Orangerie -- Obstorangerie -- Scherbenbä m- chen -- heißen die zum Vergnügen oder zu mancherley Beobachtungen und Untersuchungen in Scherben und Blu- mentöpfen oder in Kübeln versetzte und dazu erzogene Obstbäumchen, welche die Bäume im Obstgarten in Mi- niatur vorstellen. Sie können auch Kesselbäume bilden, wer sie inwendig hohl und offen ziehen will, oder können auch als kleine Pyramiden gezogen werden, oder als Spa- liere, welche letztere aber zu viel Raum auf die Seite ein- nehmen. -- Sie müssen, was Aepfel und Birnen anbelangt, schlechterdings auf Johannisstamm und Quit- ten veredelt seyn, und sind von 1 Fuß Schafthöhe am schönsten: dem Steinobst aber wird 11/2 Fuß Schaft- höhe gegeben, und werden die Pfirschen, Aprikosen und Pflaumen auf Stämmchen von Haberpflaumen veredelt, und die Kirschen auf Sauerkirschstämmchen, die feine Wurzeln haben, oder etlichemal versetzet und die Wurzeln dazu geschnitten und bequem gemacht werden, oder auf Mahalebstämmchen, welche durch die Kerne oder Steine häufig erzogen werden können. -- Wenn die Oran- geriebäumchen zum Vergnügen gehalten werden, so müs- sen sie -- um doch ziemliche Früchten zu erhalten -- in Scherben oder Aschen von 10 Zoll Tiefe und 10 Zoll Weite, besser aber von 14 Zoll Tiefe etc. gepfleget werden. Aber das Steinobst muß größere Scherben oder Kübeln ha- ben, die nicht unter 15 Zoll tief und 16 Zoll weit sind: aber zum Beobachten und zum Studium der Sorten ist für Kern- und Steinobst 7 Zoll Tiefe und 8 Zoll Weite der Gefäße hinreichend, ja besser, weil sich die frühe Trag- barkeit nach der Beschränktheit der Wurzeln richtet, und man also früher Probefrucht erhält. Nach erreichtem End- zweck werden sie 1 oder 2 Jahre in das freye Land versetzet und sodann wieder in größere Gefäße.
Pomologiſche
O.
Orangerie — Obſtorangerie — Scherbenbä m- chen — heißen die zum Vergnügen oder zu mancherley Beobachtungen und Unterſuchungen in Scherben und Blu- mentöpfen oder in Kübeln verſetzte und dazu erzogene Obſtbäumchen, welche die Bäume im Obſtgarten in Mi- niatur vorſtellen. Sie können auch Keſſelbäume bilden, wer ſie inwendig hohl und offen ziehen will, oder können auch als kleine Pyramiden gezogen werden, oder als Spa- liere, welche letztere aber zu viel Raum auf die Seite ein- nehmen. — Sie müſſen, was Aepfel und Birnen anbelangt, ſchlechterdings auf Johannisſtamm und Quit- ten veredelt ſeyn, und ſind von 1 Fuß Schafthöhe am ſchönſten: dem Steinobſt aber wird 1½ Fuß Schaft- höhe gegeben, und werden die Pfirſchen, Aprikoſen und Pflaumen auf Stämmchen von Haberpflaumen veredelt, und die Kirſchen auf Sauerkirſchſtämmchen, die feine Wurzeln haben, oder etlichemal verſetzet und die Wurzeln dazu geſchnitten und bequem gemacht werden, oder auf Mahalebſtämmchen, welche durch die Kerne oder Steine häufig erzogen werden können. — Wenn die Oran- geriebäumchen zum Vergnügen gehalten werden, ſo müſ- ſen ſie — um doch ziemliche Früchten zu erhalten — in Scherben oder Aſchen von 10 Zoll Tiefe und 10 Zoll Weite, beſſer aber von 14 Zoll Tiefe ꝛc. gepfleget werden. Aber das Steinobſt muß größere Scherben oder Kübeln ha- ben, die nicht unter 15 Zoll tief und 16 Zoll weit ſind: aber zum Beobachten und zum Studium der Sorten iſt für Kern- und Steinobſt 7 Zoll Tiefe und 8 Zoll Weite der Gefäße hinreichend, ja beſſer, weil ſich die frühe Trag- barkeit nach der Beſchränktheit der Wurzeln richtet, und man alſo früher Probefrucht erhält. Nach erreichtem End- zweck werden ſie 1 oder 2 Jahre in das freye Land verſetzet und ſodann wieder in größere Gefäße.
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Pomologiſche
O.
Orangerie — Obſtorangerie — Scherbenbä m-
chen — heißen die zum Vergnügen oder zu mancherley
Beobachtungen und Unterſuchungen in Scherben und Blu-
mentöpfen oder in Kübeln verſetzte und dazu erzogene
Obſtbäumchen, welche die Bäume im Obſtgarten in Mi-
niatur vorſtellen. Sie können auch Keſſelbäume bilden,
wer ſie inwendig hohl und offen ziehen will, oder können
auch als kleine Pyramiden gezogen werden, oder als Spa-
liere, welche letztere aber zu viel Raum auf die Seite ein-
nehmen. — Sie müſſen, was Aepfel und Birnen
anbelangt, ſchlechterdings auf Johannisſtamm und Quit-
ten veredelt ſeyn, und ſind von 1 Fuß Schafthöhe am
ſchönſten: dem Steinobſt aber wird 1½ Fuß Schaft-
höhe gegeben, und werden die Pfirſchen, Aprikoſen und
Pflaumen auf Stämmchen von Haberpflaumen veredelt,
und die Kirſchen auf Sauerkirſchſtämmchen, die feine
Wurzeln haben, oder etlichemal verſetzet und die Wurzeln
dazu geſchnitten und bequem gemacht werden, oder auf
Mahalebſtämmchen, welche durch die Kerne oder
Steine häufig erzogen werden können. — Wenn die Oran-
geriebäumchen zum Vergnügen gehalten werden, ſo müſ-
ſen ſie — um doch ziemliche Früchten zu erhalten — in
Scherben oder Aſchen von 10 Zoll Tiefe und 10 Zoll Weite,
beſſer aber von 14 Zoll Tiefe ꝛc. gepfleget werden. Aber
das Steinobſt muß größere Scherben oder Kübeln ha-
ben, die nicht unter 15 Zoll tief und 16 Zoll weit ſind:
aber zum Beobachten und zum Studium der Sorten iſt
für Kern- und Steinobſt 7 Zoll Tiefe und 8 Zoll Weite
der Gefäße hinreichend, ja beſſer, weil ſich die frühe Trag-
barkeit nach der Beſchränktheit der Wurzeln richtet, und
man alſo früher Probefrucht erhält. Nach erreichtem End-
zweck werden ſie 1 oder 2 Jahre in das freye Land verſetzet
und ſodann wieder in größere Gefäße.
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Christ, Johann Ludwig: Vollständige Pomologie. Bd. 1. Das Kernobst. Berlin, 1809, S. XL. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/christ_pomologie01_1809/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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