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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

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So sehr die Erfahrung alle die vorhandenen richtigen Berechnungen
über die Klänge elastischer Stäbe oder Blechstreifen bestätiget, eben so sehr
weicht sie von alle dem ab, was über die Klänge elastischer Ringe gesagt
ist. Nach den Behauptungen Eulers in der Schrift: de sono campa-
narum
o) sollen die Klänge elastischer Ringe, aus welchen er auch die Klän-
ge der Glocken zu erklären sucht, in folgenden Verhältnissen stehen: 1,
, , , , , u. s. w. Es sollen also, wenn man
den Grundton als C ansieht, die übrigen in folgender Ordnung stehen: C,
e--, d--, b--, e+, b--, d+,
etc. Jn der Schrift: investigatio
motuum, quibus laminae et virgae elasticae contremiscunt,
p) behauptet er
hingegen, daß, wenn der Grundton 1 ist, die übrigen Töne sich wie die
Quadratzahlen von 2, 3, 4 u. s. f. verhalten sollen. Das nämliche hat
Hr. Golovin q) zu bestätigen, und auf die Klänge der Harmonicaglocken
anzuwenden gesucht. Es wird von diesen und andern Schriftstellern ange-
nommen, daß, wenn ein elastischer Ring klingt, die Theile, in welche er
sich eintheilt, aus und einwärts schwingen sollen; die Erfahrung lehrt aber,
daß die Theile eines nicht allzubreiten elastischen Ringes, wenn man seine La-
ge als horizontal annimmt, geneigter sind, auf- und niederwärts, als aus-
und einwärts zu schwingen, daß auch sowohl bey auf- und niederwärts, als
auch bey aus- und einwärtsgehenden Schwingungen seiner Theile ganz ande-
re Tonverhältnisse sich zeigen, als von den jetzt angeführten Schriftstellern

ange-
o) in Nov. Comment. Acad. sc. Imp. Petrop. Tom. X.
p) in Actis Acad. sc. Imp. Petropol. pro anno 1779. P. I.
q) Applicatio tentaminis de sono campanarum autore L. Eulero, novorum com-
mentariorum tomo X. inserti ad sonos scyphorum vitreorum, qui sub nomi-
ne instrumenti harmonici sunt cogniti, autore M. Golovin. in Actis Acad. sc.
Imp. Petrop. pro ann. 1781. P. II.

So ſehr die Erfahrung alle die vorhandenen richtigen Berechnungen
uͤber die Klaͤnge elaſtiſcher Staͤbe oder Blechſtreifen beſtaͤtiget, eben ſo ſehr
weicht ſie von alle dem ab, was uͤber die Klaͤnge elaſtiſcher Ringe geſagt
iſt. Nach den Behauptungen Eulers in der Schrift: de ſono campa-
narum
o) ſollen die Klaͤnge elaſtiſcher Ringe, aus welchen er auch die Klaͤn-
ge der Glocken zu erklaͤren ſucht, in folgenden Verhaͤltniſſen ſtehen: 1,
, , , , , u. ſ. w. Es ſollen alſo, wenn man
den Grundton als C anſieht, die uͤbrigen in folgender Ordnung ſtehen: C,
e—, d̅—, b̅—, e̅̅+, b̅̅—, d̅̅̅+,
ꝛc. Jn der Schrift: inveſtigatio
motuum, quibus laminae et virgae elaſticae contremiſcunt,
p) behauptet er
hingegen, daß, wenn der Grundton 1 iſt, die uͤbrigen Toͤne ſich wie die
Quadratzahlen von 2, 3, 4 u. ſ. f. verhalten ſollen. Das naͤmliche hat
Hr. Golovin q) zu beſtaͤtigen, und auf die Klaͤnge der Harmonicaglocken
anzuwenden geſucht. Es wird von dieſen und andern Schriftſtellern ange-
nommen, daß, wenn ein elaſtiſcher Ring klingt, die Theile, in welche er
ſich eintheilt, aus und einwaͤrts ſchwingen ſollen; die Erfahrung lehrt aber,
daß die Theile eines nicht allzubreiten elaſtiſchen Ringes, wenn man ſeine La-
ge als horizontal annimmt, geneigter ſind, auf- und niederwaͤrts, als aus-
und einwaͤrts zu ſchwingen, daß auch ſowohl bey auf- und niederwaͤrts, als
auch bey aus- und einwaͤrtsgehenden Schwingungen ſeiner Theile ganz ande-
re Tonverhaͤltniſſe ſich zeigen, als von den jetzt angefuͤhrten Schriftſtellern

ange-
o) in Nov. Comment. Acad. ſc. Imp. Petrop. Tom. X.
p) in Actis Acad. ſc. Imp. Petropol. pro anno 1779. P. I.
q) Applicatio tentaminis de ſono campanarum autore L. Eulero, novorum com-
mentariorum tomo X. inſerti ad ſonos ſcyphorum vitreorum, qui ſub nomi-
ne inſtrumenti harmonici ſunt cogniti, autore M. Golovin. in Actis Acad. ſc.
Imp. Petrop. pro ann. 1781. P. II.
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[16/0024] So ſehr die Erfahrung alle die vorhandenen richtigen Berechnungen uͤber die Klaͤnge elaſtiſcher Staͤbe oder Blechſtreifen beſtaͤtiget, eben ſo ſehr weicht ſie von alle dem ab, was uͤber die Klaͤnge elaſtiſcher Ringe geſagt iſt. Nach den Behauptungen Eulers in der Schrift: de ſono campa- narum o) ſollen die Klaͤnge elaſtiſcher Ringe, aus welchen er auch die Klaͤn- ge der Glocken zu erklaͤren ſucht, in folgenden Verhaͤltniſſen ſtehen: 1, [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], [FORMEL], u. ſ. w. Es ſollen alſo, wenn man den Grundton als C anſieht, die uͤbrigen in folgender Ordnung ſtehen: C, e—, d̅—, b̅—, e̅̅+, b̅̅—, d̅̅̅+, ꝛc. Jn der Schrift: inveſtigatio motuum, quibus laminae et virgae elaſticae contremiſcunt, p) behauptet er hingegen, daß, wenn der Grundton 1 iſt, die uͤbrigen Toͤne ſich wie die Quadratzahlen von 2, 3, 4 u. ſ. f. verhalten ſollen. Das naͤmliche hat Hr. Golovin q) zu beſtaͤtigen, und auf die Klaͤnge der Harmonicaglocken anzuwenden geſucht. Es wird von dieſen und andern Schriftſtellern ange- nommen, daß, wenn ein elaſtiſcher Ring klingt, die Theile, in welche er ſich eintheilt, aus und einwaͤrts ſchwingen ſollen; die Erfahrung lehrt aber, daß die Theile eines nicht allzubreiten elaſtiſchen Ringes, wenn man ſeine La- ge als horizontal annimmt, geneigter ſind, auf- und niederwaͤrts, als aus- und einwaͤrts zu ſchwingen, daß auch ſowohl bey auf- und niederwaͤrts, als auch bey aus- und einwaͤrtsgehenden Schwingungen ſeiner Theile ganz ande- re Tonverhaͤltniſſe ſich zeigen, als von den jetzt angefuͤhrten Schriftſtellern ange- o) in Nov. Comment. Acad. ſc. Imp. Petrop. Tom. X. p) in Actis Acad. ſc. Imp. Petropol. pro anno 1779. P. I. q) Applicatio tentaminis de ſono campanarum autore L. Eulero, novorum com- mentariorum tomo X. inſerti ad ſonos ſcyphorum vitreorum, qui ſub nomi- ne inſtrumenti harmonici ſunt cogniti, autore M. Golovin. in Actis Acad. ſc. Imp. Petrop. pro ann. 1781. P. II.

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/24>, abgerufen am 28.03.2024.