Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, gelinde berührt, und zugleich die Mitte eines schwingenden Theils mit
dem Violinbogen streicht, oder auf andere Art in Beregung setzt. Es wer-
den diese Töne vorzüglich auf der Trompete marine ausgeübt; auch habe ich
Violoncellspieler gehört, die sich derselben in einigen Fällen mit gutem Er-
folge bedienten; indem vorzüglich auf der d und a Saite eines Violoncells
manche harmonische Töne von ungewöhnlicher Höhe sich leichter und reiner
hervorbringen lassen, als wenn man sie auf die gewöhnliche Art greifen woll-
te; so daß verschiedene harmonische Töne in der viermalgestrichenen Octave
allenfalls noch angenehm klingen.b)

An elastischen Stäben und Blechstreifen, wie auch an Ringen, Schei-
ben, Glocken und dergleichen klingenden Körpern, sind sowohl die Verhält-
nisse der verschiedenen Töne des nämlichen Körpers, als auch der gleicharti-
gen Töne an verschiedenen Körpern sehr von denen unterschieden, die an Sai-
ten Statt finden. Es lassen sich bey den meisten solchen klingenden Körpern
nicht alle Töne, besonders wenn sie sehr hoch sind, durch Anschlagen deut-
lich genug hervorbringen, es wird also zu Untersuchung derselben besser seyn,
den klingenden Körper unter einem rechten Winkel mit einem Violinbogen,

der
b) Jn Sulzers Theorie der schönen Künste wird in dem Artikel Klang mit Un-
recht behauptet, daß das viermalgestrichene e der höchste brauchbare Ton
sey; der Verfasser dieses Artikels beruft sich dabey auf Eulers tentamen no-
vae theoriae Musicae, cap.
1. §. 13, er muß aber die angeführte Stelle ent-
weder nicht nachgelesen, oder nicht gehörig verstanden haben; indem Euler
daselbst nicht das viermalgestrichene, sondern das fünfmalgestrichene c als
den höchsten hörbaren Ton ansieht. Den an klingenden Körpern von verschie-
dener Art angestellten Versuchen zufolge halte ich ungefähr die Mitte der vier-
malgestrichenen Octave für die Gränze der brauchbaren, und ungefähr das
fünfmalgestrichene e oder f für die Gränze der zu unterscheidenden Töne.
A 2

iſt, gelinde beruͤhrt, und zugleich die Mitte eines ſchwingenden Theils mit
dem Violinbogen ſtreicht, oder auf andere Art in Beregung ſetzt. Es wer-
den dieſe Toͤne vorzuͤglich auf der Trompete marine ausgeuͤbt; auch habe ich
Violoncellſpieler gehoͤrt, die ſich derſelben in einigen Faͤllen mit gutem Er-
folge bedienten; indem vorzuͤglich auf der d und a Saite eines Violoncells
manche harmoniſche Toͤne von ungewoͤhnlicher Hoͤhe ſich leichter und reiner
hervorbringen laſſen, als wenn man ſie auf die gewoͤhnliche Art greifen woll-
te; ſo daß verſchiedene harmoniſche Toͤne in der viermalgeſtrichenen Octave
allenfalls noch angenehm klingen.b)

An elaſtiſchen Staͤben und Blechſtreifen, wie auch an Ringen, Schei-
ben, Glocken und dergleichen klingenden Koͤrpern, ſind ſowohl die Verhaͤlt-
niſſe der verſchiedenen Toͤne des naͤmlichen Koͤrpers, als auch der gleicharti-
gen Toͤne an verſchiedenen Koͤrpern ſehr von denen unterſchieden, die an Sai-
ten Statt finden. Es laſſen ſich bey den meiſten ſolchen klingenden Koͤrpern
nicht alle Toͤne, beſonders wenn ſie ſehr hoch ſind, durch Anſchlagen deut-
lich genug hervorbringen, es wird alſo zu Unterſuchung derſelben beſſer ſeyn,
den klingenden Koͤrper unter einem rechten Winkel mit einem Violinbogen,

der
b) Jn Sulzers Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte wird in dem Artikel Klang mit Un-
recht behauptet, daß das viermalgeſtrichene e der hoͤchſte brauchbare Ton
ſey; der Verfaſſer dieſes Artikels beruft ſich dabey auf Eulers tentamen no-
vae theoriae Muſicae, cap.
1. §. 13, er muß aber die angefuͤhrte Stelle ent-
weder nicht nachgeleſen, oder nicht gehoͤrig verſtanden haben; indem Euler
daſelbſt nicht das viermalgeſtrichene, ſondern das fuͤnfmalgeſtrichene c als
den hoͤchſten hoͤrbaren Ton anſieht. Den an klingenden Koͤrpern von verſchie-
dener Art angeſtellten Verſuchen zufolge halte ich ungefaͤhr die Mitte der vier-
malgeſtrichenen Octave fuͤr die Graͤnze der brauchbaren, und ungefaͤhr das
fuͤnfmalgeſtrichene e oder f fuͤr die Graͤnze der zu unterſcheidenden Toͤne.
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0011" n="3"/>
i&#x017F;t, gelinde beru&#x0364;hrt, und zugleich die Mitte eines &#x017F;chwingenden Theils mit<lb/>
dem Violinbogen &#x017F;treicht, oder auf andere Art in Beregung &#x017F;etzt. Es wer-<lb/>
den die&#x017F;e To&#x0364;ne vorzu&#x0364;glich auf der Trompete marine ausgeu&#x0364;bt; auch habe ich<lb/>
Violoncell&#x017F;pieler geho&#x0364;rt, die &#x017F;ich der&#x017F;elben in einigen Fa&#x0364;llen mit gutem Er-<lb/>
folge bedienten; indem vorzu&#x0364;glich auf der <hi rendition="#aq">d</hi> und <hi rendition="#aq">a</hi> Saite eines Violoncells<lb/>
manche harmoni&#x017F;che To&#x0364;ne von ungewo&#x0364;hnlicher Ho&#x0364;he &#x017F;ich leichter und reiner<lb/>
hervorbringen la&#x017F;&#x017F;en, als wenn man &#x017F;ie auf die gewo&#x0364;hnliche Art greifen woll-<lb/>
te; &#x017F;o daß ver&#x017F;chiedene harmoni&#x017F;che To&#x0364;ne in der viermalge&#x017F;trichenen Octave<lb/>
allenfalls noch angenehm klingen.<note place="foot" n="b)">Jn Sulzers Theorie der &#x017F;cho&#x0364;nen Ku&#x0364;n&#x017F;te wird in dem Artikel <hi rendition="#fr">Klang</hi> mit Un-<lb/>
recht behauptet, daß das viermalge&#x017F;trichene <hi rendition="#aq">e</hi> der ho&#x0364;ch&#x017F;te brauchbare Ton<lb/>
&#x017F;ey; der Verfa&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;es Artikels beruft &#x017F;ich dabey auf <hi rendition="#fr">Eulers</hi> <hi rendition="#aq">tentamen no-<lb/>
vae theoriae Mu&#x017F;icae, cap.</hi> 1. §. 13, er muß aber die angefu&#x0364;hrte Stelle ent-<lb/>
weder nicht nachgele&#x017F;en, oder nicht geho&#x0364;rig ver&#x017F;tanden haben; indem Euler<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t nicht das viermalge&#x017F;trichene, &#x017F;ondern das fu&#x0364;nfmalge&#x017F;trichene <hi rendition="#aq">c</hi> als<lb/>
den ho&#x0364;ch&#x017F;ten ho&#x0364;rbaren Ton an&#x017F;ieht. Den an klingenden Ko&#x0364;rpern von ver&#x017F;chie-<lb/>
dener Art ange&#x017F;tellten Ver&#x017F;uchen zufolge halte ich ungefa&#x0364;hr die Mitte der vier-<lb/>
malge&#x017F;trichenen Octave fu&#x0364;r die Gra&#x0364;nze der brauchbaren, und ungefa&#x0364;hr das<lb/>
fu&#x0364;nfmalge&#x017F;trichene <hi rendition="#aq">e</hi> oder <hi rendition="#aq">f</hi> fu&#x0364;r die Gra&#x0364;nze der zu unter&#x017F;cheidenden To&#x0364;ne.</note></p><lb/>
        <p>An ela&#x017F;ti&#x017F;chen Sta&#x0364;ben und Blech&#x017F;treifen, wie auch an Ringen, Schei-<lb/>
ben, Glocken und dergleichen klingenden Ko&#x0364;rpern, &#x017F;ind &#x017F;owohl die Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e der ver&#x017F;chiedenen To&#x0364;ne des na&#x0364;mlichen Ko&#x0364;rpers, als auch der gleicharti-<lb/>
gen To&#x0364;ne an ver&#x017F;chiedenen Ko&#x0364;rpern &#x017F;ehr von denen unter&#x017F;chieden, die an Sai-<lb/>
ten Statt finden. Es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich bey den mei&#x017F;ten &#x017F;olchen klingenden Ko&#x0364;rpern<lb/>
nicht alle To&#x0364;ne, be&#x017F;onders wenn &#x017F;ie &#x017F;ehr hoch &#x017F;ind, durch An&#x017F;chlagen deut-<lb/>
lich genug hervorbringen, es wird al&#x017F;o zu Unter&#x017F;uchung der&#x017F;elben be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn,<lb/>
den klingenden Ko&#x0364;rper unter einem rechten Winkel mit einem Violinbogen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0011] iſt, gelinde beruͤhrt, und zugleich die Mitte eines ſchwingenden Theils mit dem Violinbogen ſtreicht, oder auf andere Art in Beregung ſetzt. Es wer- den dieſe Toͤne vorzuͤglich auf der Trompete marine ausgeuͤbt; auch habe ich Violoncellſpieler gehoͤrt, die ſich derſelben in einigen Faͤllen mit gutem Er- folge bedienten; indem vorzuͤglich auf der d und a Saite eines Violoncells manche harmoniſche Toͤne von ungewoͤhnlicher Hoͤhe ſich leichter und reiner hervorbringen laſſen, als wenn man ſie auf die gewoͤhnliche Art greifen woll- te; ſo daß verſchiedene harmoniſche Toͤne in der viermalgeſtrichenen Octave allenfalls noch angenehm klingen. b) An elaſtiſchen Staͤben und Blechſtreifen, wie auch an Ringen, Schei- ben, Glocken und dergleichen klingenden Koͤrpern, ſind ſowohl die Verhaͤlt- niſſe der verſchiedenen Toͤne des naͤmlichen Koͤrpers, als auch der gleicharti- gen Toͤne an verſchiedenen Koͤrpern ſehr von denen unterſchieden, die an Sai- ten Statt finden. Es laſſen ſich bey den meiſten ſolchen klingenden Koͤrpern nicht alle Toͤne, beſonders wenn ſie ſehr hoch ſind, durch Anſchlagen deut- lich genug hervorbringen, es wird alſo zu Unterſuchung derſelben beſſer ſeyn, den klingenden Koͤrper unter einem rechten Winkel mit einem Violinbogen, der b) Jn Sulzers Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte wird in dem Artikel Klang mit Un- recht behauptet, daß das viermalgeſtrichene e der hoͤchſte brauchbare Ton ſey; der Verfaſſer dieſes Artikels beruft ſich dabey auf Eulers tentamen no- vae theoriae Muſicae, cap. 1. §. 13, er muß aber die angefuͤhrte Stelle ent- weder nicht nachgeleſen, oder nicht gehoͤrig verſtanden haben; indem Euler daſelbſt nicht das viermalgeſtrichene, ſondern das fuͤnfmalgeſtrichene c als den hoͤchſten hoͤrbaren Ton anſieht. Den an klingenden Koͤrpern von verſchie- dener Art angeſtellten Verſuchen zufolge halte ich ungefaͤhr die Mitte der vier- malgeſtrichenen Octave fuͤr die Graͤnze der brauchbaren, und ungefaͤhr das fuͤnfmalgeſtrichene e oder f fuͤr die Graͤnze der zu unterſcheidenden Toͤne. A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/11
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/11>, abgerufen am 20.04.2024.