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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Verschwinden ganz außer sich gewesen, und wie
ferner der alte Commercienrath ganz plötzlich,
von keiner Seele beklagt, an einem Schlagflusse
gestorben sei. Ich dankte der guten Frau für
ihre Nachricht, machte schnell wegen der Erbschaft
und des mütterlichen Vermögens meiner Frau
die desfalsigen Anträge bei der Justizbehörde in
B., und reis'te hierauf mit Adeline meinem lieben
Freunde nach.

Anfangs September des vergangenen Jahrs
langten wir am Ziele glücklich an. Adeline war
entzückt von der schönen Lage meiner Heimath,
wenn sie gleich ein wenig zürnte, als ich ihr
mein bisheriges Verhältniß zu Tina und den
Grund nannte, weshalb wir nicht in Blumenau
unsern Wohnsitz aufschlügen. An meiner Liebe
so wie an Tinas aufrichtiger Einwilligung konnte
sie indeß nicht zweifeln, denn ich brachte tüchtige
Beweise, und hatte ihre Verzeihung. Aber man
denke sich meine Verwunderung, als ich meinen
Reisegefährten in dessen elterlichem Hause nicht
antreffe, und erfahre, daß er bereits wieder das
Weite gesucht! Übrigens war der alte, vortreff¬
liche Forstinspector, der beiläufig gesagt, ein stein¬
reicher Mann ist, von seiner hypochondrischen
Krankheit völlig genesen, und von meinen Ver¬

Verſchwinden ganz außer ſich geweſen, und wie
ferner der alte Commercienrath ganz ploͤtzlich,
von keiner Seele beklagt, an einem Schlagfluſſe
geſtorben ſei. Ich dankte der guten Frau fuͤr
ihre Nachricht, machte ſchnell wegen der Erbſchaft
und des muͤtterlichen Vermoͤgens meiner Frau
die desfalſigen Antraͤge bei der Juſtizbehoͤrde in
B., und reiſ'te hierauf mit Adeline meinem lieben
Freunde nach.

Anfangs September des vergangenen Jahrs
langten wir am Ziele gluͤcklich an. Adeline war
entzuͤckt von der ſchoͤnen Lage meiner Heimath,
wenn ſie gleich ein wenig zuͤrnte, als ich ihr
mein bisheriges Verhaͤltniß zu Tina und den
Grund nannte, weshalb wir nicht in Blumenau
unſern Wohnſitz aufſchluͤgen. An meiner Liebe
ſo wie an Tinas aufrichtiger Einwilligung konnte
ſie indeß nicht zweifeln, denn ich brachte tuͤchtige
Beweiſe, und hatte ihre Verzeihung. Aber man
denke ſich meine Verwunderung, als ich meinen
Reiſegefaͤhrten in deſſen elterlichem Hauſe nicht
antreffe, und erfahre, daß er bereits wieder das
Weite geſucht! Übrigens war der alte, vortreff¬
liche Forſtinſpector, der beilaͤufig geſagt, ein ſtein¬
reicher Mann iſt, von ſeiner hypochondriſchen
Krankheit voͤllig geneſen, und von meinen Ver¬

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[228/0234] Verſchwinden ganz außer ſich geweſen, und wie ferner der alte Commercienrath ganz ploͤtzlich, von keiner Seele beklagt, an einem Schlagfluſſe geſtorben ſei. Ich dankte der guten Frau fuͤr ihre Nachricht, machte ſchnell wegen der Erbſchaft und des muͤtterlichen Vermoͤgens meiner Frau die desfalſigen Antraͤge bei der Juſtizbehoͤrde in B., und reiſ'te hierauf mit Adeline meinem lieben Freunde nach. Anfangs September des vergangenen Jahrs langten wir am Ziele gluͤcklich an. Adeline war entzuͤckt von der ſchoͤnen Lage meiner Heimath, wenn ſie gleich ein wenig zuͤrnte, als ich ihr mein bisheriges Verhaͤltniß zu Tina und den Grund nannte, weshalb wir nicht in Blumenau unſern Wohnſitz aufſchluͤgen. An meiner Liebe ſo wie an Tinas aufrichtiger Einwilligung konnte ſie indeß nicht zweifeln, denn ich brachte tuͤchtige Beweiſe, und hatte ihre Verzeihung. Aber man denke ſich meine Verwunderung, als ich meinen Reiſegefaͤhrten in deſſen elterlichem Hauſe nicht antreffe, und erfahre, daß er bereits wieder das Weite geſucht! Übrigens war der alte, vortreff¬ liche Forſtinſpector, der beilaͤufig geſagt, ein ſtein¬ reicher Mann iſt, von ſeiner hypochondriſchen Krankheit voͤllig geneſen, und von meinen Ver¬

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/234>, abgerufen am 18.05.2024.