229. Wo das Letztere der Fall ist, ist der Plan auf die möglichst größte Vernichtung feindlicher Streitkraft gerichtet.
230. Wo andere von den in Nr. 1. genannten Ge- genständen höher gestellt werden als die Vernichtung der feindlichen Streitkraft, nimmt diese als Mittel eine unter- geordnete Stelle ein. Dann ist nicht mehr die größtmög- lichste sondern nur eine genügende Vernichtung gefordert. Man darf dann die nächsten Wege zum Ziel einschlagen.
231a. Es giebt Fälle wo die in Nr. 4. c d e f g genannten Gegenstände welche den Abzug des Feindes be- stimmen, ganz ohne Vernichtung feindlicher Streitkräfte erreicht werden können; dann hat man den Feind durch ein Manöver überwunden und nicht durch ein Gefecht. Aber dies ist kein Sieg, also nur brauchbar insofern man ganz andere Zwecke als einen Sieg hat.
231b. In diesen Fällen wird zwar die Anwendung der Streitkräfte immer noch den Begriff eines Gefechts, also einer Vernichtung feindlicher Streitkräfte voraussetzen, aber nur als möglich, nicht als wahrscheinlich. Denn indem man seine Absicht auf andere Dinge als die Ver- nichtung feindlicher Streitkräfte richtet, setzt man voraus daß diese andern Dinge wirksam sein und es nicht zu einem namhaften Widerstande kommen lassen werden. Dürfte man diese Voraussetzung nicht machen, so könnte man auch diese andern Gegenstände nicht zu seiner Absicht wählen, und irrte man sich in der Voraussetzung, so wäre der Plan ein verfehlter.
232. Aus der vorigen Nummer folgt daß überall wo eine bedeutende Vernichtung feindlicher Streitkräfte die Bedingung des Sieges wird, sie auch der Hauptge- genstand des Plans sein müsse.
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229. Wo das Letztere der Fall iſt, iſt der Plan auf die moͤglichſt groͤßte Vernichtung feindlicher Streitkraft gerichtet.
230. Wo andere von den in Nr. 1. genannten Ge- genſtaͤnden hoͤher geſtellt werden als die Vernichtung der feindlichen Streitkraft, nimmt dieſe als Mittel eine unter- geordnete Stelle ein. Dann iſt nicht mehr die groͤßtmoͤg- lichſte ſondern nur eine genuͤgende Vernichtung gefordert. Man darf dann die naͤchſten Wege zum Ziel einſchlagen.
231a. Es giebt Faͤlle wo die in Nr. 4. c d e f g genannten Gegenſtaͤnde welche den Abzug des Feindes be- ſtimmen, ganz ohne Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte erreicht werden koͤnnen; dann hat man den Feind durch ein Manoͤver uͤberwunden und nicht durch ein Gefecht. Aber dies iſt kein Sieg, alſo nur brauchbar inſofern man ganz andere Zwecke als einen Sieg hat.
231b. In dieſen Faͤllen wird zwar die Anwendung der Streitkraͤfte immer noch den Begriff eines Gefechts, alſo einer Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte vorausſetzen, aber nur als moͤglich, nicht als wahrſcheinlich. Denn indem man ſeine Abſicht auf andere Dinge als die Ver- nichtung feindlicher Streitkraͤfte richtet, ſetzt man voraus daß dieſe andern Dinge wirkſam ſein und es nicht zu einem namhaften Widerſtande kommen laſſen werden. Duͤrfte man dieſe Vorausſetzung nicht machen, ſo koͤnnte man auch dieſe andern Gegenſtaͤnde nicht zu ſeiner Abſicht waͤhlen, und irrte man ſich in der Vorausſetzung, ſo waͤre der Plan ein verfehlter.
232. Aus der vorigen Nummer folgt daß uͤberall wo eine bedeutende Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte die Bedingung des Sieges wird, ſie auch der Hauptge- genſtand des Plans ſein muͤſſe.
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229. Wo das Letztere der Fall iſt, iſt der Plan auf
die moͤglichſt groͤßte Vernichtung feindlicher Streitkraft
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230. Wo andere von den in Nr. 1. genannten Ge-
genſtaͤnden hoͤher geſtellt werden als die Vernichtung der
feindlichen Streitkraft, nimmt dieſe als Mittel eine unter-
geordnete Stelle ein. Dann iſt nicht mehr die groͤßtmoͤg-
lichſte ſondern nur eine genuͤgende Vernichtung gefordert.
Man darf dann die naͤchſten Wege zum Ziel einſchlagen.
231a. Es giebt Faͤlle wo die in Nr. 4. c d e f g
genannten Gegenſtaͤnde welche den Abzug des Feindes be-
ſtimmen, ganz ohne Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte
erreicht werden koͤnnen; dann hat man den Feind durch
ein Manoͤver uͤberwunden und nicht durch ein Gefecht.
Aber dies iſt kein Sieg, alſo nur brauchbar inſofern man
ganz andere Zwecke als einen Sieg hat.
231b. In dieſen Faͤllen wird zwar die Anwendung
der Streitkraͤfte immer noch den Begriff eines Gefechts,
alſo einer Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte vorausſetzen,
aber nur als moͤglich, nicht als wahrſcheinlich. Denn
indem man ſeine Abſicht auf andere Dinge als die Ver-
nichtung feindlicher Streitkraͤfte richtet, ſetzt man voraus
daß dieſe andern Dinge wirkſam ſein und es nicht zu
einem namhaften Widerſtande kommen laſſen werden.
Duͤrfte man dieſe Vorausſetzung nicht machen, ſo koͤnnte
man auch dieſe andern Gegenſtaͤnde nicht zu ſeiner Abſicht
waͤhlen, und irrte man ſich in der Vorausſetzung, ſo waͤre
der Plan ein verfehlter.
232. Aus der vorigen Nummer folgt daß uͤberall
wo eine bedeutende Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte
die Bedingung des Sieges wird, ſie auch der Hauptge-
genſtand des Plans ſein muͤſſe.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/337>, abgerufen am 24.11.2024.
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