76. Da aber aus der Behauptung der Stellung bei der Vertheidigung von selbst folgt daß der Gegner weichen muß, so ist trotz des negativen Zwecks auch für den Ver- theidiger der Abzug, also das Weichen des Gegners das Siegeszeichen.
77. Ursprünglich ist wegen des gleichen Zwecks das Handgefecht das Element des Angriffs.
78. Da aber das Handgefecht ein so schwaches Zer- störungsprinzip in sich hat, so würde der Angreifende wel- cher sich desselben ganz allein bedienen wollte, in den meisten Fällen kaum als ein Fechtender zu betrachten und in jedem Falle das Spiel sehr ungleich sein.
79. Nur bei kleinen Haufen oder bei bloßer Reite- rei kann das Handgefecht den ganzen Angriff ausmachen. Je größer die Massen werden, je mehr Artillerie und In- fanterie ins Spiel kommen, um so weniger reicht es zu.
80. Es muß also auch der Angriff so Viel von dem Feuergefecht in sich aufnehmen als nöthig ist.
81. In diesem, nämlich im Feuergefecht sind beide Theile in Beziehung auf die Gefechtsart als sich gleich zu betrachten. Je größer also das Verhältniß desselben zum Handgefecht wird, um so mehr nimmt die ursprüng- liche Ungleichheit zwischen Angriff und Vertheidigung ab. Was nun noch für das Handgefecht, zu dem der Angrei- fende zuletzt schreiten muß, an Nachtheilen übrig bleibt, muß durch die eigenthümlichen Vortheile desselben und durch Überlegenheit ausgeglichen werden.
82. Das Feuergefecht ist das natürliche Element des Vertheidigers.
83. Wo der glückliche Erfolg (Abzug des Angrei- fenden) schon durch dasselbe bewirkt wird, bedarf es der Handgefechte nicht.
76. Da aber aus der Behauptung der Stellung bei der Vertheidigung von ſelbſt folgt daß der Gegner weichen muß, ſo iſt trotz des negativen Zwecks auch fuͤr den Ver- theidiger der Abzug, alſo das Weichen des Gegners das Siegeszeichen.
77. Urſpruͤnglich iſt wegen des gleichen Zwecks das Handgefecht das Element des Angriffs.
78. Da aber das Handgefecht ein ſo ſchwaches Zer- ſtoͤrungsprinzip in ſich hat, ſo wuͤrde der Angreifende wel- cher ſich deſſelben ganz allein bedienen wollte, in den meiſten Faͤllen kaum als ein Fechtender zu betrachten und in jedem Falle das Spiel ſehr ungleich ſein.
79. Nur bei kleinen Haufen oder bei bloßer Reite- rei kann das Handgefecht den ganzen Angriff ausmachen. Je groͤßer die Maſſen werden, je mehr Artillerie und In- fanterie ins Spiel kommen, um ſo weniger reicht es zu.
80. Es muß alſo auch der Angriff ſo Viel von dem Feuergefecht in ſich aufnehmen als noͤthig iſt.
81. In dieſem, naͤmlich im Feuergefecht ſind beide Theile in Beziehung auf die Gefechtsart als ſich gleich zu betrachten. Je groͤßer alſo das Verhaͤltniß deſſelben zum Handgefecht wird, um ſo mehr nimmt die urſpruͤng- liche Ungleichheit zwiſchen Angriff und Vertheidigung ab. Was nun noch fuͤr das Handgefecht, zu dem der Angrei- fende zuletzt ſchreiten muß, an Nachtheilen uͤbrig bleibt, muß durch die eigenthuͤmlichen Vortheile deſſelben und durch Überlegenheit ausgeglichen werden.
82. Das Feuergefecht iſt das natuͤrliche Element des Vertheidigers.
83. Wo der gluͤckliche Erfolg (Abzug des Angrei- fenden) ſchon durch daſſelbe bewirkt wird, bedarf es der Handgefechte nicht.
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76. Da aber aus der Behauptung der Stellung bei
der Vertheidigung von ſelbſt folgt daß der Gegner weichen
muß, ſo iſt trotz des negativen Zwecks auch fuͤr den Ver-
theidiger der Abzug, alſo das Weichen des Gegners das
Siegeszeichen.
77. Urſpruͤnglich iſt wegen des gleichen Zwecks das
Handgefecht das Element des Angriffs.
78. Da aber das Handgefecht ein ſo ſchwaches Zer-
ſtoͤrungsprinzip in ſich hat, ſo wuͤrde der Angreifende wel-
cher ſich deſſelben ganz allein bedienen wollte, in den meiſten
Faͤllen kaum als ein Fechtender zu betrachten und in jedem
Falle das Spiel ſehr ungleich ſein.
79. Nur bei kleinen Haufen oder bei bloßer Reite-
rei kann das Handgefecht den ganzen Angriff ausmachen.
Je groͤßer die Maſſen werden, je mehr Artillerie und In-
fanterie ins Spiel kommen, um ſo weniger reicht es zu.
80. Es muß alſo auch der Angriff ſo Viel von
dem Feuergefecht in ſich aufnehmen als noͤthig iſt.
81. In dieſem, naͤmlich im Feuergefecht ſind beide
Theile in Beziehung auf die Gefechtsart als ſich gleich
zu betrachten. Je groͤßer alſo das Verhaͤltniß deſſelben
zum Handgefecht wird, um ſo mehr nimmt die urſpruͤng-
liche Ungleichheit zwiſchen Angriff und Vertheidigung ab.
Was nun noch fuͤr das Handgefecht, zu dem der Angrei-
fende zuletzt ſchreiten muß, an Nachtheilen uͤbrig bleibt,
muß durch die eigenthuͤmlichen Vortheile deſſelben und
durch Überlegenheit ausgeglichen werden.
82. Das Feuergefecht iſt das natuͤrliche Element
des Vertheidigers.
83. Wo der gluͤckliche Erfolg (Abzug des Angrei-
fenden) ſchon durch daſſelbe bewirkt wird, bedarf es der
Handgefechte nicht.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/307>, abgerufen am 16.07.2024.
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