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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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252.

Die einfachsten Gehörwerkzeuge finden sich bey einigen Jnsecten. An den man-
cherley Arten von Krebsen befinden sie sich gleich unter den Wurzeln der Fühlhörner, in
Gestalt einer knöchernen Warze auf jeder Seite; die rundlichen Hervorragungen derselben sind
gegen einander gerichtet. Die knöcherne Substanz ist weit härter, als die übrige Schale des
Krebses. An der Spitze dieser knöchernen Warze ist ein rundes Loch, über welches eine
elastische Membrane gespannt ist, die von Minasi (de' timpanetti dell' udito scoperti nel
Granchio Paguro, Nap.
1775.) und von Fabricius (in nov. Act. Hafniens. 1783.) das
Trommeifell, von Scarpa aber mit mehrerem Rechte die Haut des runden Vorhofsfensters
genennt wird. Jn der Hölung des knöchernen Wärzchens ist ein häutiges Röhrchen ent-
halten, welches mit Wasser angefüllt ist, und worin sich die breyiche Substanz des Gehör-
nerden befindet, welcher das vierte Nervenpaar ist, und mit den Nerven der Fühlhörner einen
gemeinschaftlichen Ursprung hat. Hinterwärts ist das Röhrchen auch durch eine dünne häutige
Wand verschlossen. Aus vielen Beobachtungen ist auch bekannt, daß die Krebse würklich
hören; die Einrichtung ihrer Gehörwerkzeuge scheint wegen der ausgespannten Membrane mehe
oder wenigstens eben so sehr für die Gehörempfindung in der Luft als im Wasser bestimmt zu
seyn. (S. Scarpa im angef. B. 1. Abth. 1. Cap. §. 1--8. wie auch Comparetti obs.
67. S. 307 und 308, welcher das Jnnere dieser Gehörwerkzeuge noch genauer beschrieben,
und im cancer hastatus auch ein nagelförmiges mit Membranen umgebnes Gehörknöchelchen
gefunden hat, dessen Spitze nach innen, und das breitere Ende nach außen gerichtet war).
Auch an verschiedenen andern Jnsecten fand Comparetti häutige mit Nerven versehene und
auswendig mit einer dünnen Membrane bedeckte durchsichtige Säckchen oder Röhrchen, die
allem Ansehen nach nichts anders, als die Gehörwerkzeuge sind, wie z. B. an einigen Arten
des Scarabäus, an Heuschrecken, an Tag- und Nacht-Schmetterlingen,
an der großen Libelle, der Hornisse, der Gartenbiene, der Stubenfliege, der
Ameise, und der Stubenspinne, bey einigen an den Seiten des Kopfes, bey andern
weiter hinterwärts.

253.

An Würmern hat man die Gehörwerkzeuge noch nicht entdecken können, außer an
der Sepia (sepia officinalis), und dem Polypus (sepia octopus), wo sie auch sehr einfach
sind und mit den Gehörwerkzeugen der Schuppenfische viele Aehnlichkeit haben. Unter einer

252.

Die einfachſten Gehoͤrwerkzeuge finden ſich bey einigen Jnſecten. An den man-
cherley Arten von Krebſen befinden ſie ſich gleich unter den Wurzeln der Fuͤhlhoͤrner, in
Geſtalt einer knoͤchernen Warze auf jeder Seite; die rundlichen Hervorragungen derſelben ſind
gegen einander gerichtet. Die knoͤcherne Subſtanz iſt weit haͤrter, als die uͤbrige Schale des
Krebſes. An der Spitze dieſer knoͤchernen Warze iſt ein rundes Loch, uͤber welches eine
elaſtiſche Membrane geſpannt iſt, die von Minaſi (de’ timpanetti dell’ udito scoperti nel
Granchio Paguro, Nap.
1775.) und von Fabricius (in nov. Act. Hafniens. 1783.) das
Trommeifell, von Scarpa aber mit mehrerem Rechte die Haut des runden Vorhofsfenſters
genennt wird. Jn der Hoͤlung des knoͤchernen Waͤrzchens iſt ein haͤutiges Roͤhrchen ent-
halten, welches mit Waſſer angefuͤllt iſt, und worin ſich die breyiche Subſtanz des Gehoͤr-
nerden befindet, welcher das vierte Nervenpaar iſt, und mit den Nerven der Fuͤhlhoͤrner einen
gemeinſchaftlichen Urſprung hat. Hinterwaͤrts iſt das Roͤhrchen auch durch eine duͤnne haͤutige
Wand verſchloſſen. Aus vielen Beobachtungen iſt auch bekannt, daß die Krebſe wuͤrklich
hoͤren; die Einrichtung ihrer Gehoͤrwerkzeuge ſcheint wegen der ausgeſpannten Membrane mehe
oder wenigſtens eben ſo ſehr fuͤr die Gehoͤrempfindung in der Luft als im Waſſer beſtimmt zu
ſeyn. (S. Scarpa im angef. B. 1. Abth. 1. Cap. §. 1—8. wie auch Comparetti obs.
67. S. 307 und 308, welcher das Jnnere dieſer Gehoͤrwerkzeuge noch genauer beſchrieben,
und im cancer hastatus auch ein nagelfoͤrmiges mit Membranen umgebnes Gehoͤrknoͤchelchen
gefunden hat, deſſen Spitze nach innen, und das breitere Ende nach außen gerichtet war).
Auch an verſchiedenen andern Jnſecten fand Comparetti haͤutige mit Nerven verſehene und
auswendig mit einer duͤnnen Membrane bedeckte durchſichtige Saͤckchen oder Roͤhrchen, die
allem Anſehen nach nichts anders, als die Gehoͤrwerkzeuge ſind, wie z. B. an einigen Arten
des Scarabaͤus, an Heuſchrecken, an Tag- und Nacht-Schmetterlingen,
an der großen Libelle, der Horniſſe, der Gartenbiene, der Stubenfliege, der
Ameiſe, und der Stubenſpinne, bey einigen an den Seiten des Kopfes, bey andern
weiter hinterwaͤrts.

253.

An Wuͤrmern hat man die Gehoͤrwerkzeuge noch nicht entdecken koͤnnen, außer an
der Sepia (sepia officinalis), und dem Polypus (sepia octopus), wo ſie auch ſehr einfach
ſind und mit den Gehoͤrwerkzeugen der Schuppenfiſche viele Aehnlichkeit haben. Unter einer

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[298/0332] 252. Die einfachſten Gehoͤrwerkzeuge finden ſich bey einigen Jnſecten. An den man- cherley Arten von Krebſen befinden ſie ſich gleich unter den Wurzeln der Fuͤhlhoͤrner, in Geſtalt einer knoͤchernen Warze auf jeder Seite; die rundlichen Hervorragungen derſelben ſind gegen einander gerichtet. Die knoͤcherne Subſtanz iſt weit haͤrter, als die uͤbrige Schale des Krebſes. An der Spitze dieſer knoͤchernen Warze iſt ein rundes Loch, uͤber welches eine elaſtiſche Membrane geſpannt iſt, die von Minaſi (de’ timpanetti dell’ udito scoperti nel Granchio Paguro, Nap. 1775.) und von Fabricius (in nov. Act. Hafniens. 1783.) das Trommeifell, von Scarpa aber mit mehrerem Rechte die Haut des runden Vorhofsfenſters genennt wird. Jn der Hoͤlung des knoͤchernen Waͤrzchens iſt ein haͤutiges Roͤhrchen ent- halten, welches mit Waſſer angefuͤllt iſt, und worin ſich die breyiche Subſtanz des Gehoͤr- nerden befindet, welcher das vierte Nervenpaar iſt, und mit den Nerven der Fuͤhlhoͤrner einen gemeinſchaftlichen Urſprung hat. Hinterwaͤrts iſt das Roͤhrchen auch durch eine duͤnne haͤutige Wand verſchloſſen. Aus vielen Beobachtungen iſt auch bekannt, daß die Krebſe wuͤrklich hoͤren; die Einrichtung ihrer Gehoͤrwerkzeuge ſcheint wegen der ausgeſpannten Membrane mehe oder wenigſtens eben ſo ſehr fuͤr die Gehoͤrempfindung in der Luft als im Waſſer beſtimmt zu ſeyn. (S. Scarpa im angef. B. 1. Abth. 1. Cap. §. 1—8. wie auch Comparetti obs. 67. S. 307 und 308, welcher das Jnnere dieſer Gehoͤrwerkzeuge noch genauer beſchrieben, und im cancer hastatus auch ein nagelfoͤrmiges mit Membranen umgebnes Gehoͤrknoͤchelchen gefunden hat, deſſen Spitze nach innen, und das breitere Ende nach außen gerichtet war). Auch an verſchiedenen andern Jnſecten fand Comparetti haͤutige mit Nerven verſehene und auswendig mit einer duͤnnen Membrane bedeckte durchſichtige Saͤckchen oder Roͤhrchen, die allem Anſehen nach nichts anders, als die Gehoͤrwerkzeuge ſind, wie z. B. an einigen Arten des Scarabaͤus, an Heuſchrecken, an Tag- und Nacht-Schmetterlingen, an der großen Libelle, der Horniſſe, der Gartenbiene, der Stubenfliege, der Ameiſe, und der Stubenſpinne, bey einigen an den Seiten des Kopfes, bey andern weiter hinterwaͤrts. 253. An Wuͤrmern hat man die Gehoͤrwerkzeuge noch nicht entdecken koͤnnen, außer an der Sepia (sepia officinalis), und dem Polypus (sepia octopus), wo ſie auch ſehr einfach ſind und mit den Gehoͤrwerkzeugen der Schuppenfiſche viele Aehnlichkeit haben. Unter einer

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/332>, abgerufen am 05.12.2024.