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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

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Verfasser der größtentheils n) vortrefflichen musikalischen Artikel in Sul-
zers
allgemeiner Theorie der schönen Künste fagt unter dem Artikel Klang,
daß man bey einem etwas tiefen Tone einer Saite allemal die harmonischen
Töne mithöre, und setzt hinzu: "Jeder Ton ist ein Accord, dadurch hört der
"Ton auf, ein bloßes Klappern zu seyn." Rameau o) und nachher Ja-
mard
p) haben fast alle Grundsätze der Harmonie daraus herzuleiten ge-
sucht. Hr. Prof. Busse q) in Dessau ist gar nicht geneigt, ein Mitklingen
höherer Töne anzunehmen, und gesteht, daß er bey den Tönen reiner Blas-
instrumente, wie auch bey dem Anschlagen der Saiten nur einen einfachen
Ton zu hören im Stande sey, wenn 1) alle übrigen Saiten des nämlichen
Jnstruments gehörig gedämpft sind, damit man nicht die resonirenden Con-
sonanzen derselben mithöre, 2) wenn die Saite ganz rein, d. i. allenthalben
gleichartig und von gleicher Dicke ist, 3) wenn die Nebenschwingungen ver-
mieden werden, welche etwa durch die Berührungsstelle verursacht werden
könnten.

Bey
n) größtentheils, d. h. mit Ausnahme verschiedener Jrrthümer in Ansehung
des physisch mathematischen Theiles der Musik, und hauptsächlich mit Aus-
nahme derjenigen Stellen, in welchen die gesunden Ohren unerträgliche und
aller richtigen Theorie zuwiderlaufende Kirnbergerische Temperatur angeprie-
sen und der gleichschwebenden vorgezogen wird. Wer etwa ein günstiges
Vorurtheil für die Kirnbergerische Temperatur hat, wird sich durch Lesung
des Versuches über die Temperatur von Marpurg (Breßl. 1776. 8.) leicht
von der Verwerflichkeit derselben überzeugen können.
o) Traite de l'harmonie par Mr. Rameau, a Paris 1772. 4.
p) Recherches sur la theorie de la Musique par Mr. Iamard, a Paris et a Rouen
1769. 8.
q) im ersten Theile seiner kleinen Beyträge zur Mathematik und Physik und de-
ren Lehrmethode (Dessau, 1785. 8.) X. Stück, über die Harmonie im rein-
sten Klange.
J 2

Verfaſſer der groͤßtentheils n) vortrefflichen muſikaliſchen Artikel in Sul-
zers
allgemeiner Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte fagt unter dem Artikel Klang,
daß man bey einem etwas tiefen Tone einer Saite allemal die harmoniſchen
Toͤne mithoͤre, und ſetzt hinzu: „Jeder Ton iſt ein Accord, dadurch hoͤrt der
„Ton auf, ein bloßes Klappern zu ſeyn.“ Rameau o) und nachher Ja-
mard
p) haben faſt alle Grundſaͤtze der Harmonie daraus herzuleiten ge-
ſucht. Hr. Prof. Buſſe q) in Deſſau iſt gar nicht geneigt, ein Mitklingen
hoͤherer Toͤne anzunehmen, und geſteht, daß er bey den Toͤnen reiner Blas-
inſtrumente, wie auch bey dem Anſchlagen der Saiten nur einen einfachen
Ton zu hoͤren im Stande ſey, wenn 1) alle uͤbrigen Saiten des naͤmlichen
Jnſtruments gehoͤrig gedaͤmpft ſind, damit man nicht die reſonirenden Con-
ſonanzen derſelben mithoͤre, 2) wenn die Saite ganz rein, d. i. allenthalben
gleichartig und von gleicher Dicke iſt, 3) wenn die Nebenſchwingungen ver-
mieden werden, welche etwa durch die Beruͤhrungsſtelle verurſacht werden
koͤnnten.

Bey
n) groͤßtentheils, d. h. mit Ausnahme verſchiedener Jrrthuͤmer in Anſehung
des phyſiſch mathematiſchen Theiles der Muſik, und hauptſaͤchlich mit Aus-
nahme derjenigen Stellen, in welchen die geſunden Ohren unertraͤgliche und
aller richtigen Theorie zuwiderlaufende Kirnbergeriſche Temperatur angeprie-
ſen und der gleichſchwebenden vorgezogen wird. Wer etwa ein guͤnſtiges
Vorurtheil fuͤr die Kirnbergeriſche Temperatur hat, wird ſich durch Leſung
des Verſuches uͤber die Temperatur von Marpurg (Breßl. 1776. 8.) leicht
von der Verwerflichkeit derſelben uͤberzeugen koͤnnen.
o) Traité de l’harmonie par Mr. Rameau, à Paris 1772. 4.
p) Recherches ſur la théorie de la Muſique par Mr. Iamard, à Paris et à Rouen
1769. 8.
q) im erſten Theile ſeiner kleinen Beytraͤge zur Mathematik und Phyſik und de-
ren Lehrmethode (Deſſau, 1785. 8.) X. Stuͤck, uͤber die Harmonie im rein-
ſten Klange.
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[67/0075] Verfaſſer der groͤßtentheils n) vortrefflichen muſikaliſchen Artikel in Sul- zers allgemeiner Theorie der ſchoͤnen Kuͤnſte fagt unter dem Artikel Klang, daß man bey einem etwas tiefen Tone einer Saite allemal die harmoniſchen Toͤne mithoͤre, und ſetzt hinzu: „Jeder Ton iſt ein Accord, dadurch hoͤrt der „Ton auf, ein bloßes Klappern zu ſeyn.“ Rameau o) und nachher Ja- mard p) haben faſt alle Grundſaͤtze der Harmonie daraus herzuleiten ge- ſucht. Hr. Prof. Buſſe q) in Deſſau iſt gar nicht geneigt, ein Mitklingen hoͤherer Toͤne anzunehmen, und geſteht, daß er bey den Toͤnen reiner Blas- inſtrumente, wie auch bey dem Anſchlagen der Saiten nur einen einfachen Ton zu hoͤren im Stande ſey, wenn 1) alle uͤbrigen Saiten des naͤmlichen Jnſtruments gehoͤrig gedaͤmpft ſind, damit man nicht die reſonirenden Con- ſonanzen derſelben mithoͤre, 2) wenn die Saite ganz rein, d. i. allenthalben gleichartig und von gleicher Dicke iſt, 3) wenn die Nebenſchwingungen ver- mieden werden, welche etwa durch die Beruͤhrungsſtelle verurſacht werden koͤnnten. Bey n) groͤßtentheils, d. h. mit Ausnahme verſchiedener Jrrthuͤmer in Anſehung des phyſiſch mathematiſchen Theiles der Muſik, und hauptſaͤchlich mit Aus- nahme derjenigen Stellen, in welchen die geſunden Ohren unertraͤgliche und aller richtigen Theorie zuwiderlaufende Kirnbergeriſche Temperatur angeprie- ſen und der gleichſchwebenden vorgezogen wird. Wer etwa ein guͤnſtiges Vorurtheil fuͤr die Kirnbergeriſche Temperatur hat, wird ſich durch Leſung des Verſuches uͤber die Temperatur von Marpurg (Breßl. 1776. 8.) leicht von der Verwerflichkeit derſelben uͤberzeugen koͤnnen. o) Traité de l’harmonie par Mr. Rameau, à Paris 1772. 4. p) Recherches ſur la théorie de la Muſique par Mr. Iamard, à Paris et à Rouen 1769. 8. q) im erſten Theile ſeiner kleinen Beytraͤge zur Mathematik und Phyſik und de- ren Lehrmethode (Deſſau, 1785. 8.) X. Stuͤck, uͤber die Harmonie im rein- ſten Klange. J 2

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/75>, abgerufen am 02.05.2024.