Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.schlaue Art damit aufzuziehn. Es war ihm jetzt "Aber mein Himmel," unterbrach Staunitz ſchlaue Art damit aufzuziehn. Es war ihm jetzt „Aber mein Himmel,“ unterbrach Staunitz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="69"/> ſchlaue Art damit aufzuziehn. Es war ihm jetzt<lb/> unmoͤglich, dem Maͤdchen gram zu ſein; wo er<lb/> noch vor Kurzem Verſtellung, Koquetterie, Gefall¬<lb/> ſucht, und wer weiß, was noch alle! geſehn,<lb/> erblickte er jetzt nur gefaͤllige Natuͤrlichkeit, unbe¬<lb/> fangene Liebenswuͤrdigkeit; und dann durfte er ja<lb/> auch wahrhaftig ihr dankbares Herz nicht ver¬<lb/> geſſen. Wer des Vaters Leben, wenigſtens ſeine<lb/> geſunden Glieder rettete, hatte gewiß Anſpruch<lb/> auf der Tochter Freundſchaft. Und ihre Verlo¬<lb/> bung? — nun ja, das war freilich dumm, recht<lb/> ungelegen, und vielleicht die Quelle alles Kummers,<lb/> der den jungen Mann quaͤlte und noch quaͤlen<lb/> ſollte; aber ſie liebte ihren Braͤutigam herzlich,<lb/> mit ſo viel kindlicher Anhaͤnglichkeit; nein, mit<lb/> einem Worte, Tina war und blieb ein hoͤchſt<lb/> liebenswuͤrdiges Geſchoͤpf, nur Schade, ewig<lb/> Schade, daß ihm das Himmelskind auf immer<lb/> verloren war!</p><lb/> <p>„Aber mein Himmel,“ unterbrach Staunitz<lb/> ſeines Nachbars Betrachtungen, „warum ſind Sie<lb/> immer ſo ernſt, ſo in ſich zuruͤckgezogen, lieber<lb/> Baron? Laſſen Sie uns,“ fuhr er fort, und ſah<lb/> Blauenſtein tief in's Auge, als gelinge es ihm<lb/> jetzt, ſein Herz zu ergruͤnden, „laſſen Sie uns zu<lb/> den Glaͤſern faſſen! Der Wein macht froͤhlich,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
ſchlaue Art damit aufzuziehn. Es war ihm jetzt
unmoͤglich, dem Maͤdchen gram zu ſein; wo er
noch vor Kurzem Verſtellung, Koquetterie, Gefall¬
ſucht, und wer weiß, was noch alle! geſehn,
erblickte er jetzt nur gefaͤllige Natuͤrlichkeit, unbe¬
fangene Liebenswuͤrdigkeit; und dann durfte er ja
auch wahrhaftig ihr dankbares Herz nicht ver¬
geſſen. Wer des Vaters Leben, wenigſtens ſeine
geſunden Glieder rettete, hatte gewiß Anſpruch
auf der Tochter Freundſchaft. Und ihre Verlo¬
bung? — nun ja, das war freilich dumm, recht
ungelegen, und vielleicht die Quelle alles Kummers,
der den jungen Mann quaͤlte und noch quaͤlen
ſollte; aber ſie liebte ihren Braͤutigam herzlich,
mit ſo viel kindlicher Anhaͤnglichkeit; nein, mit
einem Worte, Tina war und blieb ein hoͤchſt
liebenswuͤrdiges Geſchoͤpf, nur Schade, ewig
Schade, daß ihm das Himmelskind auf immer
verloren war!
„Aber mein Himmel,“ unterbrach Staunitz
ſeines Nachbars Betrachtungen, „warum ſind Sie
immer ſo ernſt, ſo in ſich zuruͤckgezogen, lieber
Baron? Laſſen Sie uns,“ fuhr er fort, und ſah
Blauenſtein tief in's Auge, als gelinge es ihm
jetzt, ſein Herz zu ergruͤnden, „laſſen Sie uns zu
den Glaͤſern faſſen! Der Wein macht froͤhlich,
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