaͤt der Axe zukehren, dergleichen man bey Blasinſtrumenten mit Vor- theil anwendet, taugen zu dieſer Abſicht nicht, weil ſie den Schall zu ſehr zerſtreuen. Ein elliptiſches Rohr thut nach den Beobachtungen des Prof. Huth keine vertheilhafte Wuͤrkung.
Einige behaupten, ein Sprachrohr muͤſſe, um den Klang noch mehr durch ſeine eige- nen Schwingungen zu verſtaͤrken, aus einer ſehr elaſtiſchen Materie beſtehen, andere hin- gegen, es muͤſſe die Materie ſo unelaſtiſch, als moͤglich, ſeyn, damit durch die Schwingungen des Rohres der Schall nicht undeutlich werde. Wahrſcheinlich hat aber dieſer Umſtand wenig Einfluß auf die Verſtaͤckung des Schalles; es koͤnnte naͤhmlich ein ſolches Mitzittern des Rohres den Schall wohl deshalb nicht ſehr nach der verlangten Richtung verſtaͤrken, weil es ihn auch nach außen verbreiten wuͤrde; es koͤnnte aber auch wohl ſchwerlich den Schall viel undeutlicher machen, weil die Erfahrung lehrt, daß feſte Koͤrper ebenſowohl, wie die Luft, auch einen artieulirten Schall fortzuleiten im Stande ſind. Auf die Beſchaffenheit der innern Oberflaͤche, ob ſie naͤhmlich rauh oder glatt iſt, moͤchte wohl nur wenig ankommen.
Man beurtheilt gewoͤhnlich die Veraͤnderungen der Richtung des Schalles auf eben die Art, wie die Zuruͤckbrechungen der Lichtſtralen von einer Spiegelflaͤche, wo der Brechungs- winkel dem Einfallswinkel gleich iſt. Es ſcheint dieſe Vorſtellungsart nicht ganz der Natur gemaͤß zu ſeyn, indem die Bewegung des Schalles darin von der Bewegung des Lichtes ab- weicht, 1) daß die Ruͤckwuͤrkung des Lichtes, wenn es auf eine Flaͤche faͤllt, von der Be- ſchaffenheit eines jeden einzelnen Punctes derſelben, die Ruͤckwuͤrkung des Schalles aber von der Geſtalt der Flaͤche, gegen welche ſich die zuſammengedruͤckte Luft ſtemmt, im Ganzen abhaͤngt, 2) daß der Schall wegen neuer Mittelpuncte von Schallſtralen nach allen moͤglichen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0272"n="238"/>
hoͤren zu laſſen, iſt es nothwendig, daß das Rohr nach dem Ende zu, welches von dem<lb/>
Munde abwaͤrts gekehrt iſt, weiter ſey. Die vortheilhafteſte Geſtalt eines Sprachrohres iſt,<lb/>
wie <hirendition="#g">Lambert</hi> gezeigt hat, ein <hirendition="#g">abgekuͤrzter Kegel,</hi> es werden naͤhmlich in demſelben<lb/>
alle an deſſen Seitenwaͤnde anſtoßenden Schallſtralen ſo gebrochen, daß ſie nach einer oder<lb/>
mehreren Brechungen, <hirendition="#aq">Fig.</hi> 260, mit der Axe parallel werden, oder wenigſtens nicht ſehr<lb/>
davon abweichen. Nennt man den Kegelwinkel <hirendition="#aq">p</hi> und den erſten Einfallswinkel eines Schall-<lb/>ſtrahls <hirendition="#aq">q,</hi>ſo ſind deſſen Einfallswinkel <hirendition="#aq">q, q – p, q – 2p, q – 3p</hi> u. ſ. f. bis dieſe Reihe<lb/>
bey weiterer Fortſetzung wuͤrde anfangen negativ zu werden, es wird alſo die Abweichung von<lb/>
der Axe bey jeder Brechung kleiner. Ein <hirendition="#g">paraboliſches</hi> Rohr thut weniger Wuͤrkung,<lb/>
als ein kegelfoͤrmiges von gleicher Laͤnge. Alle ſolche Figuren, welche bey ihrer Erweiterung<lb/><hirendition="#g">ihre Convexitaͤt der Axe zukehren,</hi> dergleichen man bey Blasinſtrumenten mit Vor-<lb/>
theil anwendet, taugen zu dieſer Abſicht nicht, weil ſie den Schall zu ſehr zerſtreuen. Ein<lb/>
elliptiſches Rohr thut nach den Beobachtungen des Prof. <hirendition="#g">Huth</hi> keine vertheilhafte Wuͤrkung.</p><lb/><p>Einige behaupten, ein Sprachrohr muͤſſe, um den Klang noch mehr durch ſeine eige-<lb/>
nen Schwingungen zu verſtaͤrken, aus einer ſehr elaſtiſchen Materie beſtehen, andere hin-<lb/>
gegen, es muͤſſe die Materie ſo unelaſtiſch, als moͤglich, ſeyn, damit durch die Schwingungen<lb/>
des Rohres der Schall nicht undeutlich werde. Wahrſcheinlich hat aber dieſer Umſtand wenig<lb/>
Einfluß auf die Verſtaͤckung des Schalles; es koͤnnte naͤhmlich ein ſolches Mitzittern des<lb/>
Rohres den Schall wohl deshalb nicht ſehr nach der verlangten Richtung verſtaͤrken, weil es<lb/>
ihn auch nach außen verbreiten wuͤrde; es koͤnnte aber auch wohl ſchwerlich den Schall viel<lb/>
undeutlicher machen, weil die Erfahrung lehrt, daß feſte Koͤrper ebenſowohl, wie die Luft,<lb/>
auch einen artieulirten Schall fortzuleiten im Stande ſind. Auf die Beſchaffenheit der innern<lb/>
Oberflaͤche, ob ſie naͤhmlich rauh oder glatt iſt, moͤchte wohl nur wenig ankommen.</p><lb/><p>Man beurtheilt gewoͤhnlich die Veraͤnderungen der Richtung des Schalles auf eben<lb/>
die Art, wie die Zuruͤckbrechungen der Lichtſtralen von einer Spiegelflaͤche, wo der Brechungs-<lb/>
winkel dem Einfallswinkel gleich iſt. Es ſcheint dieſe Vorſtellungsart nicht ganz der Natur<lb/>
gemaͤß zu ſeyn, indem die Bewegung des Schalles darin von der Bewegung des Lichtes ab-<lb/>
weicht, 1) daß die Ruͤckwuͤrkung des Lichtes, wenn es auf eine Flaͤche faͤllt, von der Be-<lb/>ſchaffenheit eines jeden einzelnen Punctes derſelben, die Ruͤckwuͤrkung des Schalles aber von<lb/>
der Geſtalt der Flaͤche, gegen welche ſich die zuſammengedruͤckte Luft ſtemmt, im Ganzen<lb/>
abhaͤngt, 2) daß der Schall wegen neuer Mittelpuncte von Schallſtralen nach allen moͤglichen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[238/0272]
hoͤren zu laſſen, iſt es nothwendig, daß das Rohr nach dem Ende zu, welches von dem
Munde abwaͤrts gekehrt iſt, weiter ſey. Die vortheilhafteſte Geſtalt eines Sprachrohres iſt,
wie Lambert gezeigt hat, ein abgekuͤrzter Kegel, es werden naͤhmlich in demſelben
alle an deſſen Seitenwaͤnde anſtoßenden Schallſtralen ſo gebrochen, daß ſie nach einer oder
mehreren Brechungen, Fig. 260, mit der Axe parallel werden, oder wenigſtens nicht ſehr
davon abweichen. Nennt man den Kegelwinkel p und den erſten Einfallswinkel eines Schall-
ſtrahls q, ſo ſind deſſen Einfallswinkel q, q – p, q – 2p, q – 3p u. ſ. f. bis dieſe Reihe
bey weiterer Fortſetzung wuͤrde anfangen negativ zu werden, es wird alſo die Abweichung von
der Axe bey jeder Brechung kleiner. Ein paraboliſches Rohr thut weniger Wuͤrkung,
als ein kegelfoͤrmiges von gleicher Laͤnge. Alle ſolche Figuren, welche bey ihrer Erweiterung
ihre Convexitaͤt der Axe zukehren, dergleichen man bey Blasinſtrumenten mit Vor-
theil anwendet, taugen zu dieſer Abſicht nicht, weil ſie den Schall zu ſehr zerſtreuen. Ein
elliptiſches Rohr thut nach den Beobachtungen des Prof. Huth keine vertheilhafte Wuͤrkung.
Einige behaupten, ein Sprachrohr muͤſſe, um den Klang noch mehr durch ſeine eige-
nen Schwingungen zu verſtaͤrken, aus einer ſehr elaſtiſchen Materie beſtehen, andere hin-
gegen, es muͤſſe die Materie ſo unelaſtiſch, als moͤglich, ſeyn, damit durch die Schwingungen
des Rohres der Schall nicht undeutlich werde. Wahrſcheinlich hat aber dieſer Umſtand wenig
Einfluß auf die Verſtaͤckung des Schalles; es koͤnnte naͤhmlich ein ſolches Mitzittern des
Rohres den Schall wohl deshalb nicht ſehr nach der verlangten Richtung verſtaͤrken, weil es
ihn auch nach außen verbreiten wuͤrde; es koͤnnte aber auch wohl ſchwerlich den Schall viel
undeutlicher machen, weil die Erfahrung lehrt, daß feſte Koͤrper ebenſowohl, wie die Luft,
auch einen artieulirten Schall fortzuleiten im Stande ſind. Auf die Beſchaffenheit der innern
Oberflaͤche, ob ſie naͤhmlich rauh oder glatt iſt, moͤchte wohl nur wenig ankommen.
Man beurtheilt gewoͤhnlich die Veraͤnderungen der Richtung des Schalles auf eben
die Art, wie die Zuruͤckbrechungen der Lichtſtralen von einer Spiegelflaͤche, wo der Brechungs-
winkel dem Einfallswinkel gleich iſt. Es ſcheint dieſe Vorſtellungsart nicht ganz der Natur
gemaͤß zu ſeyn, indem die Bewegung des Schalles darin von der Bewegung des Lichtes ab-
weicht, 1) daß die Ruͤckwuͤrkung des Lichtes, wenn es auf eine Flaͤche faͤllt, von der Be-
ſchaffenheit eines jeden einzelnen Punctes derſelben, die Ruͤckwuͤrkung des Schalles aber von
der Geſtalt der Flaͤche, gegen welche ſich die zuſammengedruͤckte Luft ſtemmt, im Ganzen
abhaͤngt, 2) daß der Schall wegen neuer Mittelpuncte von Schallſtralen nach allen moͤglichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/272>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.