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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

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Den Grundten einer Tonart nennet man bisweilen die Tonica, die Quinte die
Dominaute, die Quarte oder Unterquinte die Unterdominante, und die Terz die
Mediante.

24.

So wie nun jede Dur- oder Moll-Tonleiter aus den Dreyklängen des Grundtons und
seiner Quinte und Quarte besteht, so sind auch, wenn das Gefühl einer Tonart beybehalten
werden soll, die natürlichsten Fortschreitungen die, wo der Dreyklang des Grundtons zu
einem der beyden übrigen Dreyklänge, aus welchen die Tonleiter entstanden ist, oder einer
von diesen zu jenem übergeht, indem dabey allemahl ein Ton beyden auf einander folgenden
Accorden gemeinschaftlich ist, und das eine mahl als Quinte, das andere mahl als Octave,
oder so umgekehrt, erscheint. Auch wenn auf den Dreyklang der Quarte der Dreyklang der
Quinte utanirtelbar folgt, (wobey die Octave des erstern als Septime des folgenden beybehal-
ten werden kann) empsindet man eben dieselbe Beziehung auf den zwischen diesen beyden Ac-
corden mitten innen stehenden Dreyklang des Grundtons. Nächst diesen Fortschreirungen ist
auch die zu dem Dreyklange der parallelen Tonart, wie auch noch zu den beyden übrigen
Dreyklängen, deren Tonleitern nur um einen Grad verschieden sind, als erlaubt anzusehen.
So z. B. kann der harte Dreyklang von c am natürlichsten zu den harten Dreyklängen von
g und f unmittelbar übergehen, nächst diesen aber auch zu den weichen Dreyklängen von a,
e,
und d; der weiche Dreyklang von a aber zu dem weichen wie auch zu dem harten Drey-
klange von e, zu dem weichen von d, und nächst diesen auch zu den harten von c, f und g.

Die Fortschreitungen in entferntere Tonarten geschehen gemeiniglich durch enhanno-
nische Rückungen, indem man nähmlich einen erhöhten Ton mit dem auf der nächsten höhern
Stufe erniedrigten, oder einen erniedrigten mit dem auf der nächsten tiefern Stufe erhöhten
verwechselt, welches am häufigsten bey dem verminderten Septimen-Accorde geschieht. Das
Gehör muß sich hier eine Vernachläßigung des Comma , um welches der greße halbe
Ton und der kleine halbe Ton verschieden sind, gefallen lassen.

Anm. Mehreres erwähne ich hier nicht von den Fortschreitungen der Accorde, weil es nicht sowohl
huher, sondern mehr in die Theorie der Musik gehört. Es möchte aber doch mancher erwarten,
hier [einige] Erläuterungen über das Verbot der Folge zweyer Quinten oder Octaven auf einander
in gerader Bewegung, anzutreffen. Aus den Verhältnissen der Zahlen möchte sich wohl schwerlich
die Unrichtigleit solcher Fortschreitungen erweisen lassen. Wenn man nähmlich solche Fortschrei-
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Den Grundten einer Tonart nennet man bisweilen die Tonica, die Quinte die
Dominaute, die Quarte oder Unterquinte die Unterdominante, und die Terz die
Mediante.

24.

So wie nun jede Dur- oder Moll-Tonleiter aus den Dreyklaͤngen des Grundtons und
ſeiner Quinte und Quarte beſteht, ſo ſind auch, wenn das Gefuͤhl einer Tonart beybehalten
werden ſoll, die natuͤrlichſten Fortſchreitungen die, wo der Dreyklang des Grundtons zu
einem der beyden uͤbrigen Dreyklaͤnge, aus welchen die Tonleiter entſtanden iſt, oder einer
von dieſen zu jenem uͤbergeht, indem dabey allemahl ein Ton beyden auf einander folgenden
Accorden gemeinſchaftlich iſt, und das eine mahl als Quinte, das andere mahl als Octave,
oder ſo umgekehrt, erſcheint. Auch wenn auf den Dreyklang der Quarte der Dreyklang der
Quinte utanirtelbar folgt, (wobey die Octave des erſtern als Septime des folgenden beybehal-
ten werden kann) empſindet man eben dieſelbe Beziehung auf den zwiſchen dieſen beyden Ac-
corden mitten innen ſtehenden Dreyklang des Grundtons. Naͤchſt dieſen Fortſchreirungen iſt
auch die zu dem Dreyklange der parallelen Tonart, wie auch noch zu den beyden uͤbrigen
Dreyklaͤngen, deren Tonleitern nur um einen Grad verſchieden ſind, als erlaubt anzuſehen.
So z. B. kann der harte Dreyklang von c am natuͤrlichſten zu den harten Dreyklaͤngen von
g und f unmittelbar uͤbergehen, naͤchſt dieſen aber auch zu den weichen Dreyklaͤngen von a,
e,
und d; der weiche Dreyklang von a aber zu dem weichen wie auch zu dem harten Drey-
klange von e, zu dem weichen von d, und naͤchſt dieſen auch zu den harten von c, f und g.

Die Fortſchreitungen in entferntere Tonarten geſchehen gemeiniglich durch enhanno-
niſche Ruͤckungen, indem man naͤhmlich einen erhoͤhten Ton mit dem auf der naͤchſten hoͤhern
Stufe erniedrigten, oder einen erniedrigten mit dem auf der naͤchſten tiefern Stufe erhoͤhten
verwechſelt, welches am haͤufigſten bey dem verminderten Septimen-Accorde geſchieht. Das
Gehoͤr muß ſich hier eine Vernachlaͤßigung des Comma , um welches der greße halbe
Ton und der kleine halbe Ton verſchieden ſind, gefallen laſſen.

Anm. Mehreres erwaͤhne ich hier nicht von den Fortſchreitungen der Accorde, weil es nicht ſowohl
huher, ſondern mehr in die Theorie der Muſik gehoͤrt. Es moͤchte aber doch mancher erwarten,
hier [einige] Erlaͤuterungen uͤber das Verbot der Folge zweyer Quinten oder Octaven auf einander
in gerader Bewegung, anzutreffen. Aus den Verhaͤltniſſen der Zahlen moͤchte ſich wohl ſchwerlich
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[25/0059] Den Grundten einer Tonart nennet man bisweilen die Tonica, die Quinte die Dominaute, die Quarte oder Unterquinte die Unterdominante, und die Terz die Mediante. 24. So wie nun jede Dur- oder Moll-Tonleiter aus den Dreyklaͤngen des Grundtons und ſeiner Quinte und Quarte beſteht, ſo ſind auch, wenn das Gefuͤhl einer Tonart beybehalten werden ſoll, die natuͤrlichſten Fortſchreitungen die, wo der Dreyklang des Grundtons zu einem der beyden uͤbrigen Dreyklaͤnge, aus welchen die Tonleiter entſtanden iſt, oder einer von dieſen zu jenem uͤbergeht, indem dabey allemahl ein Ton beyden auf einander folgenden Accorden gemeinſchaftlich iſt, und das eine mahl als Quinte, das andere mahl als Octave, oder ſo umgekehrt, erſcheint. Auch wenn auf den Dreyklang der Quarte der Dreyklang der Quinte utanirtelbar folgt, (wobey die Octave des erſtern als Septime des folgenden beybehal- ten werden kann) empſindet man eben dieſelbe Beziehung auf den zwiſchen dieſen beyden Ac- corden mitten innen ſtehenden Dreyklang des Grundtons. Naͤchſt dieſen Fortſchreirungen iſt auch die zu dem Dreyklange der parallelen Tonart, wie auch noch zu den beyden uͤbrigen Dreyklaͤngen, deren Tonleitern nur um einen Grad verſchieden ſind, als erlaubt anzuſehen. So z. B. kann der harte Dreyklang von c am natuͤrlichſten zu den harten Dreyklaͤngen von g und f unmittelbar uͤbergehen, naͤchſt dieſen aber auch zu den weichen Dreyklaͤngen von a, e, und d; der weiche Dreyklang von a aber zu dem weichen wie auch zu dem harten Drey- klange von e, zu dem weichen von d, und naͤchſt dieſen auch zu den harten von c, f und g. Die Fortſchreitungen in entferntere Tonarten geſchehen gemeiniglich durch enhanno- niſche Ruͤckungen, indem man naͤhmlich einen erhoͤhten Ton mit dem auf der naͤchſten hoͤhern Stufe erniedrigten, oder einen erniedrigten mit dem auf der naͤchſten tiefern Stufe erhoͤhten verwechſelt, welches am haͤufigſten bey dem verminderten Septimen-Accorde geſchieht. Das Gehoͤr muß ſich hier eine Vernachlaͤßigung des Comma [FORMEL], um welches der greße halbe Ton [FORMEL] und der kleine halbe Ton [FORMEL] verſchieden ſind, gefallen laſſen. Anm. Mehreres erwaͤhne ich hier nicht von den Fortſchreitungen der Accorde, weil es nicht ſowohl huher, ſondern mehr in die Theorie der Muſik gehoͤrt. Es moͤchte aber doch mancher erwarten, hier einige Erlaͤuterungen uͤber das Verbot der Folge zweyer Quinten oder Octaven auf einander in gerader Bewegung, anzutreffen. Aus den Verhaͤltniſſen der Zahlen moͤchte ſich wohl ſchwerlich die Unrichtigleit ſolcher Fortſchreitungen erweiſen laſſen. Wenn man naͤhmlich ſolche Fortſchrei- D

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/59>, abgerufen am 28.11.2024.