handeln lassen und verweisen darauf zurück. Aus den da- selbst entwickelten Gründen ist es begreiflich, wie die Fe- stungen immer den vorzüglichsten und erwünschtesten Ge- genstand derjenigen Angriffskriege und Feldzüge ausmachen, die auf ein völliges Niederwerfen des Gegners oder auf die Eroberung eines bedeutenden Theils seines Landes ihre Absicht nicht richten können; und so ist es denn leicht erklärlich wie in den festungsreichen Niederlanden sich Alles immer um die Besetzung der einen oder der anderen Festung drehte, und zwar so, daß meistens dabei die Suc- cessiveroberung der ganzen Provinz nicht einmal als Hauptlineament durchschien, sondern daß jede Fe- stung wie eine diskrete Größe betrachtet wurde, die an sich etwas werth wäre und bei der wohl mehr auf die Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Unternehmens als auf den Werth des Platzes gesehen wurde.
Indessen ist eine Belagerung eines nicht ganz unbe- deutenden Platzes immer ein bedeutendes Unternehmen, weil es große Geldausgaben verursacht und bei Kriegen, wo sich's nicht immer um das Ganze handelt, diese sehr be- rücksichtigt werden müssen[.] Daher gehört eine solche Be- lagerung hier schon zu den bedeutenden Gegenständen eines strategischen Angriffs. Je unbedeutender der Platz ist, oder je weniger es mit der Belagerung ernst ist, je weniger Vorbereitungen dazu getroffen sind, je mehr Alles en passant gemacht werden soll, um so kleiner wird dies strategische Ziel, um so angemessener ganz schwachen Kräften und Ab- sichten, und oft sinkt dann das Ganze zu einer bloßen Spiegelfechterei hinab, um den Feldzug mit Ehren hinzu- bringen, weil man als Angreifender doch irgend Etwas thun will.
d)Ein vortheilhaftes Gefecht, Treffen oder
handeln laſſen und verweiſen darauf zuruͤck. Aus den da- ſelbſt entwickelten Gruͤnden iſt es begreiflich, wie die Fe- ſtungen immer den vorzuͤglichſten und erwuͤnſchteſten Ge- genſtand derjenigen Angriffskriege und Feldzuͤge ausmachen, die auf ein voͤlliges Niederwerfen des Gegners oder auf die Eroberung eines bedeutenden Theils ſeines Landes ihre Abſicht nicht richten koͤnnen; und ſo iſt es denn leicht erklaͤrlich wie in den feſtungsreichen Niederlanden ſich Alles immer um die Beſetzung der einen oder der anderen Feſtung drehte, und zwar ſo, daß meiſtens dabei die Suc- ceſſiveroberung der ganzen Provinz nicht einmal als Hauptlineament durchſchien, ſondern daß jede Fe- ſtung wie eine diskrete Groͤße betrachtet wurde, die an ſich etwas werth waͤre und bei der wohl mehr auf die Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Unternehmens als auf den Werth des Platzes geſehen wurde.
Indeſſen iſt eine Belagerung eines nicht ganz unbe- deutenden Platzes immer ein bedeutendes Unternehmen, weil es große Geldausgaben verurſacht und bei Kriegen, wo ſich’s nicht immer um das Ganze handelt, dieſe ſehr be- ruͤckſichtigt werden muͤſſen[.] Daher gehoͤrt eine ſolche Be- lagerung hier ſchon zu den bedeutenden Gegenſtaͤnden eines ſtrategiſchen Angriffs. Je unbedeutender der Platz iſt, oder je weniger es mit der Belagerung ernſt iſt, je weniger Vorbereitungen dazu getroffen ſind, je mehr Alles en passant gemacht werden ſoll, um ſo kleiner wird dies ſtrategiſche Ziel, um ſo angemeſſener ganz ſchwachen Kraͤften und Ab- ſichten, und oft ſinkt dann das Ganze zu einer bloßen Spiegelfechterei hinab, um den Feldzug mit Ehren hinzu- bringen, weil man als Angreifender doch irgend Etwas thun will.
d)Ein vortheilhaftes Gefecht, Treffen oder
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handeln laſſen und verweiſen darauf zuruͤck. Aus den da-
ſelbſt entwickelten Gruͤnden iſt es begreiflich, wie die Fe-
ſtungen immer den vorzuͤglichſten und erwuͤnſchteſten Ge-
genſtand derjenigen Angriffskriege und Feldzuͤge ausmachen,
die auf ein voͤlliges Niederwerfen des Gegners oder auf
die Eroberung eines bedeutenden Theils ſeines Landes ihre
Abſicht nicht richten koͤnnen; und ſo iſt es denn leicht
erklaͤrlich wie in den feſtungsreichen Niederlanden ſich
Alles immer um die Beſetzung der einen oder der anderen
Feſtung drehte, und zwar ſo, daß meiſtens dabei die Suc-
ceſſiveroberung der ganzen Provinz nicht einmal als
Hauptlineament durchſchien, ſondern daß jede Fe-
ſtung wie eine diskrete Groͤße betrachtet wurde, die an
ſich etwas werth waͤre und bei der wohl mehr auf die
Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Unternehmens als auf
den Werth des Platzes geſehen wurde.
Indeſſen iſt eine Belagerung eines nicht ganz unbe-
deutenden Platzes immer ein bedeutendes Unternehmen, weil
es große Geldausgaben verurſacht und bei Kriegen, wo
ſich’s nicht immer um das Ganze handelt, dieſe ſehr be-
ruͤckſichtigt werden muͤſſen. Daher gehoͤrt eine ſolche Be-
lagerung hier ſchon zu den bedeutenden Gegenſtaͤnden eines
ſtrategiſchen Angriffs. Je unbedeutender der Platz iſt,
oder je weniger es mit der Belagerung ernſt iſt, je weniger
Vorbereitungen dazu getroffen ſind, je mehr Alles en passant
gemacht werden ſoll, um ſo kleiner wird dies ſtrategiſche
Ziel, um ſo angemeſſener ganz ſchwachen Kraͤften und Ab-
ſichten, und oft ſinkt dann das Ganze zu einer bloßen
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bringen, weil man als Angreifender doch irgend Etwas
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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