Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

sehnlich wünschte, sein Frauchen in des Grafen
Haus nun endlich einzuführen.

Blauenstein durchzog einstweilen mit seiner
angebeteten Albertine den lauschigen Park. Beide
hatten sich noch so unendlich viel zu sagen, die
Liebe machte sie gegenseitig so beredt, und zog sie
zur Einsamkeit hin, daß sie die Zeit nutzten und
am Ufer des plätschernden Sees in süßer Hin¬
gebung sich ihrer Liebe freuten. Aber Tina, war
es Adelinens sonderbares Zusammentreffen mit
Staunitz, ohne welches sie ihres Herzens Auser¬
wählten doch nimmer das hätte sein können, was
sie jetzt ihm war, oder war es die Erinnerung
an ihre unglückliche Mutter, die im nahm Rasen¬
hügel des freundlichen Gartens den ewigen Schlaf
des Todes schlief, Tina brach in ein sanftes
Weinen aus, und zog den tief gerührten Freund
an ihres Mütterchens frisch erblühtes Grab. Eine
zarte blaue Winde hatte ihre rankigen Fäden um
eine aufgeblühte Frührose geschlungen, und lachte
dem Paare anmuthig entgegen.

"Mein Freund, mein einzig geliebter Freund!"
hob Tina an, und ließ sich an dem einfachen
Denksteine nieder, "hier schwöre mir, nur mir
anzugehören, hier, an meines unvergeßlichen Müt¬

ſehnlich wuͤnſchte, ſein Frauchen in des Grafen
Haus nun endlich einzufuͤhren.

Blauenſtein durchzog einſtweilen mit ſeiner
angebeteten Albertine den lauſchigen Park. Beide
hatten ſich noch ſo unendlich viel zu ſagen, die
Liebe machte ſie gegenſeitig ſo beredt, und zog ſie
zur Einſamkeit hin, daß ſie die Zeit nutzten und
am Ufer des plaͤtſchernden Sees in ſuͤßer Hin¬
gebung ſich ihrer Liebe freuten. Aber Tina, war
es Adelinens ſonderbares Zuſammentreffen mit
Staunitz, ohne welches ſie ihres Herzens Auser¬
waͤhlten doch nimmer das haͤtte ſein koͤnnen, was
ſie jetzt ihm war, oder war es die Erinnerung
an ihre ungluͤckliche Mutter, die im nahm Raſen¬
huͤgel des freundlichen Gartens den ewigen Schlaf
des Todes ſchlief, Tina brach in ein ſanftes
Weinen aus, und zog den tief geruͤhrten Freund
an ihres Muͤtterchens friſch erbluͤhtes Grab. Eine
zarte blaue Winde hatte ihre rankigen Faͤden um
eine aufgebluͤhte Fruͤhroſe geſchlungen, und lachte
dem Paare anmuthig entgegen.

„Mein Freund, mein einzig geliebter Freund!“
hob Tina an, und ließ ſich an dem einfachen
Denkſteine nieder, „hier ſchwoͤre mir, nur mir
anzugehoͤren, hier, an meines unvergeßlichen Muͤt¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0240" n="234"/>
&#x017F;ehnlich wu&#x0364;n&#x017F;chte, &#x017F;ein Frauchen in des Grafen<lb/>
Haus nun endlich einzufu&#x0364;hren.</p><lb/>
        <p>Blauen&#x017F;tein durchzog ein&#x017F;tweilen mit &#x017F;einer<lb/>
angebeteten Albertine den lau&#x017F;chigen Park. Beide<lb/>
hatten &#x017F;ich noch &#x017F;o unendlich viel zu &#x017F;agen, die<lb/>
Liebe machte &#x017F;ie gegen&#x017F;eitig &#x017F;o beredt, und zog &#x017F;ie<lb/>
zur Ein&#x017F;amkeit hin, daß &#x017F;ie die Zeit nutzten und<lb/>
am Ufer des pla&#x0364;t&#x017F;chernden Sees in &#x017F;u&#x0364;ßer Hin¬<lb/>
gebung &#x017F;ich ihrer Liebe freuten. Aber Tina, war<lb/>
es Adelinens &#x017F;onderbares Zu&#x017F;ammentreffen mit<lb/>
Staunitz, ohne welches &#x017F;ie ihres Herzens Auser¬<lb/>
wa&#x0364;hlten doch nimmer das ha&#x0364;tte &#x017F;ein ko&#x0364;nnen, was<lb/>
&#x017F;ie jetzt ihm war, oder war es die Erinnerung<lb/>
an ihre unglu&#x0364;ckliche Mutter, die im nahm Ra&#x017F;en¬<lb/>
hu&#x0364;gel des freundlichen Gartens den ewigen Schlaf<lb/>
des Todes &#x017F;chlief, Tina brach in ein &#x017F;anftes<lb/>
Weinen aus, und zog den tief geru&#x0364;hrten Freund<lb/>
an ihres Mu&#x0364;tterchens fri&#x017F;ch erblu&#x0364;htes Grab. Eine<lb/>
zarte blaue Winde hatte ihre rankigen Fa&#x0364;den um<lb/>
eine aufgeblu&#x0364;hte Fru&#x0364;hro&#x017F;e ge&#x017F;chlungen, und lachte<lb/>
dem Paare anmuthig entgegen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Freund, mein einzig geliebter Freund!&#x201C;<lb/>
hob Tina an, und ließ &#x017F;ich an dem einfachen<lb/>
Denk&#x017F;teine nieder, &#x201E;hier &#x017F;chwo&#x0364;re mir, nur mir<lb/>
anzugeho&#x0364;ren, hier, an meines unvergeßlichen Mu&#x0364;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0240] ſehnlich wuͤnſchte, ſein Frauchen in des Grafen Haus nun endlich einzufuͤhren. Blauenſtein durchzog einſtweilen mit ſeiner angebeteten Albertine den lauſchigen Park. Beide hatten ſich noch ſo unendlich viel zu ſagen, die Liebe machte ſie gegenſeitig ſo beredt, und zog ſie zur Einſamkeit hin, daß ſie die Zeit nutzten und am Ufer des plaͤtſchernden Sees in ſuͤßer Hin¬ gebung ſich ihrer Liebe freuten. Aber Tina, war es Adelinens ſonderbares Zuſammentreffen mit Staunitz, ohne welches ſie ihres Herzens Auser¬ waͤhlten doch nimmer das haͤtte ſein koͤnnen, was ſie jetzt ihm war, oder war es die Erinnerung an ihre ungluͤckliche Mutter, die im nahm Raſen¬ huͤgel des freundlichen Gartens den ewigen Schlaf des Todes ſchlief, Tina brach in ein ſanftes Weinen aus, und zog den tief geruͤhrten Freund an ihres Muͤtterchens friſch erbluͤhtes Grab. Eine zarte blaue Winde hatte ihre rankigen Faͤden um eine aufgebluͤhte Fruͤhroſe geſchlungen, und lachte dem Paare anmuthig entgegen. „Mein Freund, mein einzig geliebter Freund!“ hob Tina an, und ließ ſich an dem einfachen Denkſteine nieder, „hier ſchwoͤre mir, nur mir anzugehoͤren, hier, an meines unvergeßlichen Muͤt¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/240
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/240>, abgerufen am 25.11.2024.