rühmte besonders eine heilige Cäcilie eines unbe¬ kannten Meisters, welche unverkennbar mit Marien Ähnlichkeit habe, und versprach, mich nach einer Stunde, während welcher er beschäftigt war, in der Gallerie aufzusuchen. Ich trat nach wenigen Minuten in das Heiligthum der Kunst; eine Menge Kenner und Neugierige aller Stände wogten in den Sälen umher; nur in einem Sei¬ tengemache, wo die auserlesensten Stücke hingen, war es nicht so voll von Beschauern, indem hier nicht ein jeder hineingelassen wurde. Der Auf¬ seher, ein freundlicher Greis, der mir längst be¬ kannt war, führte mich hinein, und deutete mit der Hand nach den besten Bildern hin. Vor dem Bilde der heiligen Cäcilie stand eine junge Dame, die mir den Rücken zuwandte; ich ging nach der andern Seite, und sah ihr Gesicht. Gott, es war Marie! Sie erwiederte meinen Gruß freundlich lächlend, und fragte mit der ganzen Anmuth ihres bezaubernden Wesens, ob ich ein Gemäldefreund sei. Wir kamen bald auf den Concertabend beim Probst; sie entwickelte mir ein so tiefes Gefühl im Bezug auf Musik und ihr ganzes kindliches Gemüth, daß mir die Zeit mit unbegreiflicher Schnelligkeit entfloh. Eine junge Dame, sie mogte mit Marien gekommen sein, hing sich jetzt mit freundlichem Kosen an ihren Arm, und
ruͤhmte beſonders eine heilige Caͤcilie eines unbe¬ kannten Meiſters, welche unverkennbar mit Marien Ähnlichkeit habe, und verſprach, mich nach einer Stunde, waͤhrend welcher er beſchaͤftigt war, in der Gallerie aufzuſuchen. Ich trat nach wenigen Minuten in das Heiligthum der Kunſt; eine Menge Kenner und Neugierige aller Staͤnde wogten in den Saͤlen umher; nur in einem Sei¬ tengemache, wo die auserleſenſten Stuͤcke hingen, war es nicht ſo voll von Beſchauern, indem hier nicht ein jeder hineingelaſſen wurde. Der Auf¬ ſeher, ein freundlicher Greis, der mir laͤngſt be¬ kannt war, fuͤhrte mich hinein, und deutete mit der Hand nach den beſten Bildern hin. Vor dem Bilde der heiligen Caͤcilie ſtand eine junge Dame, die mir den Ruͤcken zuwandte; ich ging nach der andern Seite, und ſah ihr Geſicht. Gott, es war Marie! Sie erwiederte meinen Gruß freundlich laͤchlend, und fragte mit der ganzen Anmuth ihres bezaubernden Weſens, ob ich ein Gemaͤldefreund ſei. Wir kamen bald auf den Concertabend beim Probſt; ſie entwickelte mir ein ſo tiefes Gefuͤhl im Bezug auf Muſik und ihr ganzes kindliches Gemuͤth, daß mir die Zeit mit unbegreiflicher Schnelligkeit entfloh. Eine junge Dame, ſie mogte mit Marien gekommen ſein, hing ſich jetzt mit freundlichem Koſen an ihren Arm, und
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ruͤhmte beſonders eine heilige Caͤcilie eines unbe¬
kannten Meiſters, welche unverkennbar mit Marien
Ähnlichkeit habe, und verſprach, mich nach einer
Stunde, waͤhrend welcher er beſchaͤftigt war, in
der Gallerie aufzuſuchen. Ich trat nach wenigen
Minuten in das Heiligthum der Kunſt; eine
Menge Kenner und Neugierige aller Staͤnde
wogten in den Saͤlen umher; nur in einem Sei¬
tengemache, wo die auserleſenſten Stuͤcke hingen,
war es nicht ſo voll von Beſchauern, indem hier
nicht ein jeder hineingelaſſen wurde. Der Auf¬
ſeher, ein freundlicher Greis, der mir laͤngſt be¬
kannt war, fuͤhrte mich hinein, und deutete mit
der Hand nach den beſten Bildern hin. Vor dem
Bilde der heiligen Caͤcilie ſtand eine junge Dame,
die mir den Ruͤcken zuwandte; ich ging nach der
andern Seite, und ſah ihr Geſicht. Gott, es
war Marie! Sie erwiederte meinen Gruß freundlich
laͤchlend, und fragte mit der ganzen Anmuth ihres
bezaubernden Weſens, ob ich ein Gemaͤldefreund
ſei. Wir kamen bald auf den Concertabend beim
Probſt; ſie entwickelte mir ein ſo tiefes Gefuͤhl
im Bezug auf Muſik und ihr ganzes kindliches
Gemuͤth, daß mir die Zeit mit unbegreiflicher
Schnelligkeit entfloh. Eine junge Dame, ſie
mogte mit Marien gekommen ſein, hing ſich jetzt
mit freundlichem Koſen an ihren Arm, und
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/141>, abgerufen am 04.12.2024.
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