als sein natürliches Gegengewicht, als seine wahre Arzenei hervorruft; theils ist das Umfassen dem Angriff, das Blei- ben auf den inneren Linien aber der Vertheidigung homogen, und es wird also meistens jenes dem Angreifenden, dieses dem Vertheidiger mehr zusagen. Diejenige Form wird die Oberhand behalten, die am besten gehandhabt wird.
i) Die Glieder des andern Gegensatzes lassen sich eben so wenig eins dem andern unterordnen. Dem Stärkeren ist es verstattet sich in mehreren Posten auszudehnen; dadurch wird er sich in vielen Rücksichten ein bequemes strategisches Dasein und Handeln verschaffen und die Kräfte seiner Truppen schonen. Der Schwächere muß sich mehr zusam- menhalten und durch Bewegung den Schaden einzubringen suchen der ihm sonst daraus erwachsen würde. Diese grö- ßere Beweglichkeit setzt einen höheren Grad von Fertigkeit in den Märschen voraus. Der Schwächere muß also seine physischen und moralischen Kräfte mehr anstrengen, -- ein letz- tes Resultat, was uns natürlich überall entgegentreten muß, wenn wir immer konsequent geblieben sind, und wel- ches man daher gewissermaßen als die logische Probe des Räsonnements betrachten kann. Friedrich der Große gegen Daun im Jahre 1759 und 1760, und gegen Laudon 1761, und Montecuculi gegen Türenne 1673 und 75 haben im- mer für die kunstvollsten Ereignisse dieser Art gegolten und aus ihnen haben wir hauptsächlich unsere Ansichten ent- nommen.
k) So wie die vier Glieder der gedachten beiden Gegen- sätze nicht zu falschen Maximen und Regeln gemißbraucht werden sollen, so müssen wir auch warnen, anderen allge- meinen Verhältnissen, z. B. der Basis, dem Terrain u. s. w. eine Wichtigkeit und einen durchgreifenden Einfluß beizu- legen, die sich in der Wirklichkeit nicht finden. Je kleiner
die
als ſein natuͤrliches Gegengewicht, als ſeine wahre Arzenei hervorruft; theils iſt das Umfaſſen dem Angriff, das Blei- ben auf den inneren Linien aber der Vertheidigung homogen, und es wird alſo meiſtens jenes dem Angreifenden, dieſes dem Vertheidiger mehr zuſagen. Diejenige Form wird die Oberhand behalten, die am beſten gehandhabt wird.
i) Die Glieder des andern Gegenſatzes laſſen ſich eben ſo wenig eins dem andern unterordnen. Dem Staͤrkeren iſt es verſtattet ſich in mehreren Poſten auszudehnen; dadurch wird er ſich in vielen Ruͤckſichten ein bequemes ſtrategiſches Daſein und Handeln verſchaffen und die Kraͤfte ſeiner Truppen ſchonen. Der Schwaͤchere muß ſich mehr zuſam- menhalten und durch Bewegung den Schaden einzubringen ſuchen der ihm ſonſt daraus erwachſen wuͤrde. Dieſe groͤ- ßere Beweglichkeit ſetzt einen hoͤheren Grad von Fertigkeit in den Maͤrſchen voraus. Der Schwaͤchere muß alſo ſeine phyſiſchen und moraliſchen Kraͤfte mehr anſtrengen, — ein letz- tes Reſultat, was uns natuͤrlich uͤberall entgegentreten muß, wenn wir immer konſequent geblieben ſind, und wel- ches man daher gewiſſermaßen als die logiſche Probe des Raͤſonnements betrachten kann. Friedrich der Große gegen Daun im Jahre 1759 und 1760, und gegen Laudon 1761, und Montecuculi gegen Tuͤrenne 1673 und 75 haben im- mer fuͤr die kunſtvollſten Ereigniſſe dieſer Art gegolten und aus ihnen haben wir hauptſaͤchlich unſere Anſichten ent- nommen.
k) So wie die vier Glieder der gedachten beiden Gegen- ſaͤtze nicht zu falſchen Maximen und Regeln gemißbraucht werden ſollen, ſo muͤſſen wir auch warnen, anderen allge- meinen Verhaͤltniſſen, z. B. der Baſis, dem Terrain u. ſ. w. eine Wichtigkeit und einen durchgreifenden Einfluß beizu- legen, die ſich in der Wirklichkeit nicht finden. Je kleiner
die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0046"n="32"/>
als ſein natuͤrliches Gegengewicht, als ſeine wahre Arzenei<lb/>
hervorruft; theils iſt das Umfaſſen dem Angriff, das Blei-<lb/>
ben auf den inneren Linien aber der Vertheidigung homogen,<lb/>
und es wird alſo meiſtens jenes dem Angreifenden, dieſes<lb/>
dem Vertheidiger mehr zuſagen. Diejenige Form wird die<lb/>
Oberhand behalten, die am beſten gehandhabt wird.</p><lb/><p><hirendition="#aq">i</hi>) Die Glieder des andern Gegenſatzes laſſen ſich eben<lb/>ſo wenig eins dem andern unterordnen. Dem Staͤrkeren iſt<lb/>
es verſtattet ſich in mehreren Poſten auszudehnen; dadurch<lb/>
wird er ſich in vielen Ruͤckſichten ein bequemes ſtrategiſches<lb/>
Daſein und Handeln verſchaffen und die Kraͤfte ſeiner<lb/>
Truppen ſchonen. Der Schwaͤchere muß ſich mehr zuſam-<lb/>
menhalten und durch Bewegung den Schaden einzubringen<lb/>ſuchen der ihm ſonſt daraus erwachſen wuͤrde. Dieſe groͤ-<lb/>
ßere Beweglichkeit ſetzt einen hoͤheren Grad von Fertigkeit<lb/>
in den Maͤrſchen voraus. Der Schwaͤchere muß alſo ſeine<lb/>
phyſiſchen und moraliſchen Kraͤfte mehr anſtrengen, — ein letz-<lb/>
tes Reſultat, was uns natuͤrlich uͤberall entgegentreten<lb/>
muß, wenn wir immer konſequent geblieben ſind, und wel-<lb/>
ches man daher gewiſſermaßen als die logiſche Probe des<lb/>
Raͤſonnements betrachten kann. Friedrich der Große gegen<lb/>
Daun im Jahre 1759 und 1760, und gegen Laudon 1761,<lb/>
und Montecuculi gegen Tuͤrenne 1673 und 75 haben im-<lb/>
mer fuͤr die kunſtvollſten Ereigniſſe dieſer Art gegolten und<lb/>
aus ihnen haben wir hauptſaͤchlich unſere Anſichten ent-<lb/>
nommen.</p><lb/><p><hirendition="#aq">k</hi>) So wie die vier Glieder der gedachten beiden Gegen-<lb/>ſaͤtze nicht zu falſchen Maximen und Regeln gemißbraucht<lb/>
werden ſollen, ſo muͤſſen wir auch warnen, anderen allge-<lb/>
meinen Verhaͤltniſſen, z. B. der Baſis, dem Terrain u. ſ. w.<lb/>
eine Wichtigkeit und einen durchgreifenden Einfluß beizu-<lb/>
legen, die ſich in der Wirklichkeit nicht finden. Je kleiner<lb/><fwplace="bottom"type="catch">die</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[32/0046]
als ſein natuͤrliches Gegengewicht, als ſeine wahre Arzenei
hervorruft; theils iſt das Umfaſſen dem Angriff, das Blei-
ben auf den inneren Linien aber der Vertheidigung homogen,
und es wird alſo meiſtens jenes dem Angreifenden, dieſes
dem Vertheidiger mehr zuſagen. Diejenige Form wird die
Oberhand behalten, die am beſten gehandhabt wird.
i) Die Glieder des andern Gegenſatzes laſſen ſich eben
ſo wenig eins dem andern unterordnen. Dem Staͤrkeren iſt
es verſtattet ſich in mehreren Poſten auszudehnen; dadurch
wird er ſich in vielen Ruͤckſichten ein bequemes ſtrategiſches
Daſein und Handeln verſchaffen und die Kraͤfte ſeiner
Truppen ſchonen. Der Schwaͤchere muß ſich mehr zuſam-
menhalten und durch Bewegung den Schaden einzubringen
ſuchen der ihm ſonſt daraus erwachſen wuͤrde. Dieſe groͤ-
ßere Beweglichkeit ſetzt einen hoͤheren Grad von Fertigkeit
in den Maͤrſchen voraus. Der Schwaͤchere muß alſo ſeine
phyſiſchen und moraliſchen Kraͤfte mehr anſtrengen, — ein letz-
tes Reſultat, was uns natuͤrlich uͤberall entgegentreten
muß, wenn wir immer konſequent geblieben ſind, und wel-
ches man daher gewiſſermaßen als die logiſche Probe des
Raͤſonnements betrachten kann. Friedrich der Große gegen
Daun im Jahre 1759 und 1760, und gegen Laudon 1761,
und Montecuculi gegen Tuͤrenne 1673 und 75 haben im-
mer fuͤr die kunſtvollſten Ereigniſſe dieſer Art gegolten und
aus ihnen haben wir hauptſaͤchlich unſere Anſichten ent-
nommen.
k) So wie die vier Glieder der gedachten beiden Gegen-
ſaͤtze nicht zu falſchen Maximen und Regeln gemißbraucht
werden ſollen, ſo muͤſſen wir auch warnen, anderen allge-
meinen Verhaͤltniſſen, z. B. der Baſis, dem Terrain u. ſ. w.
eine Wichtigkeit und einen durchgreifenden Einfluß beizu-
legen, die ſich in der Wirklichkeit nicht finden. Je kleiner
die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/46>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.