Die sächsische und die östreichische Kriegsmacht im siebenjährigen Kriege waren dagegen als eine zu betrachten; was die eine litt mußte die andere mitempfinden, theils weil die Kriegstheater in derselben Richtung für Friedrich den Großen lagen, theils weil Sachsen gar keine politische Selbstständigkeit hatte.
So viel Feinde Bonaparte im Jahr 1813 zu be- kämpfen hatte, so lagen sie ihm doch alle ziemlich nach einer Richtung hin, und die Kriegstheater ihrer Heere standen in einer nahen Verbindung und starken Wechsel- wirkung. Hätte er irgendwo durch Vereinigung seiner Kräfte die Hauptmacht überwältigen können, so hätte er dadurch über alle Theile entschieden. Wenn er die böhmi- sche Hauptarmee geschlagen hätte, über Prag gegen Wien vorgedrungen wäre, so hätte Blücher bei dem besten Wil- len nicht in Sachsen bleiben können, weil man ihn nach Böhmen zu Hülfe gerufen haben würde, und dem Kron- prinzen von Schweden würde es sogar an gutem Willen gefehlt haben in der Mark zu bleiben.
Dagegen wird es für Östreich immer schwer sein, wenn es den Krieg gegen Frankreich am Rhein und in Italien zugleich führt, durch einen erfolgreichen Stoß auf einem dieser Kriegstheater über das andere mit zu ent- scheiden. Theils trennt die Schweiz mit ihren Bergen beide Kriegstheater zu stark, theils ist die Richtung der Straßen auf beiden excentrisch. Frankreich dagegen kann schon eher durch einen entscheidenden Erfolg auf dem einen über das andere mitentscheiden, weil die Richtung seiner Kräfte auf beide koncentrisch gegen Wien und den Schwer- punkt der östreichischen Monarchie geht; ferner kann man sagen, daß es leichter von Italien aus über das rheinische Kriegstheater, als umgekehrt mitentscheiden kann, weil der
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Die ſaͤchſiſche und die oͤſtreichiſche Kriegsmacht im ſiebenjaͤhrigen Kriege waren dagegen als eine zu betrachten; was die eine litt mußte die andere mitempfinden, theils weil die Kriegstheater in derſelben Richtung fuͤr Friedrich den Großen lagen, theils weil Sachſen gar keine politiſche Selbſtſtaͤndigkeit hatte.
So viel Feinde Bonaparte im Jahr 1813 zu be- kaͤmpfen hatte, ſo lagen ſie ihm doch alle ziemlich nach einer Richtung hin, und die Kriegstheater ihrer Heere ſtanden in einer nahen Verbindung und ſtarken Wechſel- wirkung. Haͤtte er irgendwo durch Vereinigung ſeiner Kraͤfte die Hauptmacht uͤberwaͤltigen koͤnnen, ſo haͤtte er dadurch uͤber alle Theile entſchieden. Wenn er die boͤhmi- ſche Hauptarmee geſchlagen haͤtte, uͤber Prag gegen Wien vorgedrungen waͤre, ſo haͤtte Bluͤcher bei dem beſten Wil- len nicht in Sachſen bleiben koͤnnen, weil man ihn nach Boͤhmen zu Huͤlfe gerufen haben wuͤrde, und dem Kron- prinzen von Schweden wuͤrde es ſogar an gutem Willen gefehlt haben in der Mark zu bleiben.
Dagegen wird es fuͤr Öſtreich immer ſchwer ſein, wenn es den Krieg gegen Frankreich am Rhein und in Italien zugleich fuͤhrt, durch einen erfolgreichen Stoß auf einem dieſer Kriegstheater uͤber das andere mit zu ent- ſcheiden. Theils trennt die Schweiz mit ihren Bergen beide Kriegstheater zu ſtark, theils iſt die Richtung der Straßen auf beiden excentriſch. Frankreich dagegen kann ſchon eher durch einen entſcheidenden Erfolg auf dem einen uͤber das andere mitentſcheiden, weil die Richtung ſeiner Kraͤfte auf beide koncentriſch gegen Wien und den Schwer- punkt der oͤſtreichiſchen Monarchie geht; ferner kann man ſagen, daß es leichter von Italien aus uͤber das rheiniſche Kriegstheater, als umgekehrt mitentſcheiden kann, weil der
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Die ſaͤchſiſche und die oͤſtreichiſche Kriegsmacht im
ſiebenjaͤhrigen Kriege waren dagegen als eine zu betrachten;
was die eine litt mußte die andere mitempfinden, theils
weil die Kriegstheater in derſelben Richtung fuͤr Friedrich
den Großen lagen, theils weil Sachſen gar keine politiſche
Selbſtſtaͤndigkeit hatte.
So viel Feinde Bonaparte im Jahr 1813 zu be-
kaͤmpfen hatte, ſo lagen ſie ihm doch alle ziemlich nach
einer Richtung hin, und die Kriegstheater ihrer Heere
ſtanden in einer nahen Verbindung und ſtarken Wechſel-
wirkung. Haͤtte er irgendwo durch Vereinigung ſeiner
Kraͤfte die Hauptmacht uͤberwaͤltigen koͤnnen, ſo haͤtte er
dadurch uͤber alle Theile entſchieden. Wenn er die boͤhmi-
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vorgedrungen waͤre, ſo haͤtte Bluͤcher bei dem beſten Wil-
len nicht in Sachſen bleiben koͤnnen, weil man ihn nach
Boͤhmen zu Huͤlfe gerufen haben wuͤrde, und dem Kron-
prinzen von Schweden wuͤrde es ſogar an gutem Willen
gefehlt haben in der Mark zu bleiben.
Dagegen wird es fuͤr Öſtreich immer ſchwer ſein,
wenn es den Krieg gegen Frankreich am Rhein und in
Italien zugleich fuͤhrt, durch einen erfolgreichen Stoß auf
einem dieſer Kriegstheater uͤber das andere mit zu ent-
ſcheiden. Theils trennt die Schweiz mit ihren Bergen
beide Kriegstheater zu ſtark, theils iſt die Richtung der
Straßen auf beiden excentriſch. Frankreich dagegen kann
ſchon eher durch einen entſcheidenden Erfolg auf dem einen
uͤber das andere mitentſcheiden, weil die Richtung ſeiner
Kraͤfte auf beide koncentriſch gegen Wien und den Schwer-
punkt der oͤſtreichiſchen Monarchie geht; ferner kann man
ſagen, daß es leichter von Italien aus uͤber das rheiniſche
Kriegstheater, als umgekehrt mitentſcheiden kann, weil der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/177>, abgerufen am 27.11.2024.
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