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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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215.

Die Beförderung einer gleichförmigen und ungehinderten natürlichen Verbrei-
tung
des Schalles ist zwar weit leichter und sicherer, als jede künstliche Verstärkung desselben,
sie ist aber bey großen Gebäudeu, die eine beträchtliche Zahl von Zuhörern fassen sollten, nicht
hinlänglich. Nach den von Saunders angestellten Untersuchungen (in Treatise on theaters
including some Experiments on sound, London,
4.) läßt sich annehmen, daß eine gewöhn-
liche Stimme noch ungefähr auf 70 Fuß vernehmlich bleibt, es würde sich also ein Theater
nach dieser Maxime allenfalls auf 2000 Zuhörer einrichten lassen. Wenn der Raum so klein
ist, daß jeder Zuschauer weniger als 60 Fuß von dem Sprechenden entfernt ist, so wird die
innere Form für den Schall ziemlich gleichgültig seyn, weil er den Raum so schnell durchdringt,
daß man falsche Brechungen und einen nachtheiligen Wiederhall nicht gewahr wird. Ein
solcher Wiederhall kann nähmlich nur in dem Falle den Klang verstärken, wenn die Fläche,
gegen welche sich der Schall stemmt, so nahe ist, daß die Rückwürkung sehr schnell erfolgt,
und man sie also von dem ersten Schalle nicht unterscheiden kann. Außerdem aber würde der
Wiederhall den Schall verlängern und undeutlich machen. Herr Rhode bemerkt, allem
Ansehen nach mit Recht, daß wenn die Sitze stufenweise über einander angelegt sind, keine
Rückwürkung des Schalles bemerkbar seyn könne, weil der Schall nirgends in einem Zeit-
momente eine Wiederstandsmasse antrift, von der eine so starke Rückwürkung möglich wäre,
daß sie dem Gehöre bemerklich würde, indem der Schall früher an die erste Sitzreihe an-
schlägt, als an die zweyte, und die Rückwürkung der erstern verlohren ist, ehe die der zweyten
entsteht u. s. f. Er empfiehlt also für Schauspielhäuser dieser Art den Halbkreis als die beste
Form, jedoch blos unter der Bedingung, daß die Sitze der Zuhörer amphitheatralisch, d. i.
stufenweise über einander angelegt werden, wobey er auch die gewöhnlichen Einwürfe gegen
diese Einrichtung der Sitze widerlegt. Da aber die Oeffnung der Bühne ohne der Beleuch-
tung zu schaden, und eine Menge Unbequemlichkeiten hervorzubringen, nicht wohl über 50 Fuß
groß dürfte gemacht werden, so würde der Halbkreiß, der sich vor dieser Linie beschreiben läßt,
zu klein seyn, als daß er viele Zuschauer fassen könnte, man hat also um mehr Raum zu
gewinnen, den Zirkel in die Länge gezogen, und daraus ist die jetzt gewöhnliche ovale Form
entstanden. Herr Rhede schlägt aber S. 41. eine weit zweckmäßigere Form vor, welche von
den Ruinen eines Theaters zu Athen entlehnt ist und sich auch durch Bequemlichkeit und durch
architectonische Schönheit empfiehlt. Es sind in demselben die Sitze der Zuschauer nach einem
weit größern Zirkel angelegt, als die Oessnung der Bühne giebt, und nach der Richtung der

215.

Die Befoͤrderung einer gleichfoͤrmigen und ungehinderten natuͤrlichen Verbrei-
tung
des Schalles iſt zwar weit leichter und ſicherer, als jede kuͤnſtliche Verſtaͤrkung deſſelben,
ſie iſt aber bey großen Gebaͤudeu, die eine betraͤchtliche Zahl von Zuhoͤrern faſſen ſollten, nicht
hinlaͤnglich. Nach den von Saunders angeſtellten Unterſuchungen (in Treatise on theaters
including some Experiments on sound, London,
4.) laͤßt ſich annehmen, daß eine gewoͤhn-
liche Stimme noch ungefaͤhr auf 70 Fuß vernehmlich bleibt, es wuͤrde ſich alſo ein Theater
nach dieſer Maxime allenfalls auf 2000 Zuhoͤrer einrichten laſſen. Wenn der Raum ſo klein
iſt, daß jeder Zuſchauer weniger als 60 Fuß von dem Sprechenden entfernt iſt, ſo wird die
innere Form fuͤr den Schall ziemlich gleichguͤltig ſeyn, weil er den Raum ſo ſchnell durchdringt,
daß man falſche Brechungen und einen nachtheiligen Wiederhall nicht gewahr wird. Ein
ſolcher Wiederhall kann naͤhmlich nur in dem Falle den Klang verſtaͤrken, wenn die Flaͤche,
gegen welche ſich der Schall ſtemmt, ſo nahe iſt, daß die Ruͤckwuͤrkung ſehr ſchnell erfolgt,
und man ſie alſo von dem erſten Schalle nicht unterſcheiden kann. Außerdem aber wuͤrde der
Wiederhall den Schall verlaͤngern und undeutlich machen. Herr Rhode bemerkt, allem
Anſehen nach mit Recht, daß wenn die Sitze ſtufenweiſe uͤber einander angelegt ſind, keine
Ruͤckwuͤrkung des Schalles bemerkbar ſeyn koͤnne, weil der Schall nirgends in einem Zeit-
momente eine Wiederſtandsmaſſe antrift, von der eine ſo ſtarke Ruͤckwuͤrkung moͤglich waͤre,
daß ſie dem Gehoͤre bemerklich wuͤrde, indem der Schall fruͤher an die erſte Sitzreihe an-
ſchlaͤgt, als an die zweyte, und die Ruͤckwuͤrkung der erſtern verlohren iſt, ehe die der zweyten
entſteht u. ſ. f. Er empfiehlt alſo fuͤr Schauſpielhaͤuſer dieſer Art den Halbkreis als die beſte
Form, jedoch blos unter der Bedingung, daß die Sitze der Zuhoͤrer amphitheatraliſch, d. i.
ſtufenweiſe uͤber einander angelegt werden, wobey er auch die gewoͤhnlichen Einwuͤrfe gegen
dieſe Einrichtung der Sitze widerlegt. Da aber die Oeffnung der Buͤhne ohne der Beleuch-
tung zu ſchaden, und eine Menge Unbequemlichkeiten hervorzubringen, nicht wohl uͤber 50 Fuß
groß duͤrfte gemacht werden, ſo wuͤrde der Halbkreiß, der ſich vor dieſer Linie beſchreiben laͤßt,
zu klein ſeyn, als daß er viele Zuſchauer faſſen koͤnnte, man hat alſo um mehr Raum zu
gewinnen, den Zirkel in die Laͤnge gezogen, und daraus iſt die jetzt gewoͤhnliche ovale Form
entſtanden. Herr Rhede ſchlaͤgt aber S. 41. eine weit zweckmaͤßigere Form vor, welche von
den Ruinen eines Theaters zu Athen entlehnt iſt und ſich auch durch Bequemlichkeit und durch
architectoniſche Schoͤnheit empfiehlt. Es ſind in demſelben die Sitze der Zuſchauer nach einem
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[250/0284] 215. Die Befoͤrderung einer gleichfoͤrmigen und ungehinderten natuͤrlichen Verbrei- tung des Schalles iſt zwar weit leichter und ſicherer, als jede kuͤnſtliche Verſtaͤrkung deſſelben, ſie iſt aber bey großen Gebaͤudeu, die eine betraͤchtliche Zahl von Zuhoͤrern faſſen ſollten, nicht hinlaͤnglich. Nach den von Saunders angeſtellten Unterſuchungen (in Treatise on theaters including some Experiments on sound, London, 4.) laͤßt ſich annehmen, daß eine gewoͤhn- liche Stimme noch ungefaͤhr auf 70 Fuß vernehmlich bleibt, es wuͤrde ſich alſo ein Theater nach dieſer Maxime allenfalls auf 2000 Zuhoͤrer einrichten laſſen. Wenn der Raum ſo klein iſt, daß jeder Zuſchauer weniger als 60 Fuß von dem Sprechenden entfernt iſt, ſo wird die innere Form fuͤr den Schall ziemlich gleichguͤltig ſeyn, weil er den Raum ſo ſchnell durchdringt, daß man falſche Brechungen und einen nachtheiligen Wiederhall nicht gewahr wird. Ein ſolcher Wiederhall kann naͤhmlich nur in dem Falle den Klang verſtaͤrken, wenn die Flaͤche, gegen welche ſich der Schall ſtemmt, ſo nahe iſt, daß die Ruͤckwuͤrkung ſehr ſchnell erfolgt, und man ſie alſo von dem erſten Schalle nicht unterſcheiden kann. Außerdem aber wuͤrde der Wiederhall den Schall verlaͤngern und undeutlich machen. Herr Rhode bemerkt, allem Anſehen nach mit Recht, daß wenn die Sitze ſtufenweiſe uͤber einander angelegt ſind, keine Ruͤckwuͤrkung des Schalles bemerkbar ſeyn koͤnne, weil der Schall nirgends in einem Zeit- momente eine Wiederſtandsmaſſe antrift, von der eine ſo ſtarke Ruͤckwuͤrkung moͤglich waͤre, daß ſie dem Gehoͤre bemerklich wuͤrde, indem der Schall fruͤher an die erſte Sitzreihe an- ſchlaͤgt, als an die zweyte, und die Ruͤckwuͤrkung der erſtern verlohren iſt, ehe die der zweyten entſteht u. ſ. f. Er empfiehlt alſo fuͤr Schauſpielhaͤuſer dieſer Art den Halbkreis als die beſte Form, jedoch blos unter der Bedingung, daß die Sitze der Zuhoͤrer amphitheatraliſch, d. i. ſtufenweiſe uͤber einander angelegt werden, wobey er auch die gewoͤhnlichen Einwuͤrfe gegen dieſe Einrichtung der Sitze widerlegt. Da aber die Oeffnung der Buͤhne ohne der Beleuch- tung zu ſchaden, und eine Menge Unbequemlichkeiten hervorzubringen, nicht wohl uͤber 50 Fuß groß duͤrfte gemacht werden, ſo wuͤrde der Halbkreiß, der ſich vor dieſer Linie beſchreiben laͤßt, zu klein ſeyn, als daß er viele Zuſchauer faſſen koͤnnte, man hat alſo um mehr Raum zu gewinnen, den Zirkel in die Laͤnge gezogen, und daraus iſt die jetzt gewoͤhnliche ovale Form entſtanden. Herr Rhede ſchlaͤgt aber S. 41. eine weit zweckmaͤßigere Form vor, welche von den Ruinen eines Theaters zu Athen entlehnt iſt und ſich auch durch Bequemlichkeit und durch architectoniſche Schoͤnheit empfiehlt. Es ſind in demſelben die Sitze der Zuſchauer nach einem weit groͤßern Zirkel angelegt, als die Oeſſnung der Buͤhne giebt, und nach der Richtung der

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/284>, abgerufen am 05.12.2024.