Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.Gegenwart der Gedanke beikam, es sei eine gün¬ Endlich, ich hatte gar keine Ahnung davon, Gegenwart der Gedanke beikam, es ſei eine guͤn¬ Endlich, ich hatte gar keine Ahnung davon, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0251" n="245"/> Gegenwart der Gedanke beikam, es ſei eine guͤn¬<lb/> ſtige Zeit, ihr meine gluͤhende Liebe zu geſtehn.<lb/> Ich gehoͤrte nie zu den eitlen Gecken, welche ſich<lb/> bei jeder natuͤrlichen Offenheit und Freundlichkeit<lb/> eines jungen, unbefangenen Maͤdchens einbilden,<lb/> ſie ſeien geliebt, es beduͤrfe nur der Anfrage, um<lb/> ſich am Ziel ihrer Wuͤnſche zu ſehn; aber ich<lb/> war vielleicht zu ſehr zuruͤckhaltend, hatte zu<lb/> wenig Kenntniß des menſchlichen Herzens, das<lb/> ja immer unergruͤndlich bleibt. Oft nahm ich<lb/> mir vor, etwas weiter auszuholen, Mariens<lb/> eigentliche Empfindungen zu erforſchen, aber ich<lb/> fand immer nur die heitere, unbefangene Natuͤr¬<lb/> lichkeit ihres ſo unendlich einnehmenden Weſens,<lb/> und wußte mir ſelbſt nicht zu rathen. Meine<lb/> Tante, welche mit der alten Frau von Struen<lb/> ziemlich vertraut war, wuͤnſchte eine Verbindung<lb/> zwiſchen Marien und mir von ganzer Seele;<lb/> ſie ſah meine Zaghaftigkeit und wollte doch auch<lb/> nicht gegen meinen Willen mit Mariens Eltern<lb/> von der Sache reden. So verging eine lange<lb/> Zeit. — —</p><lb/> <p>Endlich, ich hatte gar keine Ahnung davon,<lb/> erhielt ich die Nachricht, daß der Freiherr ſeine<lb/> Guͤter verlaſſe und nach der Reſidenz gehe, wo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [245/0251]
Gegenwart der Gedanke beikam, es ſei eine guͤn¬
ſtige Zeit, ihr meine gluͤhende Liebe zu geſtehn.
Ich gehoͤrte nie zu den eitlen Gecken, welche ſich
bei jeder natuͤrlichen Offenheit und Freundlichkeit
eines jungen, unbefangenen Maͤdchens einbilden,
ſie ſeien geliebt, es beduͤrfe nur der Anfrage, um
ſich am Ziel ihrer Wuͤnſche zu ſehn; aber ich
war vielleicht zu ſehr zuruͤckhaltend, hatte zu
wenig Kenntniß des menſchlichen Herzens, das
ja immer unergruͤndlich bleibt. Oft nahm ich
mir vor, etwas weiter auszuholen, Mariens
eigentliche Empfindungen zu erforſchen, aber ich
fand immer nur die heitere, unbefangene Natuͤr¬
lichkeit ihres ſo unendlich einnehmenden Weſens,
und wußte mir ſelbſt nicht zu rathen. Meine
Tante, welche mit der alten Frau von Struen
ziemlich vertraut war, wuͤnſchte eine Verbindung
zwiſchen Marien und mir von ganzer Seele;
ſie ſah meine Zaghaftigkeit und wollte doch auch
nicht gegen meinen Willen mit Mariens Eltern
von der Sache reden. So verging eine lange
Zeit. — —
Endlich, ich hatte gar keine Ahnung davon,
erhielt ich die Nachricht, daß der Freiherr ſeine
Guͤter verlaſſe und nach der Reſidenz gehe, wo
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