geben, wodurch einem ausführlichen Unterrichte oder sei- nem eigenen Studio Schwierigkeiten in den Weg gelegt würden.
Um des ersten Zweckes willen werde ich den Gegen- stand stets an den natürlichen Menschenverstand so nahe als möglich anzuknüpfen suchen und mich darüber oft von dem wissenschaftlichen Geiste und von den Formen der Schule entfernen.
Ich lege nun Ew. Hochwohlgeboren den flüchtig ent- worfenen Plan vor und bitte, meine Ansicht, wo sie nicht mit der Ihrigen übereinstimmt, gütigst berichtigen zu wollen.
Außer einer vorläufigen Kenntniß der Waffen- und Truppenarten sind es doch vorzüglich die sogenannte ange- wandte oder höhere Taktik und die Strategie, wovon man einige Begriffe haben muß, um die Kriegsgeschichte zu verstehen. Die Taktik oder Gefechtslehre ist eigentlich die Hauptsache, theils weil die Gefechte entscheiden, theils weil in ihr am meisten zu lehren ist. Die Strategie, oder die Lehre von der Kombination der einzelnen Gefechte zum Zwecke des Feldzuges, ist mehr ein Gegenstand der natürlichen und gereiften Urtheilskraft; doch müssen die darin vorkommenden Gegenstände wenigstens deutlich ge- macht und in ihrem Zusammenhange gezeigt werden.
Die Feldfortifikation erhält in einem solchen über- sichtlichen Cursus am zweckmäßigsten ihre Stelle bei der Lehre von der Vertheidigung in der Taktik, die perma- nente Fortifikation in oder hinter der Strategie.
Die Taktik selbst hat zwei verschiedene Arten von Gegenständen. Die einen können verstanden werden ohne
geben, wodurch einem ausfuͤhrlichen Unterrichte oder ſei- nem eigenen Studio Schwierigkeiten in den Weg gelegt wuͤrden.
Um des erſten Zweckes willen werde ich den Gegen- ſtand ſtets an den natuͤrlichen Menſchenverſtand ſo nahe als moͤglich anzuknuͤpfen ſuchen und mich daruͤber oft von dem wiſſenſchaftlichen Geiſte und von den Formen der Schule entfernen.
Ich lege nun Ew. Hochwohlgeboren den fluͤchtig ent- worfenen Plan vor und bitte, meine Anſicht, wo ſie nicht mit der Ihrigen uͤbereinſtimmt, guͤtigſt berichtigen zu wollen.
Außer einer vorlaͤufigen Kenntniß der Waffen- und Truppenarten ſind es doch vorzuͤglich die ſogenannte ange- wandte oder hoͤhere Taktik und die Strategie, wovon man einige Begriffe haben muß, um die Kriegsgeſchichte zu verſtehen. Die Taktik oder Gefechtslehre iſt eigentlich die Hauptſache, theils weil die Gefechte entſcheiden, theils weil in ihr am meiſten zu lehren iſt. Die Strategie, oder die Lehre von der Kombination der einzelnen Gefechte zum Zwecke des Feldzuges, iſt mehr ein Gegenſtand der natuͤrlichen und gereiften Urtheilskraft; doch muͤſſen die darin vorkommenden Gegenſtaͤnde wenigſtens deutlich ge- macht und in ihrem Zuſammenhange gezeigt werden.
Die Feldfortifikation erhaͤlt in einem ſolchen uͤber- ſichtlichen Curſus am zweckmaͤßigſten ihre Stelle bei der Lehre von der Vertheidigung in der Taktik, die perma- nente Fortifikation in oder hinter der Strategie.
Die Taktik ſelbſt hat zwei verſchiedene Arten von Gegenſtaͤnden. Die einen koͤnnen verſtanden werden ohne
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geben, wodurch einem ausfuͤhrlichen Unterrichte oder ſei-
nem eigenen Studio Schwierigkeiten in den Weg gelegt
wuͤrden.
Um des erſten Zweckes willen werde ich den Gegen-
ſtand ſtets an den natuͤrlichen Menſchenverſtand ſo nahe
als moͤglich anzuknuͤpfen ſuchen und mich daruͤber oft von
dem wiſſenſchaftlichen Geiſte und von den Formen der
Schule entfernen.
Ich lege nun Ew. Hochwohlgeboren den fluͤchtig ent-
worfenen Plan vor und bitte, meine Anſicht, wo ſie
nicht mit der Ihrigen uͤbereinſtimmt, guͤtigſt berichtigen
zu wollen.
Außer einer vorlaͤufigen Kenntniß der Waffen- und
Truppenarten ſind es doch vorzuͤglich die ſogenannte ange-
wandte oder hoͤhere Taktik und die Strategie, wovon
man einige Begriffe haben muß, um die Kriegsgeſchichte
zu verſtehen. Die Taktik oder Gefechtslehre iſt eigentlich
die Hauptſache, theils weil die Gefechte entſcheiden, theils
weil in ihr am meiſten zu lehren iſt. Die Strategie, oder
die Lehre von der Kombination der einzelnen Gefechte
zum Zwecke des Feldzuges, iſt mehr ein Gegenſtand der
natuͤrlichen und gereiften Urtheilskraft; doch muͤſſen die
darin vorkommenden Gegenſtaͤnde wenigſtens deutlich ge-
macht und in ihrem Zuſammenhange gezeigt werden.
Die Feldfortifikation erhaͤlt in einem ſolchen uͤber-
ſichtlichen Curſus am zweckmaͤßigſten ihre Stelle bei der
Lehre von der Vertheidigung in der Taktik, die perma-
nente Fortifikation in oder hinter der Strategie.
Die Taktik ſelbſt hat zwei verſchiedene Arten von
Gegenſtaͤnden. Die einen koͤnnen verſtanden werden ohne
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/220>, abgerufen am 23.11.2024.
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